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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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nur den einzig wichtigen Satz für die Nation sprechen würde, der da lautet: »Dasein genügt« - und dann würden kostbare Sendeminuten frei herumliegen, und deshalb wird die Erleuchtung von den Programmdirektoren der TV-Anstalten von der Liste der zu sendenden Wichtigkeiten gestrichen.
    So ist das - wieder einmal die Weltformel in der Hand gehabt und an einem Elefanten gescheitert, der sich als Mücke tarnt.
    Mir ist es egal - verkauft doch eure Großmutter und investiert das Geld in Schildkrötenrennen - das einzige, was mich interessiert, ist, mit dieser schönen, lieben, wunderbaren Frau durch Venedig zu schlendern und im Vorbeigehen den Steinlöwen eines auf ihre vorwitzige Schnauze zu hauen.
    Leider ist es wirklich so - wenn es überhaupt Menschen gibt, die offene Ohren haben, um die Engelsbotschaften zu hören, die uns die Erlösung von dem Irrwitz ermöglichen könnten, der uns umklammert
    - dann sind es die Verliebten, die für alles eine Minute länger brauchen und die in der Folge Zeit genug haben, um zu erkennen, daß »Dasein genügt«!
    Schade ist nur, daß diesen Seligen gleichzeitig mit ihrem Glück und ihrer Einsicht in das wirklich Lebenswerte die Lust und der Antrieb abhanden kommen, diese oder irgendeine andere Botschaft zur Rettung der Welt hinauszuposaunen, damit alle sie hören.
    Alle Missionen der Welt entstehen nur aus dem Überdruck der Enge, die das Ergebnis von Lieblosigkeit ist
    - wenn aber die Erlösung der Liebe in diese eingesperrten Herzen fällt, hebt sich der Deckel vom Druckkochtopf, der dadurch im selben Atemzug Namen und Funktion verliert -
    Seltsam ... seltsam ... warum gibt es so viele Vorschläge, das Leben im Glück zu erleben, die, wie mit einer Drehtüre verbunden, ihre bösen Brüder hervortreten lassen, wenn man ihnen nachläuft?
    »Weil man ihnen nicht nachlaufen soll«, sagte mein Freund und rauschte mit seinen schimmernden Flügeln.
    »Soll man nicht«, sagte ich mehr für mich als für ihn, da ich nicht so dumm war, ihn ein zweites Mal etwas zu fragen, was er schon selbst von sich geschenkt hatte. Meine Frage war also eher ein bescheidenes Zustimmen zu seiner Bemerkung, die mich auf eine kaum zu beschreibende Weise erleichterte. Ich wußte genau, was er meinte. Wie oft bin ich mit Stefan in der Küche gesessen und habe Pudding gelöffelt und mit ihm über die Sehnsucht nach dem Glück geredet. »Das Glück ist ein Vogel« - hatte er gesagt - »man darf nicht nach ihm greifen, wenn er sich auf die offene Hand setzt, sonst ist er tot - ja, man darf nicht einmal daran denken, daß man ihn halten möchte, denn unsere Absichten sind wie Flüsse in unserem Herzen und in unserem Körper, und der Vogel spürt alles, was uns bewegt - und schon fliegt er fort, wenn er auch nur ahnt, daß wir daran denken könnten, ihn zu halten -oder gar ihm nachzulaufen.«
    Mein Gott, ja - vom Gedanken her habe ich tausendmal schon gewußt, wie richtig dieses Bild ist, und zehntausendmal habe ich schon »ja« dazu gesagt, und eine Million Mal habe ich es schon geübt, und nie ist es mir gelungen. Es ist mir nie gelungen, weil die Ungeduld mir dazwischengesprungen ist und alle Vögel verscheucht hat, die im Landeanflug auf meine Gelassenheit waren.
    »Ungeduld - oh Ungeduld! Mutter aller zu früh aus dem Rohr gezogenen Soufflés!
    >Warum - warum ist das Wissen nicht auch gleichzeitig der Schlüssel zum >Können<. Warum?
    Warum wandere ich jetzt hier mit Maria und habe zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, nichts machen zu müssen - nichts erobern zu müssen -nichts rechtzeitig erledigen zu müssen - warum habe ich zum ersten Mal bei einer Frau das Gefühl, nicht unter dem Druck zu stehen, sie halten zu müssen, damit sie nicht vom Ufer wegtreibt. Warum genügt es mir einfach, mit ihr dazusein, ohne Druck und ohne Ventil - ach sag es mir doch, warum?«
    »Weil Dasein genügt«, lächelte mir mein großer Freund zu und schloß meinen Gedankenkreis wieder zu seinem Ausgangspunkt.
    »Aha«, sagte ich und gab es auf, ihn mit meinen Fragen zu belästigen, da seine Antworten wie immer von ewiger Gültigkeit waren.
    »Es ist einfach ein großes Glück« - sagte ich abschließend und hielt Maria so leicht und sanft um die Schultern, daß sie gerne bei mir blieb und nicht wegfliegen wollte, obwohl es keine Behinderung gegeben hätte, wenn sie auch nur ein einziges Mal mit ihren Flügeln hätte schlagen wollen.
    Ich sah uns in den Auslagen zu, wie wir zusammengefügt, ohne Notwendigkeit eines
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