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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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kenne dich erst seit einer Woche, und seit einigen Stunden fange ich erst langsam an, deine Sprache zu lernen - bitte, bitte. Ich kann noch nicht ganz Gedankenlesen. Du mußt mir schon noch die Wege erklären, die in deinem Hirn Slalom fahren, um dann am Ziel so einen Satz herauszulassen.«
    »Entschuldige.«
    »Nein - du mußt dich nicht entschuldigen - ich will nur sagen -«
    »Ja - ich weiß - ich weiß. Ich bin es nur einfach schon so sehr gewöhnt, nur mit mir zu reden oder mit Stefan, der schon zu ahnen beginnt, was ich denke, bevor ich es sage, und ich - entschuldige -«
    »Wir haben doch Zeit -«
    »Ja, danke.«
    »Komm - trink einen Schluck von diesem Weißwein -«
    »Soll ich wirklich?«
    »Ja, du sollst.«
    »Aber dann lache ich laut und küsse dich vor allen Leuten -«
    »Versprochen?«
    Sie schob ein halbvolles Glas vor mich hin, und dann stießen wir an und sagten »Salute« - ganz genauso wie es Cary Grant und Grace Kelly gemacht hätten, wenn sie an diesem herrlichen Abend hier mit uns gesessen und diesen Wein zur Verfügung gehabt hätten, der wirklich ganz phantastisch war - frisch und kühl und leicht und trocken, mit einem zarten Nachklang, der ein bißchen nach Walnuß schmeckte.
    Ich trinke nie Wein, muß ich sagen, aber an diesem Abend war ich kurz davor, auch dieses »Nie« einmal im Strom der Veränderungen zu prüfen und nachzuschauen, ob es wirklich ein »Nie« sein mußte.
    »Also - was ist mit: >Frauenhaus - Männerhaus< -hm?!«
    »Ach, weißt du - es ist alles so kompliziert.«
    »Also wirklich - so stark ist der Wein auch wieder nicht.«
    »Wozu denn reden. Ich will dich einfach küssen -«
    »Gleich - erst noch ein kleiner Schluck und dann brav sein und Maria alles sagen.«
    »Ich war immer viel zu brav!!!«
    »Pscht -«
    » Siehst du - ich habe dich gewarnt - dieses Getränk ist
    - ach - also schau, die Welt - ja, die Welt steht am Abgrund -«
    »Am Abgrund?«
    »Am Abgrund - ja, und jetzt frage ich dich, warum steht sie am Abgrund?«
    »Ich weiß nicht -«
    »Maria - warum steht die Welt am Abgrund -Maria?!!«
    »Weil sie sich verirrt hat -«
    »Richtig - weil sie sich verirrt hat. Und weißt du, woran das liegt?!«
    »Woran?!«
    »Am falschen Weg!«
    »Am falschen Weg?!«
    »Am falschen Weg - gib mir bitte ein Mineralwasser.« Ich trank einen halben Liter Wasser und konnte daraufhin Gott sei Dank wieder etwas flüssiger sprechen -
    »Letzten Endes ist der größte Wahnsinn nur die logische Fortsetzung des kleinsten Wahnsinns - richtig?!«
    »Richtig.«
    »Und wo beginnt der kleinste Wahnsinn - wo beginnt er? Er beginnt in der kleinsten aller Beziehungen – in der Beziehung zwischen den Männern und den Frauen - und da mache ich nicht mehr mit -«
    »Darum also: >Frauenhaus - Männerhaus    »Jawohl - Maria - Maria, schau mich an.«
    »Ich schau dich ja an -«
    »Ach so - na gut. Maria - es ist doch unzumutbar für eine Frau, ununterbrochen mit einem Mann zusammenzuleben, der fünf Kilogramm Sand auf den Küchentisch schüttet und Donald-Duck-Hefte sammelt -«
    »Vielleicht ja -«
    »Was ist also die logische Lösung, wenn die beiden sich aber trotzdem lieben und nicht wollen, daß der Sand in ihr gesamtes Getriebe kommt?«
    »Sie hat ihren eigenen Küchentisch.«
    »Zehntausend Punkte!«
    »Mhm.«
    »Gut - nicht?!«
    »Sehr gut -«
    »Und weißt du, was sie machen, wenn sie Sehnsucht haben und ihrer Liebe Ausdruck verleihen wollen -?«
    »Was?«
    »Sie telefonieren - sie telefonieren und treffen sich entweder bei ihr oder bei ihm und feiern das Fest des Glücks, daß es sie gibt und daß sie sich gefunden haben auf dieser einsamen Welt, um ihr Alleinsein zu besiegen. Und sie feiern, daß sie so weise sind, sich nicht zu zweit auf einen kleinen Stuhl zu setzen, mit dem ihre ganze Liebe zusammenkracht - peng!!«
    »Peng!«
    »Ja - >peng< - Maria ich bin wieder ganz nüchtern.«
    »Schade.«
    »Schenk mir ein, bitte -«
    Ich sah zu, wie der hellgoldene Traubensaft in mein Glas floß, und winkte diesem überflüssigen Staubkorn des Wortes »nie« ein beschwingtes Lebewohl zu. »Maria - und ich sage dir, die Welt steht am Abgrund, weil diese Enge für die Menschenherzen unerträglich ist und weil keiner den Mut aufbringt, zu sagen, daß er sich ein anderes Leben wünscht, das ihn von der stumpfen Tradition befreit, und deswegen brechen sie alle in die falsche Richtung auf und führen Kriege und werfen Giftgas und zerhacken die Wälder und fahren mit überhöhter Geschwindigkeit gegen
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