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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
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Wir nähern uns der Kathedrale.
    »Die Leiter wird in wenigen Minuten runtergelassen«, ruft Kent. »Araby, du weißt, wo die Schlüssel sind. Mina wird dich begleiten. Ihr zwei seid am leichtesten.«
    »Und keine von ihnen hat Höhenangst«, sagt Will bitter. Kent ignoriert ihn.
    Die Kathedrale hat nichts von ihrer Erhabenheit und nur sehr wenig von ihrer dunklen Bedrohung verloren, selbst bei Tageslicht.
    »Sei vorsichtig«, sage ich zu Mina, als wir auf dem Boden aufkommen. »Ich habe in die Decke geschossen, daher könnte die Konstruktion beschädigt sein. Und außerdem gibt es Fledermäuse.«
    »Fledermäuse?« Ihre Hand geht sofort zu ihren Haaren. Die Bewegung erinnert mich zu sehr an April, und ich wende mich einen Moment ab.
    Der Gestank in der Kathedrale ist entsetzlich. Ich habe vergessen, dass während des Kampfes zwischen Malcontent und Prospero mehrere Männer getötet wurden. Mina würgt, als wir an den Leichen vorbei zu der Kapelle gehen, in der ich die Schlüssel versteckt habe.
    Zuerst fürchte ich, dass sie weg sind, aber dann sehe ich etwas golden glitzern. Ich zeige sie Mina.
    »Wie willst du da hochkommen?«, fragt sie. Ich mustere die Wand unter dem Wasserspeier. Das Mauerwerk in diesem Gebäude ist voller Verzierungen; vielleicht kann ich daran hochklettern.
    »Hilf mir mal.«
    Es ist schwer, Stellen zu finden, an denen ich mich sicher festhalten kann, aber ich arbeite mich langsam nach oben, benutze Spalten im uralten Stein.
    Der Schlüsselring hängt über der Schnauze und dem Ohr des Wasserspeiers. Ich nehme ihn und schiebe ihn wie ein Armband über mein Handgelenk. Gerade mache ich mich für den tückischen Abstieg nach unten bereit, als etwas im Mittelschiff der Kathedrale zerbirst.
    Mina flucht unter mir. Das Geräusch von aberhundert Flügeln tost über uns.
    »Lauf raus«, rufe ich ihr zu, aber sie schüttelt den Kopf.
    »Nicht ohne dich.«
    Ich rutsche runter, habe Probleme, mich irgendwo festhalten zu können. Ich komme hart auf dem Boden auf. Der Schlüsselring hängt um mein Handgelenk, und ich packe Minas zitternden Arm, ziehe sie mit in Sicherheit. Die Schlüssel klirren laut. Was immer den Krach verursacht hat, ich will es nicht wissen.
    Draußen verdunkeln Fledermäuse den Himmel, die überall um das Luftschiff herumfliegen. Kent lässt die Strickleiter herunter. Wir werden zwischen ihnen hindurch nach oben klettern müssen.
    Ich wappne mich und fange an.
    Als ich mich an einer Sprosse nach der anderen festhalte, beginnen sämtliche Wunden, die ich mir in der letzten Zeit zugezogen habe, zu pochen. Etwa nach der Hälfte kommt eine Fledermaus direkt auf mich zu, und ich kreische und ziehe den Kopf ein. Ihre Flügel streifen meine Haare, aber ich klettere weiter. Und dann bin ich auf dem Schiff, und Will nimmt mich in die Arme.
    »Bei diesem Wind werden wir in einer Stunde über dem Sumpf sein«, sagt Kent, nachdem wir Mina hochgezogen haben. »Bindet besser alles an, was angebunden werden muss.«
    Wir stehen am Bug des Schiffes und sehen zu, wie das Gelände unter uns in Sumpfland übergeht.
    »Da ist es!«, ruft Elise, als das Herrenhaus in Sicht kommt.
    Am Rand des Sumpfes sehen wir ein paar Dampfkutschen, aber wir wissen nicht, wem sie gehören. »Wir wollen nicht, dass Elliott hier den Helden für die Leute spielt«, sagt Kent. »Aber ich hoffe, es sind seine Männer. Wir sind nicht genug, um gegen Malcontents Armee zu kämpfen.«
    Der Sumpf ist wie das Meer, riesig und wogend. Er lässt das Herrenhaus winzig aussehen. »Wir bringen das Schiff runter und binden es wieder an den Schornsteinen an«, sagt Kent. Genau das tun er und Will, befestigen es am Dach, wie sie es schon einmal getan haben.
    Als wir uns dem Loch im Dach nähern, platscht unten ein Krokodil, aber ich beachte es nicht. Von Malcontents Fanatikern haben wir mehr zu befürchten als von hungrigen Raubtieren.
    »Wartet hier«, sagt Kent zu Mutter und den Kindern. »Bleibt in der Innenkabine.« Er hält zwei Laternen und für jeden von uns ein Gewehr in den Händen. Er reicht mir eine Laterne, ein Gewehr und die Schlüssel.
    Wieder stelle ich fest, dass ich Wills Hand nehme. Kent drückt die erste Tür auf. Der Raum ist von oben bis unten voller Uhren. Ich habe noch nie so viele Uhrwerke gesehen, so viele verschiedene Sorten von Metall. Sie bedecken jedes bisschen Wand.
    Hinter jeder Tür auf der Nordseite des Hauses verbirgt sich eine ähnliche Ansammlung von aufeinander abgestimmten Zahnrädern. Kent öffnet
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