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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
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den Kindern was angezogen, das lächerlich aufeinander abgestimmt ist. Sie möchte, dass wir Porträts von ihnen malen lassen. Es ist erstaunlich, wie ähnlich sie sich sind. Ich mache ihr keinen Vorwurf, dass sie diesen Moment gern festhalten möchte. Wir haben bereits erlebt, wie schnell sie wachsen und sich verändern.
    Sie weiß nicht, dass all unsere Ersparnisse aufgebraucht sind. Was sie möchte, ist durchaus vernünftig. Aber meine Forschungen sind teuer.
    Als wir jung waren, hatten wir nie genug Geld. Erst nach der Seuche.
    Bin für ein neues Projekt angeheuert worden; versuche, einen Defekt beim hiesigen Vieh zu lokalisieren. Wir sind in einem Dilemma, was die örtliche Viehzucht betrifft. Ich habe hierfür meine eigenen Forschungen hintangestellt.
    Die nächsten fünf Seiten beschreiben die Irrungen und Wirrungen der Viehzucht. Auf der siebten Seite heißt es:
    Araby hat etwas angezogen, das ganz aus weißer Spitze und Bändern besteht. Catherine wollte sie zu Verwandten mitnehmen. Sie ist ein so hübsches Kind. Finn hat einen Becher Traubensaft darauf verschüttet, und der Ausflug wurde abgesagt. Catherine ist mit Kopfschmerzen ins Bett gegangen. Ein ganzer Forschungstag verschwendet.
    War das alles, was wir jemals waren, was ich jemals war? Eine Ablenkung von Vaters Arbeit? Ich schiebe diesen Gedanken beiseite. Ich suche nicht nach Hinweisen darauf, ob Vater mich geliebt hat. Ich brauche Informationen über die Seuche, die unsere Art zu leben zerstört hat.
    Einige Seiten weiter schreibt mein Vater darüber, dass er mit Prospero zusammengearbeitet hat, bevor er Prinz wurde. Mir fällt fast das Tagebuch aus der Hand. Ich muss nachdenken. Hat Vater jemals erwähnt, dass er Prospero schon vorher gekannt hat? Ich zwinge mich weiterzulesen, um alles zu erfahren, was ich über die Seuche erfahren kann. Sie hatte eigentlich Ratten töten sollen. Nur Ratten. Aber dann hat sie so viel mehr getan.
    Dies ist die Bestätigung meiner schlimmsten Befürchtungen. Wer immer das schreckliche Pamphlet geschrieben hat, hatte recht. Mein Vater hat den Schwärenden Tod erschaffen. Der letzte Funken Hoffnung, dass er unschuldig ist, erlischt.
    Meine beste Freundin stirbt. Mein Bruder ist tot. Seinetwegen.
    Aber da gibt es etwas, an dem ich mich festhalten kann. Wenn er sie erschaffen hat, weiß er vielleicht auch, wie sie zu heilen ist. Die Gerüchte, die Kent gehört hat – dass Vater nach Finns Tod etwas entdeckt haben soll –, könnten wahr sein. Vielleicht ist es für April noch nicht zu spät. Ich lese weiter, bis die Worte vor meinen Augen zu verschwimmen beginnen.
    Als ich aufwache, ist es im Zimmer düster. Elliott liegt neben mir, obwohl es noch ein anderes Bett gibt und das, in dem wir liegen, schmal ist. Er stützt sich auf einem Arm auf und sieht auf mich herab. Seine Augenbrauen wandern nach oben, als ich seinem Blick begegne. Sein Gesichtsausdruck ist sanft, und ich habe den ausgeprägten Verdacht, dass er mir über die Haare gestrichen hat. Zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, wirkt er ruhig.
    »Wie fühlst du dich?«, fragt er.
    Zerknittert. Benommen. Der Schmerz in meiner Schulter ist ein dumpfes Brennen.
    »Wieso bin ich so angeschlagen?« Dieses Zimmer erzeugt in mir das Gefühl, in einer Kiste eingeschlossen zu sein. »Hast du mir etwas gegeben, nachdem ich eingeschlafen bin?«
    Er muss nicht antworten. Seine silberne Spritze liegt auf dem Tisch, gleich neben der Kosmetiktasche, die April aufbewahrt und mir zurückgegeben hat.
    »Du hast im Schlaf geweint. Es war nötig.«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich nichts will.« Ich schiebe mich von ihm weg. Wie konnte er so etwas tun? Als ich mich aufsetze, fallen mir meine Haare über den Mund.
    Ich taste mit einer Hand nach meinen Gesicht, hoffe, kühles Porzellan zu berühren, aber meine Finger finden nur Haut. Meine Maske ist weg. Elliott trägt seine auch nicht, aber nun, das tut er selten.
    Die letzte Warnung meines Vaters lautete, nie die Maske abzunehmen. Und ich weiß, dass er eine solche Warnung nie unnötig ausgesprochen hätte.
    »Elliott, wo ist sie?« Meine Stimme klingt verärgert.
    Er versucht, meine Hand zu nehmen, aber ich ziehe sie weg. »Keine Sorge, hier ist sie.« Er greift unter das Bett und holt einen schwarzen Samtbeutel mit Tunnelzug hervor. Die gleiche Art Beutel haben wir benutzt, um unsere Masken im Debauchery Club aufzubewahren.
    Ich beuge mich vor und nehme ihm den Beutel ab, und dabei raschelt etwas unter der leichten Decke. Ich
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