Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken
Autoren: Marc-Uwe Kling
Vom Netzwerk:
in eine Ecke, legt die Füße auf den Schreibtisch und kippelt gefährlich mit dem Stuhl nach hinten. »Da müssen wir zuerst mal über Geld reden. Fünfhundert Euro Honorar plus Spesen.«
    »Fünf Euro«, sage ich. »Ohne Spesen.«
    »Einverstanden«, sagt das Känguru und schnellt mit dem Stuhl nach vorne. Wir schlagen ein. Dann zieht das Känguru einen Stapel Zeitungen aus seinem Beutel: »Tada!«
    »Dacht ich’s mir doch«, sage ich.
    »Ich gehe nur gegen die gezielte Desinformation der Bevölkerung vor«, sagt das Känguru. »Fall gelöst. Fünf Euro bitte.«
    »Ich nehme an, der Fall mit meiner verschwundenen Sonnenbrille lässt sich ebenso schnell lösen«, sage ich.
    »Tada«, sagt das Känguru und zaubert eine Sonnenbrille aus seinem Beutel. »Fall gelöst. Zehn Euro bitte.«
    Ich nehme mir Zeitung und Sonnenbrille und verlasse das Zimmer.
    »Ich bin auf dem Balkon, falls ein richtiger Fall reinkommt«, sage ich.
    »He, du musst noch bezahlen, Freundchen!«, ruft mir das Känguru hinterher. »Ey! Rück die Kohle raus! Pass bloß auf! Ich weiß, wo du wohnst!«

    Drei
    »Ein Detektivbüro?«, fragt mein Psychiater später am Tag und zieht die Augenbrauen nach oben. »Einen Moment bitte.« Er drückt auf den Knopf seiner Nebensprechanlage. »Lois, kommen Sie bitte herein.«
    Gleich darauf erscheint eine kleine, mopsähnliche Frau in der Tür.
    »Hören Sie sich das an!«, sagt der Psychiater. »Er hat mit seinem Känguru ein Detektivbüro aufgemacht. Es ist gar zu köstlich. Bitte erzählen Sie’s noch mal.«
    »Meinen Sie, ich bürde mir damit zu viel Stress auf?«, frage ich. »Manchmal ist mir ja schon das Schreiben und Auftreten zu viel. Ich weiß ja nicht, wie viel Zeit man in so ein Detektivbüro stecken muss.«
    »I wo«, sagt mein Psychiater. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich arbeite selbst nebenbei für die CIA. Überhaupt kein Problem. Hühü. Die richten sich da nach mir. Hihihi. Wenn ich gerade Zeit und Lust habe, gehe ich einfach vorbei. Höhöhö.«
    Der Psychiater lacht prustend und schlägt mit seiner Faust auf den Tisch.
    Seine Sekretärin steht immer noch völlig ernst in der Tür und verzieht keine Miene. Der Doktor fasst und räuspert sich.
    »Tja.« Ein weiteres Räuspern. »Danke. Das wäre dann alles, Mrs Moneypenny!«, sagt er, und der nächste Lachanfall schüttelt ihn. Augenrollend verlässt seine Sekretärin das Büro. »Eine zuverlässige Kraft«, sagt er. »Leider völlig humorlos.«
    Er blickt mich an, gluckst und prustet dann: »Diese Sitzung wird sich in fünf Sekunden selbst zerstören.« Dabei schlägt er sich auf die Schenkel und verliert völlig die Kontrolle. »Ein Detektivbüro. Ahühühaha.«
    Ich stehe auf und gehe.

Wir sitzen beim Frühstück. Es ist kurz nach neun.
    »Wo warste denn die letzten Tage?«, fragt das Känguru.
    »Ich war auf so ’nem Brecht-Festival eingeladen, weil weißte, ich hab ja dieses eine Gedicht geschrieben …«
    »Nich…«, sagt das Känguru schwach.
    »Ich trag’s mal kurz vor«, sage ich.
    »Am frühen Morgen …«, stöhnt das Känguru.
    Ich deklamiere:

    »Vom Lichteranbringen

    Vor kurzem stand ich auf Brechts Gesammelten Werken
    Um ein Licht an der Decke anzubringen.
    Ich glaube,
    das hätte dem alten Mann gefallen,
    dass seine Verse zu etwas Praktischem nütze waren.«

    »Und wie kam’s an?«
    »Oft machen die Leute dann so ein Hohoho-Lachen«, sage ich. »Und dann frage ich mich, ob sie’s verstanden haben.«
    Das Känguru mixt sich noch einen Malzkakao.
    »Aber weißte, was komisch war?«, frage ich.
    »Das Brecht-Festival wurde von ’ner Bank gesponsert?«, scherzt das Känguru.
    »Ja, des auch. Aber ich wollt eigentlich erzählen, wie ich nämlich gestern Nachmittag zurück ins Hotel gekommen bin, da hatte das Zimmermädchen saubergemacht und mein Rage-against-the-Machine- T-Shirt schön ordentlich zusammengefaltet aufs gemachte Bett gelegt.«
    Das Känguru blickt von seiner Tasse hoch.
    »Und ich hab gespürt, irgendwas ist hier irgendwie schräg. Marc-Uwe, dachte ich, da steckt irgendein tieferer Sinn in diesem Bild. Ich konnte nur nicht genau in Worte fassen, welcher.«
    »Gibst du mir mal den Kaviar?«, fragt das Känguru.
    »Wo steht der?«, frage ich.
    Das Känguru schüttelt spöttisch seinen Kängurukopf.
    »Ach so«, sage ich. »Sehr witzig.«

Poch Poch Poch, klopft es an die Tür unseres Detektivbüros.
    »Immer herein«, sagt das Känguru.
    Poch Poch Poch. »Hier ist die Polizei! Öffnen Sie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher