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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
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Reling fest, ignoriere das Brennen in meiner Schulter und beobachte den Sumpf, lausche den Schritten, die sich über das Deck des Luftschiffs nähern. Elliott wird es nicht gefallen, dass ich das Bett verlassen habe.
    »Araby?« Noch bevor ich mich umdrehe, weiß ich, was für ein Gesicht ich sehen werde, wie viel Besorgnis sich darauf abzeichnen wird. »Du blutest schon wieder. Ich möchte dir etwas gegen die Schmerzen geben.«
    Mein Vater hat mir immer einen Schlaftrunk gemixt. Elliott zieht Spritzen vor. Mein Arm ist voller Blutergüsse.
    Die Sonne steht direkt über uns, und ein bisschen Schweiß rinnt meinen Rücken entlang. Das Salz brennt, aber der Schmerz sitzt sehr viel tiefer, ist beinahe unerträglich. Eine Mücke landet auf meiner Schulter, und als ich sie wegschlage, kann ich nicht verhindern, dass ich zusammenzucke.
    »Ich lasse nicht zu, dass dich jemand verletzt«, flüstert Elliott.
    Aber ich bin bereits verletzt worden.
    Als das Dampfschiff explodiert ist und ich dachte, er wäre tot. Als Will mich unter die Stadt mitgenommen und an einen Wahnsinnigen ausgeliefert hat. Als ich das Pamphlet gefunden habe, in dem erklärt wird, dass mein Vater die Seuche erschaffen hat, die unsere Stadt zerstört hat.
    Und ich habe sie überlebt. Ohne die Hilfe von Elliotts silberner Spritze.
    Ich trete zurück und schüttelte den Kopf. Jetzt, da ich so weit genesen bin, um selbst entscheiden zu können, möchte ich seine »Hilfe« bei den Schmerzen nicht mehr.
    »Komm wenigstens rein in die Kabine und ruh dich aus«, sagt er. »Du brauchst deine Kraft noch.«
    Er hat recht; das tue ich. Schon allein hier für kurze Zeit zu stehen hat mich bereits erschöpft, und die Reling ist das Einzige, das mich noch auf den Beinen hält. Aber ich muss kämpfen können, wenn wir zur Stadt zurückkehren. Ich muss meinen Vater suchen. April hat die Seuche, und wenn jemand sie retten kann, dann Vater. Und so lasse ich für den Augenblick zu, dass Elliott meine Hand nimmt und mich in die Kabine führt.
    Ich werfe einen letzten Blick auf den Sumpf. Bewegt sich da draußen irgendetwas? Ich bleibe stehen, suche nach der kleinsten Kräuselung, aber alles ist reglos. Und dann zieht Elliott mich durch die Tür und die Hauptkabine des Luftschiffs hinüber zu der kleinen Schlafkammer, in der der Gefangene festgehalten wurde, bevor Will und Elliott ihn irgendwo im Haus eingesperrt haben.
    Ich trage immer noch mein grünes Partykleid, auch wenn es jetzt um einige Zentimeter kürzer ist als damals, als ich es angezogen habe. April hat alles abgeschnitten, das bei unserer Flucht zerfetzt worden war, sodass es jetzt beinahe unanständig kurz ist. Der ausgefranste Saum verfängt sich am Türrahmen, und Papier raschelt in einer der Taschen, als das Tagebuch darin gegen mein Bein stößt.
    Vaters Tagebuch hat mich den ganzen Weg durch die Stadt begleitet, durch Trümmer und Feuer und Fluten. Ich bin dankbar, dass es mir niemand weggenommen hat. Ganz egal, was für Enthüllungen in dem Buch stehen, ich möchte sie als Erste lesen. Allein, nicht inmitten anderer Menschen. Nicht so, wie ich von Vater und der Seuche erfahren habe. Niemals wieder möchte ich etwas so Erschütterndes in der Öffentlichkeit erfahren müssen. Und heute ist der erste Tag, an dem mein Kopf sich klar genug anfühlt, um es zu lesen.
    »Jemand sollte den Sumpf im Auge behalten«, sage ich, als ich mich hinlege. »Malcontents Männer könnten da draußen sein.« Elliott zieht mir die Decke bis zum Kinn hoch und tätschelt meine gesunde Schulter. Er hört nicht zu, aber ich weiß, dass er der Gefahr gegenüber nicht blind ist, die uns vom Sumpf droht. Er wird dafür sorgen, dass jemand Wache hält.
    Ich lasse meine Augen geschlossen, bis er die Tür hinter sich zugemacht hat, dann hole ich das Tagebuch aus meiner Tasche. Das Pamphlet, in dem mein Vater als Mörder bezeichnet wird, ragt dort heraus, wo ich es hineingesteckt habe.
    Das Papier des Tagebuchs ist vom Wasser wellig geworden, und es öffnet sich wieder an der Stelle, die ich beim ersten Blick hinein bereits gelesen habe. Die Tinte ist immer noch klar: Es ist alles meine Schuld.
    Mein Herz stolpert.
    Aber das steht fast am Ende, und ich muss am Anfang beginnen. Einige Seiten kleben aneinander. Vater ist allerdings vorsichtig, er benutzt nie Tinte, die ausläuft, nicht bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten. Ich blättere weiter.
    Habe den Morgen damit verbracht, Finn zu zeigen, wie man das Mikroskop benutzt. Catherine hat
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