Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken
Autoren: Marc-Uwe Kling
Vom Netzwerk:
Schlapphut ist ein wenig angesengt«, sage ich.
    »Oh«, sagt das Känguru. »Wo mag das bloß herkommen …«

»Sag mir: Ist es wohl einfacher, einen Wok in einer Spüle oder eine Spüle in einem Wok zu waschen?«, frage ich das Känguru, als erneut ein Schwall Wasser über die Spüle auf meine Socken kippt.
    »Philosophierst du schon wieder?«, fragt das Känguru, welches immer noch am Frühstückstisch sitzt und sich einen kleinen Schluck Milch in seine Tasse voll Malzkakao kippt.
    Dann spitzt es seine Lippen und bläst Luft hindurch.
    »Was machst du da?«, frage ich.
    »Ich versuche zu pfeifen«, sagt das Känguru.
    »Ich hör nix«, sage ich.
    »Ich übe noch«, sagt das Känguru. »Hast du mir übrigens den Malzkakao-Nachfüllpack mitgebracht?«
    »Ja. Hier«, sage ich und drücke dem Känguru ein Päckchen Tütensuppe in die Hand.
    »Das ist kein Malzkakao«, sagt es. »Das ist ’ne Tütensuppe.«
    Verdammt, es hat mich durchschaut.
    »Kuck ma!«, sagt das Känguru plötzlich und deutet auf die Zeitung. »Heute is ’ne Nazidemo. Lass ma hingehen.«
    »’ne Nazidemo. Super!«, sage ich. »Ich hab nur meine Bomberjacke gerade in der Reinigung.«
    »Haha«, sagt das Känguru. »Du weißt schon, was ich meine.«
    »Ich fürchte ja …«, sage ich. »Aber wenn du willst, komme ich gerne mit und lasse mich verprügeln. Ich kann dir leider nicht anbieten, die zu verprügeln, aber vielleicht bringt es ja etwas, wenn ich mich verprügeln lasse.«
    »Der Wille zählt«, sagt das Känguru.
    Wir steigen in die U-Bahn und fahren zum Alexanderplatz. Der Versammlungsort ist aber komplett abgeriegelt. Die Polizei, mein Freund und Helfer.
    »Isshomineizza«, sage ich.
    »Was?«, fragt das Känguru.
    Ich nehme den Bissschutz aus dem Mund und gebe ihn dem Känguru zurück.
    »Ich hol mir ’ne Pizza«, sage ich.
    »Nee! Lass mal zum S-Bahn-Gleis gehen und von oben kucken«, sagt das Känguru.
    »Pizza«, sage ich, und wir trennen uns.
    »Komm schnell!«, ruft das Känguru schon von weitem, als ich gleich darauf mit meinem Mittagessen die Treppen hochstolpere. »Kuck mal da raus!«
    Ich sehe einen großen Haufen Nazis, fast so viele Polizisten …
    »Kuck mal das Zelt«, sagt das Känguru.
    Tatsache. Da steht ein großes schwarzes Zelt.
    »Da führen die die Scheißnazis rein und kucken, ob die Waffen haben«, sage ich.
    »Ja! So geht die Sage!«, sagt das Känguru. »Aber jetzt hör gut zu: Ich habe gerade mit meinen eigenen Augen gesehen, wie vorne ins Zelt drei Faschos reingeführt wurden, und eine Minute später kamen hinten aus dem Zelt drei Polizisten raus. Zufall?«
    »Na ja, also, aber …«
    »Hey! Ich habe nur erzählt, was ich gesehen habe«, sagt das Känguru.»Die Schlussfolgerung hast du selbst gezogen. Und die Faschos haben das Zelt noch nicht wieder verlassen. Kuck! Jetzt bringen sie sogar schon wieder neue rein.«
    »Wahrscheinlich sind die Faschos aus dem Zelt raus, als du mir an der Treppe gewunken hast.«
    »Vielleicht. Aber wir müssen rausfinden, was da unten passiert. Siehst du das Gestrüpp da an der Seite vom Zelt? Dadurch musst du dich ranschleichen, ein kleines Loch ins Zelt schneiden und mir dann berichten.«
    »Und du? Was machst du?«, frage ich.
    »Ich steh Schmiere«, sagt das Känguru. »Und wenn einer kommt, dann pfeife ich.« 18

»Weißt du, was ich hasse?«, frage ich das Känguru.
    »Deinen Computer?«
    »Ja«, sage ich. »Aber weißt du was noch?«
    »Dumme Sprüche?«
    »Ja sicher, aber …«
    »Lobbyisten?«
    »Wer hasst die nicht«, sage ich.
    »Fernsehproduzenten?«
    »Klar.«
    »Fondsmanager?«
    »Ja«, sage ich. »Aber weißt du was noch?«
    »Nee. Was noch?«
    »Parkhäuser«, sage ich.
    »Parkhäuser?«
    »Ja«, sage ich, und es schüttelt mich. »Ich hasse Parkhäuser.«
    »Hm«, sagt das Känguru. »Kuck an.«
    »Als Kind hatte ich mal ein Plastikspielzeugparkhaus«, sage ich.
    »Fandste nich gut?«, fragt das Känguru.
    »Doch«, sage ich. »Fand ich super.«
    Dann schreie ich: »ABER ICH WAR EIN KIND! WAS WUSSTE ICH SCHON VOM LEBEN! ICH FAND ALLES SUPER! Die Frage ist doch viel mehr: WER IST DENN SOKRANK UND SCHENKT EINEM KIND EIN PLASTIKSPIEL-ZEUGPARKHAUS!«
    »Parkhäuser kannste nicht leiden, wa?«, fragt das Känguru.
    »Nee«, sage ich. »Parkhäuser sind so symptomatisch für unsere Epoche.«
    »Wie meinsten das?«, fragt das Känguru.
    »Weiß nich. Is halt so. Von den Emotionen her, verstehste? Wenn hier Außerirdische landen würden und mich frügen: ›Wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher