Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
Vom Netzwerk:
bin eingeschlafen, während ich Vaters Tagebuch gelesen habe, und natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass ich beim Aufwachen Elliott im Bett neben mir finden würde.
    Elliott gehört nicht zu denen, die warten. Was, wenn er mich betäubt hat, damit er sich das Tagebuch nehmen konnte? Hätte er es mir zurückgegeben? Ich verändere meine Lage ein wenig, schiebe mein Bein über das Buch, damit es nicht mehr raschelt. Ich werde es ihm zeigen, aber jetzt noch nicht. Nicht, bevor ich alles gelesen habe. Ich öffne den Samtbeutel und nehme meine Maske heraus. Schmutz hängt an den Kanten des hässlichen Sprungs, wie eine Narbe, aber der Filter ist trotzdem noch intakt.
    Elliott streckt sich, während ich die Maske aufsetze.
    »Sie haben uns hier reingebracht, damit wir etwas Privatsphäre haben«, sagt er mit einem selbstgefälligen Grinsen.
    Ich sehe zur Seite, tue so, als würde ich das Ölgemälde mit dem Meer an der gegenüberliegenden Wand betrachten, fest entschlossen, Elliott nicht wissen zu lassen, dass seine Nähe mich nervös macht. Entschlossen, seine Anzüglichkeiten zu ignorieren. An meiner Verärgerung ihm gegenüber festzuhalten.
    »Privatsphäre, während wir uns erholen«, fügt er hinzu, und diesmal ohne spöttischen Unterton. Jetzt schaue ich ihn doch an. Sein Hemd ist geöffnet, und seitlich an seinem Hals glänzt die Haut rosa.
    Ich strecke die Hand aus, halte aber inne, bevor ich die schmerzhaft aussehende Brandwunde berühre. »Aber du warst doch mit Kent damit beschäftigt, das Schiff zu reparieren.« Ich war davon ausgegangen, dass er sich von den Verletzungen erholt hatte, die er sich bei der Explosion des Dampfschiffs zugezogen hatte.
    »Ich habe getan, was ich konnte. Will hilft jetzt Kent. Ich habe April gebeten, den Sumpf zu beobachten, da du dir so viel Sorgen darum gemacht hast. Wir beide, du und ich, müssen unsere alte Kraft wiedererlangen. Wir haben noch einen Kampf vor uns.«
    »Einen Kampf vor uns«, wiederhole ich. Jetzt wirken seine Augen fiebrig, und ich fühle mich wider Willen zu ihnen hingezogen. Bevor ich Elliott kennengelernt habe, hatte ich keine Ahnung vom Kämpfen. Aber jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, diese Kraft zu haben. Und als er mich mit dieser fiebrigen Miene ansieht, die er normalerweise aufsetzt, wenn es um seine Revolution geht, schmilzt etwas in mir.
    Er riecht nach Seife, obwohl wir aus der brennenden Stadt geflohen sind und schon tagelang im Sumpf ausharren. Während der Flucht aus der Stadt habe ich ihn geküsst, als würde unser Leben davon abhängen. Die Stadt unter uns hatte in Flammen gestanden, und ich hatte meine Arme um ihn geschlungen und mich verloren. Bei der Erinnerung erröte ich.
    Aber er hat mich unter Drogen gesetzt, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass ich es nicht wollte. Kann ich ihm vertrauen?
    Er ist skrupellos.
    Aber genau das mag ich an ihm. Vielleicht sollte mein Ziel sein, mehr wie Elliott zu werden. Eine Kämpferin. Eine Revolutionärin. Unsere Väter sind beide Mörder. Vielleicht verdienen wir einander. Vielleicht kann er mir auch nicht vertrauen.
    »Araby?« Elliott hält mir ein Gefäß mit einer Salbe hin, während er gleichzeitig den letzten Knopf seines Hemdes öffnet. »Wenn du schon mal da bist …« Sein Hemd fällt auf den Boden.
    Obwohl das Licht in der Kabine schwach ist, erkenne ich, dass einige seiner Wunden wirklich schlimm sind. Elliotts Rücken ist geradezu übersät mit frischen Verletzungen und Verbrennungen, ebenso wie mit den Narben von alten, verheilten. Da ist eine lange Schramme, wo ihn irgendein Teil des Dampfschiffs getroffen haben muss, als es explodiert ist. Er kann von Glück sagen, dass er noch am Leben ist. Wir alle können das.
    Als ich meine Finger in die Salbe tauche, kribbeln sie sofort. Elliott schnappt nach Luft, als ich ihn berühre, und dann entspannt er sich. Ich lasse meine Fingerspitzen auf seiner Haut liegen. Als er sich zu mir umdreht, ist das spöttische Lächeln verschwunden. Seine Augen sind groß, und ihren Blick könnte man als arglos bezeichnen, wenn ich es nicht besser wüsste. Im Halbdunkel schimmern seine Haare in einem dunklen Goldton.
    Ich werde vollkommen still, konzentriere mich nur auf die Nähe zwischen uns.
    Mein Herz rast.
    Nervös tauche ich meine Finger wieder in die Salbe und reiße meinen Blick von seinem Gesicht los, suche nach Verbrennungen, die noch gelindert werden müssen. Meine Finger finden einen Schnitt, und wir zucken beide ein bisschen zusammen.
    »Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher