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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
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später, und wir wären vielleicht vorbeigefahren, ohne dass uns irgendjemand gesehen hätte«, sagt er düster. Nach Sonnenuntergang wären wir fast unsichtbar gewesen. Aber jetzt nicht. Kents Hände bewegen sich schnell; er versucht, das Schiff wieder hochzubringen, aber der Sturm drückt uns weiter nach unten. Er flucht leise, und ich mache mich auf einen Aufprall gefasst. Das Schiff torkelt auf das nächste Gebäude zu.
    »Wir müssen Höhe gewinnen«, sagt Elliott.
    Einer der Jungen auf dem Dach ruft laut etwas.
    Achtlos weggeworfene Flaschen liegen auf dem Dach herum, als hätten diese jungen Männer irgendeinen Weinkeller geplündert. Wir sind ihnen nahe genug, um sehen zu können, dass die uns zugewandten Gesichter plötzlich feindselig werden.
    »Wir sind keine Bedrohung für sie«, sage ich, während ich gleichzeitig Elliots Arm fester packe.
    »Ich glaube, das ist ihnen egal«, sagt Kent, als einer der Jungen seine Muskete hebt und auf uns zielt.
    Als sich der Gewehrlauf auf mich richtet, scheint die Realität einen Moment zu schwanken. Vielleicht ist es aber einfach nur die Art und Weise, wie die Welt im kalten, strömenden Regen aussieht. Wie können wir abgeschossen werden, wenn wir gerade erst anfangen?
    »Runter!«, brüllt Kent über die Schulter nach hinten. Er kämpft immer noch mit dem Steuerruder. Ein Schuss ertönt, und Elliott wirft mich aufs Deck, schlingt seine Arme um mich.
    Will kommt aus der Kabine geschossen. »Was war das?«
    Kent dreht heftig am Steuerruder. »Nicht mein Schiff«, murmelt er. »Nicht mein wunderschönes Schiff.«
    Der Himmel ist jetzt fast vollkommen dunkel.
    Blitze zucken, und die Jungen jubeln und rufen und schießen mit den Musketen wild in die Luft.
    April folgt Will aufs Deck, und als das Schiff einen Satz macht, stolpert sie gegen mich. Ich strecke meinen Arm aus, um sie aufzufangen, denn obwohl sie beinahe fällt, ist sie immer noch mit ihren Haaren beschäftigt.
    »Wir geben ein verdammt gutes Ziel ab«, sagt Elliott zu Kent. »Sie sind betrunken. Sie können nicht anders. Wenn wir nicht weiter wegkommen, schießen sie uns ab, ohne dass wir etwas dagegen tun können.«
    »Ich versuche, das Schiff zu drehen«, antwortet Kent darauf, »aber ich habe es nur begrenzt unter Kontrolle. Der Wind treibt uns direkt auf sie zu.«
    Sie lachen, als sie wieder auf uns schießen, und sie werden genauso lachen, wenn unser Schiff abstürzt. Sie werden jubeln, wenn es explodiert. Wer macht sich noch etwas aus dem Leben, wenn man jeden Moment an der Seuche sterben kann? Ich frage mich, ob mein Bruder auch so geworden wäre, wenn er weiterleben hätte dürfen. Gedankenlos und zerstörerisch. Vater hat immer gesagt, dass die Menschheit es nicht verdient hat zu überleben. Er hat es geflüstert, und er hatte dabei Tränen in den Augen, aber ich hätte nie gedacht, dass er es ernst meint. Jetzt weiß ich es besser.
    »April, bring mir eine Muskete«, sagt Elliott.
    »Du wirst Araby loslassen müssen.« Sie steht mühsam auf und geht in die Kabine zurück, um kurz darauf mit zwei Gewehren wieder zurückzukommen, eines in jeder Hand.
    Elliott steht mühsam auf. Er lächelt grimmig, als er April eine Waffe abnimmt und zielt. Die Kälte ist entsetzlich, seit er mich nicht mehr festhält.
    Will nähert sich hinter Elliott der Reling. Sein Mantel ist offen und flattert um ihn herum, während der Wind heult und uns vorwärtsschiebt.
    April tritt neben ihn und hebt ihre eigene Muskete.
    »Schieß sie nicht tot«, sagt Elliott. »Das sind nur dumme betrunkene Jungen.«
    Ich kämpfe mich taumelnd auf die Beine. Ich werde mich nicht verstecken, während meine Freunde sich dieser Bedrohung entgegenstellen.
    Einer der Jungen legt den Kopf schräg und zielt mit seinem Gewehr direkt auf mich. Elliott schiebt mich auf Will zu, der zurückweicht, als hätte er Angst, mich zu berühren.
    Der Schütze verändert seine Position, sein Gewehrlauf folgt mir. »Erschieß ihn doch«, sagt Elliott.
    April und Elliott feuern gleichzeitig, und dann sind wir direkt über dem Gebäude und sehen nicht mehr, was unter uns passiert.
    Ich halte den Atem an. Die Jungen schießen auf uns, aber das Geräusch geht im Sturm beinahe unter. April und Elliott laden nach. Will stellt sich schließlich neben mich; unsere Schultern berühren sich ganz leicht. Die Wunde auf meinem Rücken von der Flucht durch den Tunnel beginnt zu pulsieren.
    »Wir sind gleich außer Schussweite«, ruft Kent.
    Erneut zucken und krachen Blitze,
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