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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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Unzufriedenheit nachzugehen und sie sprechen zu lassen, damit sie nicht eines Tages schreien muß, um gehört zu werden. Ich möchte erleben, wie durch diese Art zu leben die Perversion des Kampfes der Geschlechter zu der Wahrheit der natürlichen Spannung zwischen einer Frau und einem Mann wird, aus der die Bewegung entsteht, die das Lebensrad weiterdreht.
    Ich möchte in mich hineinhören und wissen, ob ich in meinem Leben Kinder haben möchte, die ich zur Welt bringen will, ohne daß das ein Annageln des Mannes sein soll, von dem ich sie bekomme - es ist mein Leben und meine Verantwortung, die nur ich letzten Endes tragen kann. Und einen Mann zu verpflichten, bei mir zu sein, auch wenn die Liebe eines Tages zu Ende gegangen sein sollte, ist mir unvorstellbar.
    Das heißt, ich möchte mir jeden Tag die Frage stellen: >Liebst du noch, oder bist du nur in der Tradition?< Und wenn die Antwort heißt, die Liebe ist zu Ende, so wie jede Blüte einmal sterben muß, dann möchte ich gehen können, ohne in den Formen zu ersticken. Ich möchte aber nicht so dumm sein, irgendeine Grenze aufzubauen - weil ich glaube, daß diese Blüte auch ein ganzes Menschenleben dauern kann - genauso wie sie eine Minute lang am Leben ist, wenn zwei Blicke sich wirklich treffen ...
    Ich möchte dem Mann, den ich liebe, sagen, daß ich immer versuchen werde, all das lebendig zu halten, und ich möchte nie aus Angst, keine Antwort zu erhalten, mit meiner Offenheit sparsam umgehen. Ich möchte kommen und gehen, wie es meine, seine und unsere gemeinsame Geschichte am glücklichsten macht, und ich möchte nie behaupten, irgend etwas ein für allemal zu wissen und zu können.
    Ich möchte immer wissen, daß jede Begegnung auf dieser Erde nur die äußere Geschichte von Seelen ist, die auf eine ganz unbeschreibliche Weise ihre Bahnen seit ewigen Zeiten ziehen, und ich möchte nie versuchen, dieses Geheimnis in den Griff zu bekommen, sondern das zu erleben, was ich erleben soll, um daran etwas zu lernen und friedlicher und glücklicher zu werden.
    Ja! Ich denke, das ist so ungefähr das, was ich meine, wenn ich >Liebe< sage, und ich weiß, daß du dasselbe denkst wie ich.«
    »Ja - das tue ich.«
    »Gut! Dann können wir ja ab jetzt die gleiche Abkürzung verwenden.«
    »Ja - das können wir.«
    Sie lachte mich an und wendete ihren Blick nicht mehr auf das Wasser, sondern sah in meine Augen, in meine Gedanken, meine Gefühle und sah in mein Herz.
    Wir zahlten, standen auf und gingen nach Hause in unser Hotel.
    Auf dem Weg, der uns am Wasser entlangführte, gingen wir über all die Brücken, die vor uns lagen, und umarmten uns dabei, wie wir es in den letzten tausend Jahren noch nicht erlebt hatten.
    Es war spät geworden, und wir waren fast allein.
    Wir gingen langsam und schwiegen in die Sterne, die über uns leuchteten. Die Lampen, die an unserem Weg brannten, warfen ein warmes, rosa-violettes Licht auf die Treppen, die zum Wasser hinunterführten, und die Boote warteten auf den nächsten Tag.
    Ein weicher, warmer, stiller Wind begleitete uns bis zu unserer Haustüre und ließ uns auch dann nicht allein. Wir löschten das Licht und lagen ganz still in der Nacht.
    Nach einer Zeit, die voller Ruhe war, umarmten wir uns und legten uns ganz nahe aneinander.
    Ich sah in dem Dunkel des Zimmers meine Augen in ihren Augen und ihren Mund ganz nah an meinem Mund. Wir hielten uns umarmt, und unser Atem wurde langsam zu einem Atem und unser Pochen in der Brust zu unserem einzigen Herzen. Wir küßten uns langsam und ewig, und ohne aufzuhören, wurden wir zu einer einzigen Bewegung und zu einem einzigen Ton. Ihre Haut wurde meine Haut - und meine Wärme wurde ihre Geborgenheit, und ihre Stimme wurde meine Heimat, und dann war die Zeit nur mehr ein Staunen und die Dunkelheit wie ein Stern ...
     
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