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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes
Autoren: Bethany Griffin
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und Donner grollt am Himmel, bringt das Deck des Luftschiffs zum Beben.
    Als das Dach hinter uns zurückbleibt, trete ich wieder zu Elliott an die Reling. Obwohl da eine seltsame Erregung ist, weil er sich so beschützend gibt – wenn er oder April einen der Jungen erschossen hat … Ich mache mich auf alles gefasst, aber es scheint niemand verletzt zu sein. Es sieht so aus, als hätten sie das Interesse an uns verloren. Stattdessen haben sie sich im Kreis aufgestellt.
    »Du hast keinen getroffen?«, fragt Elliott April. Er klingt überrascht.
    »Und du auch nicht.« Sie hebt ihr Gewehr, als wäre sie entschlossen, den Sachverhalt zu korrigieren, aber sie schießt nicht.
    »Was tun sie jetzt?«, fragt Kent. Der Wind hat gedreht, bläst ihm jetzt in die Augen. Er wischt die Linsen der Schutzbrille an seinem Hemd ab, aber sobald er sie wieder aufsetzt, beschlagen sie gleich aufs Neue.
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, sagt Elliott. »Araby, geh in die Kabine.«
    Ich höre nicht auf ihn. Wir alle bewegen uns an der Reling entlang, um sie im Blickfeld zu behalten, während sich das Schiff von ihnen wegbewegt.
    Aus der Gruppe der Jungen auf dem Dach fliegen Funken auf, erschreckend hell im Grau des Sturms. Die Jungen weichen zurück, und eine Rakete kommt zum Vorschein. Einen Moment steht sie harmlos da, dann schießt sie in die Höhe, zieht einen Flammenschweif hinter sich her. Sie kommt geradewegs auf uns zu. April zielt, aber bevor sie abdrückt, verliert die Rakete an Schwung und stürzt in einer Spirale nach unten.
    Die Jungen heulen vor Enttäuschung auf, und Elliott lacht, während er sich die Haare aus dem Gesicht streicht. Seine Wangen sind gerötet. »Sie klingen wie Kent, wenn eine seiner Erfindungen nicht funktioniert.« Er lächelt immer noch, als unter uns erneut ein Musketenschuss kracht.
    Der Junge, der ihn abgegeben hat, steht am Rand des Daches.
    »Unmöglich«, sagt April spöttisch. »Wir sind zu weit weg.« Sie wedelt mit dem Schal in seine Richtung, und er winkt halbwegs freundlich zurück.
    »Fast unmöglich«, sagt Kent mit zusammengebissenen Zähnen. Das Steuerruder vor ihm dreht sich unkontrollierbar. »Er hat den Steuermechanismus getroffen.«
    Das Schiff dreht sich.
    »Jetzt sind wir dem Wind vollständig ausgeliefert.« Kents Stimme klingt immer noch ruhig.
    »Ich habe Schüsse gehört.« Henrys schrille Stimme trägt weit. Er kommt aus der Kabine, zielt mit dem Finger, als wäre er ein Gewehr. Elise ist direkt hinter ihm.
    Ich will beide wieder zurückschieben, aber Will kommt mir zuvor. Er nimmt Henry an die Hand, und alle drei verschwinden in der Kabine.
    »Araby, du blutest wieder«, sagt April und tritt zu mir. »Das muss jetzt sofort genäht werden.«
    Sie hat recht. Die Wunde hat sich wieder geöffnet. Ich kann spüren, wie das Blut mein Kleid nässt. Und im Gegensatz zum Regen ist es warm.
    Ich fange an zu schwanken, und ich kann nicht sagen, ob es von den Bewegungen des Luftschiffs kommt oder vom Blutverlust.
    Elliott hebt mich hoch, achtet dabei behutsam darauf, meine verletzte Schulter nicht zu berühren.
    »Werden wir abstürzen?«, fragt er Kent.
    »Das hängt vom Wind ab. Wir schaffen es jedenfalls ganz sicher nicht bis zum Wald.« Wir hatten vorgehabt, dort zu landen, um uns für ein oder zwei Tage zu erholen. Und um zu entscheiden, wie wir am besten in die Stadt zurückkehren und die Dinge wieder ins Lot bringen könnten.
    »Wie weit können wir kommen?« Elliotts klatschnasse blonde Haare kleben ihm am Kopf.
    Kent zuckt mit den Schultern, aber die Stirn über seiner Schutzbrille ist gerunzelt. »Wir fliegen genau auf den Sumpf zu.«

Zwei
    M ein Vater ist ein Mörder. Mein Bruder ist tot, und meine beste Freundin stirbt an der Seuche, die möglicherweise mein Vater erschaffen hat. Ein Refrain, der sich immer wieder in meinem Kopf wiederholt, in fiebrigen Träumen und sogar jetzt. Und doch … mein Vater ist der sanfteste Mensch, den ich kenne. Er hat uns vor der Ansteckung bewahrt. Ich taste nach der Maske aus Porzellan, die mein Gesicht bedeckt – die größte Erfindung meines Vaters.
    Ich zwinkere mehrmals, denn ich will nicht weinen, auch wenn ich allein an Deck des Luftschiffs bin. Das eine Bruchlandung hinter sich hat. Jetzt ist es zwischen den beiden großen Schornsteinen eines stattlichen Herrenhauses angebunden. Das Haus muss vor Jahren verlassen worden sein, als der sich ausbreitende Sumpf es sich einverleibt hat.
    Von meinem Platz an der Reling aus kann ich
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