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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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die Einbahn, weil sie alle spüren, daß irgendwo da drüben der Ausweg sein muß - nur sieht man ihn nicht.«
    »Warum nicht -?«
    »Weil das verboten ist - weil das verboten ist, Maria -weil es verboten ist, sich frei zu bewegen - weil das nur Mißverständnis heraufbeschwört, daß man allein sein will und den anderen verlassen. Aber kein Mensch will allein sein und einsam! Er will nur manchmal schweigend und ohne Gesprächspartner an sich selbst denken, ohne in jeder Sekunde die falsche Sicherheit zu bedienen, von der alle hoffen, daß der Tod sie irgendwann einmal scheidet - so sieht's aus. Aber das ist verboten, weil, wenn man diese Schleuse öffnet, kommt alles ins Rutschen, und wer zahlt dann unsere Renten - hm - wer?«
    »Tja.«
    »Na siehst du - aber ich mache da nicht mehr mit, ich mache nicht mehr mit - ich nehme mir ein Beispiel an anderen, die mit dem Wunder, daß die Menschen verschieden sind, anders umgehen als wir -«
    »Wer zum Beispiel?«
    »Die Sioux - die Neger - die Eskimos - oder die Marsianer. Alle Leute, die wir an den Rand gedrängt haben, weil sie mit dem Leben heiliger umgehen als wir - aber ich will nicht mehr mitspielen - ich will nicht mehr mitspielen. Ich lebe ein einziges Mal, und ich habe keine Lust, noch einen einzigen Krieg zu führen, weder gegen die Russen noch gegen die Amerikaner noch gegen die Wälder oder das Wasser oder die Tiere oder eine Frau oder mich selbst. Ich versuche, zu sein, wie ich bin, und ich versuche, herzuzeigen, was ich erlebe, und wer mit mir schwimmen möchte, ist geliebt, aber ich werde nie mehr gegen meine Natur kämpfen, die das Ausatmen genauso braucht wie das Einatmen - und eins glaube ich wirklich - wenn ich liebe, liebe ich wirklich, und meine Küsse sind Küsse und nicht nur Pflichterfüllungsrituale im Jahre siebzehn nach dem Einzug in das neue Eigenheim.
    Und darum sage ich: >Männerhaus und Frauenhaus<
    - und dazwischen eine Brücke voller Liebe und Sehnsucht und Zärtlichkeit, die nur dann von beiden beschritten wird, wenn es gilt, ein Fest zu feiern -und wenn ich keine Frau finden sollte, die mich versteht und die erkennt, was für eine Chance zur wirklichen Liebe und zum wirklichen Glück und zur wirklichen Freiheit ihrer Seele darin verborgen liegt, wenn man auf diese Weise in beschützender Zärtlichkeit lebt - dann lebe ich lieber ohne Frau auf diesem Planeten, als noch einmal Spiele zu spielen, die mir vorgaukeln, daß ich nicht allein sei, und die mich einsamer zurücklassen als einen Salzmandel-
    Verkäufer in der Wüste Kalahari - hugh, ich habe gesprochen!«
    »Mhm«, sagte Maria nach einer langen, langen Pause, in der sie mir beim Trinken zugesehen hatte und mit ihrem Mittelfinger ununterbrochen auf ihrem Glasrand entlanggekreist war, bis plötzlich ein zarter Ton entstand, der den Augenblick verzauberte.
    »Was heißt >hmMhm< heißt - ich denke mir, daß du in diesen letzten Jahren wirklich nicht viele Begleiterinnen gefunden haben wirst.«
    »Du sagst es -«
    »Und dann denke ich darüber nach, wie eigenartig das ist, daß zwei Menschen, die einander nicht kennen, an verschiedenen Punkten dieser Erde zu ähnlichen Gedanken kommen, die letztlich fast die gleichen Worte nach sich ziehen. Irgendeine alles verbindende Kraft scheint da am Werk zu sein und gleichzeitig dieselben Patente anzumelden.«
    Sie blickte vor sich hin und löffelte langsam in ihrem Tiramisu, und ich wollte sie in ihren Gedanken nicht stören und blickte hinaus auf das dunkle Wasser.
    Man wird es nicht glauben - aber es fuhr tatsächlich in diesem Augenblick eine Gondel vorbei, und die gebogene Linie ihres erhobenen Hauptes warf einen Schatten auf die weiße Wand eines der Häuser gegenüber, der aussah wie der Zauberdrache im Erdbeerland. »Schau mal - der Zauberdrache aus dem Erdbeerland«
    - sagte ich zu ihr und zeigte auf die Erscheinung, die sich schaukelnd von uns entfernte.
    »Wer ist der Zauberdrache im Erdbeerland -?!«
    »Du weißt nicht, wer der Zauberdrache im Erdbeerland ist-?!«
    »Oh Gott - ich glaube, ich habe es vergessen -«
    »Der Zauberdrache im Erdbeerland sitzt mitten im Zaubererdbeerland, mitten im großen Zaubererdbeer-feld, und wacht darüber, daß niemand vorbeikommt und Zaubererdbeeren stiehlt.«
    »Und was für einen Zauber können diese Zaubererdbeeren?«
    »Diese Zaubererdbeeren schmecken nach Erdbeeren mit Honig, Zimt und Rahm, und wer
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