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Verhext in Texas: Roman (German Edition)

Verhext in Texas: Roman (German Edition)

Titel: Verhext in Texas: Roman (German Edition)
Autoren: Shanna Swendson
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    Schon seit Monaten hatte mich niemand mehr retten müssen – weder vor Drachen, hässlichen Monstern aus der Hölle oder bösen Zauberern noch aus einem schrecklich desaströsen Blind Date. Dass ich aus New York City weggezogen war, hatte also auch Vorteile. Egal, was ich sonst über meine Heimatstadt Cobb in Texas (2500 Einwohner) sagen mochte, ich war dort definitiv weniger Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt als in meiner letzten Zeit in Manhattan.
    Allerdings trage ich zurzeit sehr viel mehr als früher zur Rettung anderer bei.
    »Katie!«, rief jemand schrill draußen vor meinem Büro. Ich atmete tief durch und zählte bis zehn, während ich mich auf das Unvermeidliche gefasst machte. Wie erwartet erschien ein schlecht blondierter Kopf im Türrahmen. Er gehörte meiner Schwägerin Sherri, auch bekannt als größte Zimtzicke des Universums. (Dass ausgerechnet Beth, meine andere Schwägerin, die ansonsten ständig die gesamte Menschheit umarmen möchte, sie so getauft hat, spricht Bände über Sherri.)
    Glücklicherweise war ich in meiner New Yorker Zeit mit Schlimmerem als Sherri fertig geworden. Wenn man nicht nur Harpyien, sondern auch Leute wie meine Ex-Chefin Mimi erfolgreich abgewehrt hat, spielt Sherri nur noch in der Bezirksliga. »Ja, bitte, Sherri?«, fragte ich betont geduldig.
    »Da ist ein Kunde im Laden, den du besser mal vor deinem Bruder retten gehst. Er hat schon so einen glasigen Blick.«
    Mir war auch nicht klar, welche spezielle Begabung mich dazu befähigen sollte, mich in dieses Gespräch einzumischen, wenn sie es selbst nicht konnte. Eigentlich versetzte ihr Kleidungsstil sie nämlich eins a dazu in die Lage, für ausreichend Ablenkung zu sorgen: Sie trug eine gefährlich offenherzige Bluse und eine Jeans, die sie womöglich in zwei Teile zerschnitten hätte, wenn sie so etwas Verrücktes versucht hätte, wie sich hinzusetzen oder sich vorzubeugen. Allerdings wäre dies ja fast so etwas wie Arbeit gewesen, also musste Sherri es an mich delegieren.
    »Ich kümmere mich drum.« Mit einem tiefen Seufzer stand ich vom Schreibtisch auf und betrat den Laden. Es war unnötig zu fragen, welchen Bruder sie meinte, obwohl ich drei von der Sorte hatte. Frank, der Älteste, sprach für gewöhnlich nie mehr als fünf zusammenhängende Wörter auf einmal, was bedeutete, dass er auch keine Kunden für längere Zeit zutexten konnte. Und Dean, Sherris Ehemann, reagierte wie seine Frau allergisch auf Arbeit, was es höchst unwahrscheinlich machte, dass er sich irgendwelchen Kunden zuwandte.
    Blieb also nur Teddy, der Jüngste von den dreien. Teddy betrieb das Geschäft mit Tierfutter, Pflanzendünger und Saatgut sehr, sehr engagiert. Er führte andauernd Experimente durch, um das absolut beste Düngemittel für jeden Typ von Erde oder Feldfrucht zu bestimmen oder herauszufinden, welches Saatgut unter welchen Bedingungen das beste Ergebnis hervorbrachte. Das Problem war, dass es ihn stets danach drängte, sein Wissen in qualvoller Detailfreude an jeden weiterzugeben, der das Pech hatte, auch nur die kleinste Frage an ihn zu richten.
    Und tatsächlich. Er hatte einen älteren Herrn in die Enge getrieben, und der arme Mann brauchte definitiv Rettung vor einer klassischen Teddy-Abhandlung zum Thema Ernährung. »Teddy!«, rief ich im Näherkommen. Lächelnd berührte ich den Arm meines Bruders. »Tut mir leid, wenn ich dich unterbreche, aber hast du die Netzwerkverbindung eigentlich wieder hingekriegt?«
    Teddy zwinkerte mir zu. »Oh, ich schätze, ich wurde abgelenkt.« Er drehte sich um, wie um sich bei seinem Opfer zu entschuldigen, aber der Kunde hatte sich bereits irgendeinen Pflanzendünger gekrallt und Kurs auf die Kasse genommen. Die dort sitzende Sherri guckte sofort, als fühlte sie sich ausgebeutet. Ich ahnte schon, dass sie bald eine halbstündige Pause brauchen würde, um sich von dem Stress, einen Kunden abkassiert zu haben, zu erholen.
    Dies war die Art von Rettungsarbeit, mit der ich in der letzten Zeit beschäftigt war. Statt magische Bedrohungen zu erkennen, damit meine Zauber-Freunde ihnen ausweichen konnten, rettete ich Kunden vor meinem übereifrigen Bruder, die Kassenlade vor meiner bösen Schwägerin, meine Brüder vor meiner Mutter und meine Mutter wiederum vor ihrer Mutter. Außerdem sorgte ich dafür, dass zu Hause und in unserem Agrarbedarfshandel alles einigermaßen vernünftig ablief. Die paar Monate, die ich jetzt zurück in Texas war, hatten mir die Augen dafür geöffnet,
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