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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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Frauen alles zu verzeihen, nur weil man mit ihnen ins Bett gehen möchte, ist Selbstmord.
    Ich kenne keine einzige, die nicht genau wüßte, daß sie mit den Männern alles machen kann, was sie will -nur weil die begonnen haben, sich auf das Spiel einzulassen - und dieses Spiel der Spiele nennt man Liebe. Die Karten sind ungerecht verteilt, und das weiß jeder, der sich an den Tisch setzt, denn auch das gehört zu dieser Partie. Einer hat die Hände voller Asse, der andere hat nur Kreuz-Sieben.
    Mein Gott, was soll's - ich habe aufgehört - ich will nicht mehr - der Jackpot ist geleert - ich geh' nach Haus.
    Nach Haus ...
    Ein schönes Wort - es stimmt nicht mehr, weil alles nicht mehr stimmt, wenn man anfängt, die Augen aufzumachen und der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Besser gesagt - wenn die Wahrheit einem die Augen öffnet, und man nicht mehr anders kann, als hinzusehen und zu erkennen, daß die Erde keine Scheibe ist. Durchschaubar!
    Es ist alles so durchschaubar.
    Man sieht jede Bewegung und jedes Zucken in den Wimpern, jeden Ansatz eines Lächelns im Gesicht eines anderen. Man sieht sogar den Ursprung des Gedankens, der einem Lächeln vorausgeht - die Morgen-röte jeder Empfindung liegt auf einem silbernen Tablett zum Greifen nah. Aber man kommt nicht hin, man kommt nicht hin, denn das, wodurch man den anderen sieht, ist Panzerglas - spiegelfreies Panzerglas, hinter dem man jede Lüge offen verbergen kann - und dieses Panzerglas heißt Nähe.
    Wozu?
    Wozu das Ganze?
    Um nicht allein zu sein?
    In jeder Einsamkeit hat man zumindest einen Partner - sich selbst. Wenn man sich aber über die Reling beugt, um zu dem anderen Schiff eine Hand hinüberzustrecken, stürzt man ab und landet im Meer.
    Es liegt alles am Anfang -
    die erste Millionstelsekunde eines Anfangs zwischen einem Mann und einer Frau trägt schon wie ein Samenkorn die ganze Geschichte einer Begegnung in sich -alles - alles - alles liegt in dieser Filmdose zusammengerollt bereit, und man hat sogar die Möglichkeit der Ahnung - des Wissens - des Sehens ... Irgend etwas in einem selbst kennt den ganzen Film, der da aufgerollt herangereicht wird, und das Herz weiß alles -und trotzdem beginnt man schon in der zweiten Millionstelsekunde die Bilder nacheinander ablaufen zu lassen, obwohl man erkannt hat, wo der Filmriß einprogrammiert ist.
    Man setzt die Scheuklappen auf und startet durch -als Mann, als Held, als Sieger.
    Das wäre ja noch schöner, wenn man das Schicksal nicht geradebiegen könnte -
    wenn man die hundert Meter nicht in vier Sekunden sprinten könnte -die Erde nicht doch flachhämmern könnte.
    Und das alles, weil man die Wahrheit nicht erträgt. Die Wahrheit, die in neunundneunzig von hundert Fällen ganz einfach ist. Ein tarnendes Lächeln, ein singender Gang, ein heißer Nachmittag, ein kluges Gespräch über Beirut, ein warmes Parfüm voller Sehnsucht, ein Schweigen inmitten des Lärms.
    Aber nein -
    so einfach darf es nicht sein -es muß ja - wenn schon - Liebe sein.
»Drum stürz dich rein und sag nicht nein
zum ewig süßen, wilden Wein ...«
    Es ist immer der Anfang.
    Konkret -
    da sitzt, da geht, da steht eine Frau - man sieht sie -die Attraktion - die Filmdose - die erste Millionstelsekunde, alles könnte ganz einfach sein - und schön -und gut.
    Die Möglichkeit zur Hingabe an die Wahrheit schwebt im Raum.
    Peng!
    Ende - Aus - Beziehung - Wahnsinn - Schluß!
    Es ist logisch, daß ein Mann mit einer Frau ins Bett möchte - und sie mit ihm.
    Aber zuerst muß ihre Abwehr kommen, dann sein Drängen, dann ihre Versprechungen, dann seine Schwüre - gleichzeitig merkt er, daß er sicher nicht der einzige ist, der diese Insel umkreist - Haifischrückenflossen allerorten, und alle steuern sie diese kleine blonde, brünette, schwarze oder rote Insel an. Also muß man sein Tempo verdoppeln - also muß man der Beste sein, der Sieger, der Held - der einzige, der landen darf. Immer wieder beugt man sich über die eigene Reling und streckt die Hand aus, um die Handlung des Filmes zu verändern, in Richtung ewiges Glück - denn das wollen sie ja alle hören - alle - alle -alle.
    Wer hat gesagt: »Die Frauen, die man nicht mit Geld kauft, die kauft man mit Liebe«?!
    Ich hab es vergessen - nur daß es stimmt, kann man nicht vergessen, wenn man nicht als Einsiedler sterben will - als Eremit - als Krebs - als Stein.
    Ja - und dann erobert man eben - mit so viel Druck und Kraft, daß man das Burgtor und die Burgmauer in einem niederreißt und,
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