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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
Autoren: Wolfhart Berg
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Skalen und Kurven erklärt er detailliert, welche Kompositionen von Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Dichten am besten Schaum stabilisieren können, die perfekte Emulsion sei sein Ziel.
    Die Zuhörer sind sich unsicher, ob sie sich neben Hungergefühlen auch Schaum vor dem Mund gestatten. »Ich tue hier auf der documenta das Gegenteil dessen, was die Menschen erwarten. Das ist die logische Konsequenz meiner Philosophie« , spricht Adrià und kommt schließlich doch noch auf das Wesentliche zu sprechen: »Kochen ist eine Sprache, durch die man Harmonie, Kreativität, Glück, Schönheit, Poesie, Komplexität, Humor, Provokation und Kultur ausdrücken kann.«
    Wird man davon auch satt? Man wird, wie wir gleich erfahren, sein 30 -Gänge-Menü kann da hilfreich sein. Ist der in der Nähe von Barcelona geborene Ferran Adrià nun ein Professor, ein innovativer Provokateur oder ein ausgekochter Künstler?
    Selbstverständlich alles in einem. Ferran Adrià ist mit drei Michelin-Sternen in seinem als weltbestes Restaurant gekürten
El Bulli
und mit Preisen aus der ganzen Welt der galaktische Katalane vom anderen Stern. Als Geysir oder »mad scientist« würden ihn Hollywoods Regisseure am liebsten verfilmen. Doch Adrià präsentiert seine Kochkünste 2008 lieber an der IESE -Business School in Barcelona oder 2010 an der Harvarduniversität als Gastprofessor über »Grundlagen der kulinarischen Physik«. Philosophiestudenten in Barcelona belegen bei ihm Kurse mit Themen über »Essen und Erotik«, »Essen und Religion« oder über »Die Negativierung der Wahrnehmungsmodi«.
    Die Kochkunst unter Hightechkonditionen ist Ferran Adrià nicht in die Wiege gelegt worden. Sein Vater, ein Malermeister, schickt ihn mit 14  Jahren auf die Handelsschule Virgen de la Mercéd in Barcelona. Er soll eine Kaufmannslehre absolvieren und danach Betriebswirtschaft studieren. Doch Ferran schmeißt mit 18 hin, träumt von Hippie-Ibiza und finanziert sich dort Urlaube zunächst als Tellerwäscher in Castelldefels, 30  Kilometer südlich von Barcelona, und dann als Hilfskoch in verschiedenen Restaurants der katalanischen Metropole. Mit 19 muss er zum Militär und wird Smutje im galizischen Cartagena beim Admiral persönlich. Danach wird er verwegen und bewirbt sich 1983 im
El Bulli
bei Roses an der Costa Brava – mit Erfolg.
    MENÜS ALS ABENTEUERREISEN INS HIMMELREICH
    Das Restaurant hat den Namen von seinen Gründern, dem deutschen Ärzte-Ehepaar Schilling, die ihre Bulldogge »Bulli« nannten. Bis 1990 gehörte ihnen
El Bulli
, der Elsässer
Jean Louis Neichel
hatte es mit zwei Sternen zur lukullischen Oase am Meer gemacht.
Neichel
ist übrigens heute eines der besten Restaurants Barcelonas, Carrer Beltrán i Rozpide 1 – 5 .
    Adrià zelebriert im
El Bulli
zunächst beste katalanische Haute Cuisine. Unerfahrenen Spanienreisenden sei gesagt, darunter fallen weder Paëlla, Sangría noch Tapas. 1985 wird er bereits Chefkoch und bald alleiniger Besitzer. Er heiratet die Katalanin
Isabel Pérez
, stellt seinen Bruder
Albert
als gelernten Pâtissier ein und entwickelt allmählich seine weltberühmte Kreativ-Küche. Der Schriftsteller
Manuel Vázquez Montalbán
, in den 90 ern jeden Sommer Stammgast im
El Bulli
, beschreibt in seinem Buch »Die Kunst des Essens in Katalonien« die Menüs von Adrià als Abenteuerreisen ins Himmelreich, aber immer basis-öko-nah als »culto al producto«.
    So ein 30 -Gänge-Menü steht dann als »Dekonstruktionen mit Magie« für knapp 300  Euro auf der Karte. Ein Vorgeschmack Häppchen für Häppchen: Mit dem eigenen Fleisch aufgespritzte Oliven, dann eine Art Mini-Sandwich mit krosser Hühnerhaut und eine schockgefrostete Popcornwolke, die im Mund gehaucht wird. Nun ein Keks mit getrockneter Schwarzkirschfüllung und ein dünnes Carrée aus geliertem Sanddornsaft hinterher. Tagliatelle aus geliierter Bouillon, dann mit Ingwer gefüllter Tintenfisch. Später Mousse aus Muschelfleisch in einem Mantel hauchdünnen Schweinefett und auch Melonen-Ingwer-Suppe mit Karottenröllchen.
    ER IST EIN KREATIVER TÜFTLER
    Selbst das Flagschiff katalanischer Zwischenmahlzeiten, das »pa amb tomàquet«, normalerweise geröstetes Brot mit Tomate, Olivenöl und luftgetrocknetem Schinken »jamón serrano«, lässt Adrià in einem Likörglas mit Tomatensorbet servieren – obendrauf ein mit Olivenöl gespritztes kleines Ballonbrot mit einem großen Salzkristall. So kreativ wie surrealistisch sind auch seine Desserts: Vanillecreme
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