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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller
Autoren: Dan Simmons
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KAPITEL 1
    Am Tag, als man ihm in den Kopf schoss, lief alles erstaunlich gut für Joe Kurtz. Tatsächlich war schon seit Wochen alles erstaunlich gut gelaufen. Im Nachhinein schalt er sich, er hätte wissen müssen, dass das Universum früher oder später das Gleichgewicht des Leidens auf seine Kosten wiederherstellen würde.
    Erst recht auf Kosten der Frau, die neben ihm stand, als die Schüsse fielen.
    Er hatte um 14 Uhr einen Termin bei seiner Bewährungshelferin und traf pünktlich im Civic Center ein. Weil es zu dieser Tageszeit nahezu unmöglich war, in der Nähe des Gerichtsgebäudes einen Parkplatz an der Straße zu finden, benutzte Kurtz die Tiefgarage unter dem Komplex, der Verwaltungsgebäude, Justizpalast und Familiengericht vereint. Was er an seiner Bewährungshelferin am meisten schätzte, war ihre Macht, Parkgebühren auf Staatskosten zu erstatten.
    Doch das war nicht ihre einzige positive Seite, wie Kurtz ehrlicherweise eingestehen musste. Officer Margaret ›Peg‹ O’Toole, ehemals beim Drogen- und Sittendezernat des Buffalo Police Department tätig, hatte ihn immer anständig behandelt, kannte und mochte seine Sekretärin – Arlene Demarco – und half Kurtz aus der Patsche, als ein übereifriger Kriminalbeamter versuchte, ihn mit einer untergeschobenen Waffe zurück in den Knast zu bringen.
    Joe Kurtz hatte sich in den elfeinhalb Jahren, die er wegen Totschlags in Attica saß, mehr als nur ein paar Feinde gemacht, und die Chancen standen schlecht, dass er einen weiteren Gefängnisaufenthalt überlebte, nicht einmal im Bezirksknast. Neben der Erstattung seiner Parkscheine hatte Peg O’Toole ihm also wahrscheinlich auch das Leben gerettet.
    Sie wartete bereits auf ihn, als er anklopfte und ihr Büro im ersten Stock betrat. Dabei fiel ihm auf, dass O’Toole ihn grundsätzlich nie warten ließ. Und während die meisten Bewährungshelfer mit einem Platz im Großraumbüro vorliebnehmen mussten, hatte O’Toole sich ein eigenes Zimmer mit Blick auf das Erie County Holding Center an der Church Street erarbeitet. Wahrscheinlich konnte sie an wolkenlosen Tagen dabei zusehen, wie die Obdachlosen in die Ausnüchterungszellen geschleppt wurden.
    »Mr. Kurtz.« Sie winkte in die Richtung seines üblichen Platzes.
    »Agent O’Toole.« Er setzte sich.
    »Wir stehen kurz vor einem bedeutenden Termin, Mr. Kurtz«, kündigte O’Toole feierlich an und warf erst einen Blick auf ihn und dann auf seine Akte.
    Kurtz nickte. In wenigen Wochen war es exakt ein Jahr her, seit man ihn aus Attica entlassen und er zum ersten Mal bei seiner Bewährungshelferin vorgesprochen hatte. Da es bisher nicht zu ernsthaften Problemen gekommen war – zumindest keinen, von denen sie oder die Cops wussten –, würde er bald nur noch monatlich statt wöchentlich zu einem kleinen Plausch bei ihr vorbeischauen. Heute stellte sie ihre üblichen Fragen und Kurtz gab seine üblichen Antworten.
    Peg O’Toole war eine attraktive Frau Ende 30 – leicht übergewichtig nach heutigem Magersuchtstandard, in Kurtz’ Augen dadurch aber umso anziehender. Sie trug ihre kastanienbraunen Haare lang und offen, hatte durchdringende grüne Augen, eine Vorliebe für teure, aber konservative Kleidung und trug eine Sig Pro 9-Millimeter-Halbautomatik in ihrer Handtasche mit sich herum. Kurtz kannte das Fabrikat, weil er die Waffe schon einmal gesehen hatte.
    Er mochte O’Toole – und das nicht nur, weil sie ihm vor knapp einem Jahr aus der Patsche geholfen hatte, sondern auch, weil sie so hilfsbereit und entgegenkommend war, wie es ein Bewährungshelfer gegenüber seinem Klienten nur sein konnte. Er hatte noch nie einen erotischen Gedanken an sie verschwendet, doch das war nicht ihre Schuld – die Vorstellung einer nackten Expolizistin entfaltete bei Kurtz eine ähnliche Wirkung wie eine Literdosis Anti-Viagra.
    »Betreiben Sie immer noch mit Mrs. Demarco zusammen diese Website? Sweetheart Search?«, erkundigte sich O’Toole. Als verurteilter Verbrecher bekam Kurtz vom Bundesstaat New York keine Lizenz mehr für seinen früheren Job als Privatdetektiv, aber er konnte sich mit dem Suchdienst für ehemalige High-School-Liebschaften halbwegs über Wasser halten. Zuerst erledigte Arlene die Vorrecherche übers Internet, dann leistete er ein bisschen elementare Ermittlungsarbeit auf der Straße.
    »Heute Morgen habe ich den ehemaligen Mannschaftskapitän eines High-School-Footballteams im Norden von Tonawanda aufgespürt«, berichtete Kurtz, »um ihm
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