Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zuchthengst zu verkaufen

Zuchthengst zu verkaufen

Titel: Zuchthengst zu verkaufen
Autoren: Martina Hertig-Binz
Vom Netzwerk:
Prolog
     
    „Wo bin ich?“ Kate versuchte sich aufzusetzen, um sich besser umsehen zu können. Aber etwas hielt sie fest. Sie blickte an sich hinunter und entdeckte, dass sie am Bett angebunden war.
    „Was zum–“
    „Bitte bleiben Sie ruhig liegen. Sie haben mehrere Frakturen, die nur richtig zusammenwachsen können, wenn Sie sich möglichst wenig bewegen.“
    Die Frau sah aus wie eine Krankenschwester und was sie sagte, überzeugte Kate davon, dass sie sich in einem Spital befinden musste. Mit Nachdruck fragte sie nochmals:
    „Wo bin ich?“
    „Sie sind im Hospital for Special Surgery in New York.“
    „Warum?“
    „Sie hatten einen Autounfall.“
    Auf einen Schlag erinnerte sie sich. Sie war mit ihren Eltern und Onkel Sam unterwegs gewesen zu ihrem Ferienziel auf den Hamptons. Grelles Licht schien plötzlich durch die Heckscheibe, dann ein harter Aufprall und ihr Auto flog von der Strasse. Sie konnte sich noch genau an die Schreie erinnern. Ob es bloss ihre eigenen oder auch diejenigen ihrer Verwandten gewesen waren, das wusste sie nicht, aber die nackte Angst, die sie in dem Moment gepackt hatte, jagte ihr auch jetzt wieder kalten Schweiss aus allen Poren.
    „Wo sind meine Eltern und Onkel Sam?“
    „Tut mir leid, darüber weiss ich nichts.“
    „Wie lange bin ich denn schon hier?“
    „Sie waren während gut zwei Wochen im künstlichen Koma, damit Ihre Lunge sich nach der Operation optimal erholen konnte. Für Details fragen Sie am besten Dr. Berger. Die Arztvisite ist in einer halben Stunde.“
    Die Krankenschwester lächelte mitfühlend und gab ihrer Patientin ein paar Tropfen Flüssigkeit auf die ausgetrockneten Lippen.
    „Ihr Anwalt wartet draussen. Er wusste, dass wir Sie heute aufwecken. Möchten Sie ihn sehen?“
    „Ich dachte stets, nur Familienangehörige würden auf der Intensivstation zugelassen?“
    „Ihr Anwalt hat Sie hier einweisen lassen und alle Papiere unterzeichnet. Wenn Sie mehr über Ihre Familie erfahren möchten, wäre es vielleicht nicht schlecht, mit dem Anwalt zu sprechen.“
    Mit mulmigem Gefühl stimmte Kate schliesslich zu. Es schien ein schlechtes Omen, dass ihre Familie sie nicht besuchte. Wahrscheinlich waren auch sie nicht unbeschadet aus dem Autowrack geborgen worden und lagen hier irgendwo in einem anderen Zimmer.
    „Kate O’Leary?“
    Der Anwalt war mittleren Alters, trug seinem Beruf angemessen Anzug und Krawatte und hatte eine angenehme Stimme. Sein erster Eindruck war sehr vertrauenserweckend.
    „Ja – tut mir leid, wenn ich Ihnen die Hand nicht reiche, aber ich scheine mich kaum bewegen zu können.“
    „Erlauben Sie mir, dass ich mich kurz vorstelle: Ich bin Graham und habe Ihren Vater und seinen Onkel erst kürzlich kennengelernt.“
    „Oh, ich habe Onkel Sam auch erst gestern zum ersten Mal gesehen – nein gestern kann es kaum gewesen sein. Jedenfalls habe ich ihn am Tag von unserem Autounfall erstmals gesehen, als wir ihn vom JFK abgeholt haben.“
    „Dann wissen Sie ja bestimmt, dass die beiden Männer zwischen dem Zeitpunkt, als er in New York gelandet ist und dem tragischen Unfall in meiner Kanzlei waren.“
    „Nein. Davon hatte ich keine Kenntnis.“ Angestrengt dachte sie nach. Erst hatten sie in der Nähe des Flughafens zusammen gegessen, dann hatte sie mit Mutter die Sachen im Hotelzimmer geholt, um sich auf die Reise in die Hamptons zu begeben. Diese Reise war geplant, um sich gegenseitig besser kennen zu lernen. Ihr Grossvater hatte sich in jungen Jahren mit seinem Bruder soweit verkracht, dass nicht einmal ihr eigener Vater von einem Onkel gewusst hatte. Doch nach Grossvaters Tod hatte sich Onkel Sam urplötzlich gemeldet und man hatte sich auf diese Ferienwoche geeinigt. Es war also gut möglich, dass die beiden Männer in einer Anwaltskanzlei waren, als sie sich kurz getrennt hatten.
    „Fahren Sie fort.“ forderte sie den Anwalt deshalb auf weiterzuerzählen.
    „Ich hatte den Auftrag, Ihren Vater beim Testament Ihres Onkels als Alleinerben einzusetzen. Ihr Onkel wollte dieses Dokument sofort unterzeichnet wissen, als ob er irgendwie geahnt hätte, dass er nicht mehr lange zu leben hatte.“
    „Onkel Sam ist tot?“ ihre schrille Stimme überschlug sich fast.
    „Tut mir leid.“ Er griff mitfühlend nach ihrer Hand, zog sie jedoch gleich wieder zurück, als sie vor Schmerzen eine Grimasse zog.
    „Entschuldigen Sie bitte.“
    Eine längere Pause trat ein, bis die Luft von unbändiger elektrischer Spannung überladen war und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher