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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes
Autoren: Hammesfahr Petra
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die Mittagszeit erschien die Ablösung für die beiden Beamten, deren Namen ich mir auch nicht gemerkt habe. Jochen und Thomas Scholl kamen. Es wurde etwas persönlicher. Helga Beske stieß am frühen Nachmittag wieder zu uns, weil sie nach Hanne schauen und dafür sorgen wollte, dass wir alle etwas in den Bauch bekamen.
Thomas Scholl, der über den Stand der Dinge informiert war, gab ein wenig preis. Der bisherigen Spurenauswertung zufolge musste Bronko etliche Tage in Müllers Campingmobilgefährt unterwegs gewesen sein, hatte ihn vermutlich erst Ende vergangener Woche in dem Waldstück bei Osnabrück abgestellt. Es gab auch ausreichend Beweise dafür, dass Ella Godberg in dem Bus transportiert und getötet worden war. «Was die Frau durchgemacht hat», sagte er, «stelle ich mir lieber nicht vor.»
Jochen spekulierte über Marens Verbleib und sprach aus, was ich nicht denken wollte. «Die hat nur nachgeholt, was sie vor neun Jahren nicht geschafft hat. Und diesmal richtig.»
Hanne sprang auf und rannte ins Bad. Sie blieb zehn Minuten, und obwohl wir uns im Wohnzimmer unterhielten, obwohl in der Küche die verkalkte Kaffeemaschine mit beträchtlichem Lärm vor sich hin blubberte, hörte ich Hannes Würgen und Schluchzen. Ich wollte ebenfalls ins Bad. Helga Beske hielt mich zurück und funkelte Jochen wütend an. «Trottel», sagte sie.
Am frühen Donnerstagnachmittag war es vorbei. Es geschah, worauf wir alle warteten, was wir gleichzeitig fürchteten, weil vielleicht nur jemand anrief, um mitzuteilen, man habe Olivers Leiche gefunden. Rudolf hatte versprochen, uns so schnell wie möglich zu benachrichtigen. Aus dem Grund saß Helga Beske neben dem Telefon. Zweimal ließ sie es klingeln. Ihre rechte Hand schwebte zitternd über dem Hörer. Sie schloss die Augen, nahm ab und meldete sich mit einem zögernden: «Neubauer.»
Zu mehr kam sie nicht. Hanne riss ihr den Hörer aus der Hand. Als ich sah, wie sie zusammenzuckte, wurde mir übel.

Oliver – gestützt auf polizeiliche Erkenntnisse
    Sie hatten ihm den Mund verklebt, Hand- und Fußgelenke umwickelt und das Laken um ihn geschlagen. Wie einen Sack hatten sie ihn aus der Wohnung getragen und draußen in einen Kofferraum geworfen. Dann waren sie gefahren, die halbe Nacht. Als der Kofferraum wieder geöffnet wurde, war es immer noch dunkel. Sie brachten ihn in ein Haus und sperrten ihn in ein stickiges Zimmer.
    Das Haus, es war eher eine alte Villa, lag etwas außerhalb von Rendsburg, einer Stadt in SchleswigHolstein, rund hundert Kilometer von Hamburg entfernt. Die Besitzerin war im Frühjahr 2002 verstorben, eine Erbengemeinschaft, bestehend aus Nichten und Neffen, von denen einige in Hamburg lebten, hatte Maren Koska beauftragt, einen Käufer zu finden. Das war ihr nicht gelungen, weil die Erben eine unrealistische Preisvorstellung hatten. Aber seit dem vergangenen Oktober war die Villa an eine fiktive Firma vermietet und tauchte deshalb nicht mehr bei den Objekten auf, die von der Hamburger Polizei überprüft worden waren. Es rechnete auch niemand damit, dass Maren so weit außerhalb als Maklerin tätig gewesen sein könnte.
    Auf Marens Konten gab es keine Spur, die nach Rendsburg geführt hätte. Natürlich hatte die fiktive Firma eine Bankverbindung, es war sogar für die Geschäftsführerin eine Kreditkarte ausgestellt, allerdings nicht auf den Namen Maren Koska. Sie hatte falsche Papiere vermutlich schon seit Monaten, einen Führerschein und einen türkischen Pass auf den Namen Nurten Özdemir, zu Anfang wohl nur, damit niemand über sie an Odenwald herankam. Deshalb hob sie praktisch die kompletten Mieteinnahmen aus den Wohnblocks in Kerpen in bar von ihrem Konto ab und zahlte sie bar auf das Konto der fiktiven Firma ein.
    In der alten Villa waren zwei Räume für Odenwald hergerichtet, Küche und Schlafzimmer. Bis Anfang März hatte er sich dort aufgehalten. Anfang Juni war er zurückgekehrt mit der ersten Hälfte des Lösegelds für Ella Godberg. Er verfügte ebenfalls über falsche Papiere, die Bronko ihm beschafft hatte – in Polen. Von dort stammte auch der Wagen, in dessen Kofferraum Oliver transportiert worden war. Ein unauffälliger, beigefarbener Mazda.
    Das Zimmer, in das sie ihn sperrten, lag unmittelbar neben der Küche. Es war das ehemalige Esszimmer, in dem es eine Durchreiche gab, die mit einer Holzklappe verschlossen war. Zu Anfang war es still. Vermutlich legten Odenwald und Bronko sich nach ihrer Ankunft hin und schliefen etliche
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