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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes
Autoren: Hammesfahr Petra
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versuchte ruhig und besonnen wie immer, Hanne aufzurichten. Man dürfe nicht ernst nehmen, was Odenwald von sich gegeben habe. Sie sei doch auch nicht mit einem Messer verletzt worden. Hanne schaute ihn nicht einmal an, nur zum Fenster hin. Sie machte sich auch nicht die Mühe, wenigstens den Kopf zu schütteln, als Rudolf fragte, ob sie lieber mit einer Frau reden wolle.
    Hanne wollte gar nicht reden. Und ich konnte nicht, bestimmt nicht mit meinen Eltern. Mutter rief ein paar Mal an, aufgeschreckt durch die Lautsprecherdurchsagen. Weil jedes Mal irgendein Kölner Polizist am Telefon war und keine Auskunft gab, kamen sie schließlich beide. Ich hörte sie im Hausflur lamentieren. «Konrad! Wo ist der Kleine? Konrad! Hab ich dir nicht immer gesagt …»
    Rudolf wimmelte sie ab und bemühte sich weiter um Hanne. Unser Telefon wurde präpariert für den Fall, dass Odenwald oder Maren versuchen sollten, die Viertelmillion noch zu bekommen. Sie mussten ja davon ausgehen, dass ich sie hätte. Der Stahlkoffer mit den Blüten lag in Hürth. Wahrscheinlich ginge es nur darum, meinte Rudolf. Sie hätten Oliver wohl nur mitgenommen, um ein weiteres Druckmittel zu haben – oder ein neues.
    Von Ella Godberg war kein Lebenszeichen mehr eingegangen, seit Maren sich abgesetzt hatte. Rudolf verbürgte sich dafür, dass ich beim nächsten Mal ohne Begleitung, Peilsender oder sonst etwas fahren dürfe. Aber er konnte sich für nichts verbürgen, konnte nicht einmal verhindern, dass die Medien eingeschaltet wurden.
    Schmitz war das Schuldbewusstsein in Person, aber knallhart dabei. Er hatte doch gewusst, dass zumindest Maren sich für Olli interessierte. Meterweise Tonband mit ihren Aufforderungen an Sven hatte er sich angehört. «Erzähl doch mal von deinem Freund. Kennst du seinen Papa gut? Hat er seinen Papa sehr lieb? Meinst du, sein Papa wäre sehr traurig, wenn Oliver etwas zustößt?»
    Nun verlangte Schmitz mir das jüngste Foto von Olli ab. Ob Hanne und ich einverstanden waren, fragte er nicht. «Wir müssen an die Öffentlichkeit. Wenn wir noch länger Rücksichten nehmen, verschaffen wir den Tätern nur die Zeit, sich ins Ausland abzusetzen, falls sie das nicht bereits getan haben.»
    Er überlegte sogar, mich ins Fernsehen zu bringen, um doch noch an Marens Gewissen zu appellieren. Um unserer gemeinsamen Kindheit und Jugend willen, gib mir mein Kind zurück.
    «Wenn ich überzeugt wäre, dass sie ihn umbringen will, würde ich das tun», sagte ich. «Aber sie hat ihn nicht, und den beiden Kerlen werde ich diese Genugtuung nicht geben.»
    So wurden ab dem Nachmittag bundesweit nur in sämtlichen Nachrichtensendungen Olivers Foto, eine Aufnahme von Ella Godberg und die Phantombilder von Odenwald, Bronko und Maren gezeigt. Im Rundfunk wurden Berichte und Suchmeldungen lediglich mit Personenbeschreibungen ausgestrahlt – und mit der Bitte um sachdienliche Hinweise an jede Polizeidienststelle.
    Koskas Grundstück wurde noch einmal durchsucht, obwohl niemand erwartete, dass die Täter sich dort aufhielten oder noch einmal nach Kerpen zurückkämen. Aber wenn es um Rache gegangen war, wäre das Grundstück nahe der Boelcke-Kaserne genau der richtige Platz gewesen, um den Beweis dort abzulegen. Dort lag aber nichts.
    Eine Hundertschaft, unterstützt von Freiwilligen, durchkämmte mit Suchhunden die Umgebung. Der Hubschrauber kreiste den ganzen Tag, bis es zu dunkel wurde. Schmitz bemühte sich sogar um militärische Unterstützung. Die Bundeswehr verfügte über Geräte, mit denen aus der Luft auch Leichen in dichtem Unterholz aufzuspüren waren. Niemand sprach aus, was alle dachten, dass nun wahrscheinlich uns ein Begräbnis ins Haus stand.

Die folgenden Tage
    In der Nacht zum Dienstag schlief ich nicht. Ich hätte mich nicht neben Hanne ins Bett legen können. Das hatte nichts mit Odenwald zu tun, ich wollte ihr einfach meine Nähe nicht zumuten. Bis zum frühen Morgen waren auch noch Rudolf und Helga Beske da. Sie saß bei Hanne, er bemühte sich bei mir um Optimismus.
    «Deinem Kleinen passiert bestimmt nichts. Die wollen nur das Geld.» Dass bisher niemand wegen der Viertelmillion angerufen hatte – «Die müssen abwarten, bis es ruhiger wird», meinte Rudolf. «Solange ihre Visagen durch die Medien gehen, können die sich nicht mal an einer Frittenbude blicken lassen. In zwei, drei Tagen gibt es andere Katastrophen. Dann trauen die sich wieder aus ihren Löchern, du wirst sehen.»
    Ob er davon selbst so überzeugt war,
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