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Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken
Autoren: Marc-Uwe Kling
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treffen sich alljährlich die oberen Einhundert der Welt, und niemand weiß, warum die sich treffen, über was die reden, was die da machen. Glauben Sie, die spielen da Skat, Schmidtchen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Finden Sie’s raus, Schmidtchen!«, sagt das Känguru und steht auf. »Finden Sie’s raus.«
    Dabei öffnet es die Tür und schiebt Schmidtchen sanft hinaus. Als er weg ist, kann sich das Känguru nicht mehr beherrschen und wirft sich von Lachkrämpfen geschüttelt auf den Boden. Es hämmert mit der Faust gegen die Wand und trommelt mit allen Gliedmaßen auf dem Parkett herum. »Ein Kompott. Hahaha. Ein Kompott. Ein Kompott!«

Das Känguru liest einen seltsamen Schmöker auf Slowenisch. Plötzlich legt es das Buch zur Seite.
    »Wir genießen nicht mehr!«, ruft es. »Stattdessen streben wir immer nur nach Mehr-Genuss. Wir wollen immer mehr genießen können, als wir augenblicklich genießen könnten, und genießen dabei überhaupt nicht mehr. Das ist unsere Natur. So sagt man. Das ist ganz und gar analog zum ökonomischen Streben nach dem Mehr-Wert, welches den Gebrauchs-Wert ganz und gar irrelevant macht. Das wirft doch aber die Frage auf, ob diese wilde Jagd nach dem Mehr-Genuss wirklich der Natur des Menschen entspringt oder ob sie nicht vielmehr durch die Übernahme ökonomischer, und damit natürlich gesellschaftlicher, tradierter Paradigmen auf die Vorstellungen vom individuellen Glück entfesselt wurde? Und wenn dem so ist, ist es dann nicht an der Zeit, damit zu brechen?«
    Das Känguru steht auf und wird lauter. »Ja, es ist an der Zeit, das grüne Gras zu genießen, anstatt wie dumme Esel der Karotte am Strick hinterherzuhecheln! Es ist an der Zeit, das Aufwand-Nutzen-Denken, dieses ökonomische Kalkül, welches uns bis in unsere privatesten Gedanken beherrscht, zu durchbrechen, um für das einzustehen, was wir für richtig erachten – egal wie hoch der Aufwand und wie klein der Nutzen!«
    »Was?«, frage ich und blicke zum Känguru auf. »’tschuldige. Ich hab gerade meinen Gedanken nachgehangen.«
    Ich ziehe meine Lippe hoch und zeige dem Känguru meine Zähne. »Siehst du das? Ich hab da irgendwie noch so Hähnchen zwischen den Zähnen hängen. Echt fies.«
    Das Känguru schüttelt den Kopf.
    »’tschuldige«, sage ich noch mal und schüttle mich kurz, um meine Unachtsamkeit loszuwerden. »Was hast du gesagt?«, frage ich. »Sag’s noch mal.«
    »Ach, egal«, sagt das Känguru.

»Der Pinguin ist mir heute auf der Straße begegnet«, sagt das Känguru, als ich von der Toilette wiederkomme. »Ich habe ihm zugenickt, aber er hat mich nicht gegrüßt.«
    »Vielleicht hat er dich nur nicht bemerkt«, sage ich und lasse mich wieder auf die Couch fallen. Das Känguru fläzt sich immer noch mit dem Kopf nach unten im Sessel und zieht an seiner Wasserpfeife. Eine wirklich zirkusreife Nummer.
    »Wie auch immer«, sagt es. »Der Kerl ist mir jedenfalls suspekt. Höchst suspekt.«
    Endlich drückt es wieder auf Play. Das Känguru hat tatsächlich einen Scart-Anschluss an den RFT Colorlux rangelötet. Das Bild steht allerdings auf dem Kopf, doch man gewöhnt sich ja an alles. Ich greife nach der Chips-Tüte.
    »Haste das gesehen?«, fragt das Känguru und deutet auf den Fernseher. »Das ist der klassiche Bud-Spencer-Move. Einfach von oben mit der Faust auf den Kopp. Direkt auf die Zwölf.«
    »Der sogenannte ›Spencer’sche Hau-den-Lukas‹«, sage ich.
    »Da steht keiner mehr auf«, sagt das Känguru und macht dabei Schattenboxen. »Auch dein Terence Hill nicht.«
    »Ja, aber Terence Hill würde da blitzschnell ausweichen und sich dann was schnappen, zum Beispiel einen Stuhl …«, sage ich.
    »Einen Stuhl?«, lacht das Känguru und dreht sich blitzschnell im Sessel um. »Wenn du ’nen Stuhl auf Bud Spencers Rücken krachen lässt, das merkt der doch nicht mal.«
    »Na wenn Terence Hill ausholt, dann merkt der des schon«, sage ich. »Da kannste von ausgehen.«
    Wir haben die ersten paar Wochen seit Bestehen unseres Detektivbüros damit verbracht, uns fortzubilden, durch, wie das Känguru es nennt, ›Sichten von klassischem detektivisch relevantem Anschauungsmaterial‹. Wir haben – mit anderen Worten – die ganze Zeit damit verbracht, die alten Bud-Spencer-&-Terence-Hill-Kassetten des Kängurus von vorne nach hinten und wieder nach vorne zu kucken. Plötzlich stoppt das Känguru den Film.
    »Was ist denn jetzt?«, frage ich.
    Das Känguru blickt mich ganz philosophisch an.
    »Ich
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