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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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war und auf ihre Antwort wartete.
    »Liebe« - sagte sie und nickte vor sich hin - »da werde ich bis zu meinem Lebensende nicht fertig damit.«
    »Na stell' dir vor, das wäre in sieben Minuten und du hättest noch Lust, mir zu erzählen, was es bedeutet.« Sie mußte wieder lachen, und ich lachte voll Erleichterung mit, weil ihr Lachen für mich der Beweis war, daß alle unrecht hatten, die sagten, ich hätte keinen Humor - Maria mußte so oft lachen, wenn ich etwas sagte, daß ich langsam ahnte, warum es herrlicher ist Danny Kaye zu sein als Cassius Clay.
    »Also gut - wenn ich >Liebe< sage, dann meine ich, daß ich von einem anderen Menschen immer nur zwei Dinge mit absoluter Sicherheit weiß. Das eine ist -daß er eine Geschichte hat, die ich nicht kenne, und das andere ist, daß ich eine Geschichte habe, die er nicht kennt!
    Wenn ich aber in mir ein wortloses Gefühl spüre, das mich auffordert, mit diesem anderen Menschen eine neue Geschichte zu schreiben, die unsere gemeinsame Geschichte wird, dann versuche ich, ihm zu zeigen, daß ich alle Zeit der Welt habe, um seine Gegenwart zu begreifen, die aus seiner Vergangenheit heraus gewachsen ist.
    Ich möchte versuchen, meinen Antrieb, bei ihm zu sein, nicht ruckartig auf ihn stürzen zu lassen, so daß ihn mein Auftauchen aus seiner Bahn wirft, sondern ich möchte versuchen, so zu beschleunigen, daß wir beide das schneller werdende Tempo genießen können und dabei immer wacher werden - und nicht - wie hast du es genannt - Höhenkoller bekommen.
    Ja ... Ich möchte dann lernen, seine Sprache zu verstehen, und möchte versuchen, immer so klar zu sein, daß er genau weiß, was ich meine, wenn ich >Wind< sage, und ich möchte vor allem Respekt haben vor seinen Geheimnissen, die er für sich behalten möchte, und auch vor den Geheimnissen, von denen er nicht einmal weiß, daß er sie hat. Wenn wir dann langsam dieselbe Sprache sprechen und dasselbe Tempo der Gefühle haben, möchte ich versuchen, mit ihm einen Blick in die Welt zu werfen, den ich allein nicht getan hätte.
    Ich möchte mir von seiner Welt berichten lassen, die die Welt eines anderen Geschlechtes ist, die ich nur erahnen - aber nie begreifen werde.
    Ich möchte ihn zärtlich darauf aufmerksam machen, aus welchen Bäumen mein Wald besteht, und möchte die Angst vor dem Fremden in ihm, das immer fremd bleiben wird, verlieren und es respektvoll am Leben lassen und nicht so lange zu beschneiden versuchen, bis es von mir fortgehen muß, um nicht zu sterben. Hm ... Ich möchte versuchen, mich immer daran zu erinnern, daß es ein Geschenk des Glücks ist, jemanden gefunden zu haben, zu dem ich >Liebe< sagen kann, und möchte versuchen, nie zu vergessen, daß ich in sieben Minuten tot sein kann und daß mein letzter Moment ein Moment der Wahrheit gewesen sein sollte. Ein Moment der Wahrheit, der in einer langen Kette steht, die immerzu >jetzt< beginnt.
    Ich möchte versuchen, nie etwas zu verlangen, aber immer bereit zu sein für das, was eine Verbindung darstellt zwischen zwei Menschen, die, wenn sie nicht einander hätten, allein auf dieser Welt unterwegs wären.
    Ich möchte meine Sehnsucht, die in meinen Gefühlen und in meinen Gedanken ist, in meinen Körper fließen lassen und meine Zärtlichkeit immer nur verwenden, um uns gegenseitig glücklich zu machen.
    Ich möchte nie das Spiel der Zurückhaltung spielen, nur weil das in den letzten Jahrtausenden meine Rolle als Frau war, und ich möchte nie den Mann, den ich liebe, in Druck bringen, etwas erobern zu müssen, was er ohnehin so gerne von mir bekommt, wie ich seine Zärtlichkeit bekommen möchte.
    Ich möchte immer die Zeit haben, alle Augenblicke, die zu einem Mißverständnis führen könnten, von ihrer Enge zu befreien, und ihnen so lange meine Geduld und meine Aufmerksamkeit schenken, bis sie zu einer Stufe der Erweiterung geworden sind.
    Ich hoffe, daß das dauernde Üben, ehrlich zu sein, offen zu sein, Respekt zu haben und Respekt zu erhalten, jede launische Ungeduld unmöglich machen wird
    - es gibt nämlich keinen Grund und keine Rechtfertigung dafür, daß zwei Menschen auch nur eine Sekunde lang einen unfreundlichen, ungeduldigen oder gereizten Ton miteinander haben.
    Falls das jemals geschehen sollte, möchte ich so wach sein, zu wissen, daß das nur ein Symptom war für eine Unzufriedenheit, die viel tiefer sitzt und sich nur in einer ruckartigen Bewegung entladen möchte. Ich möchte mir dann alle Zeit der Welt nehmen, dieser
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