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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
Autoren: Wolfhart Berg
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donna e mobile«. Sein Musiklehrer fördert ihn, er bekommt Gesangsunterricht am städtischen Konservatorium. Das Schlüsselerlebnis hat Josep dann mit acht Jahren, als ihn sein Vater in die Oper, ins
Gran Teatre del Liceu
16 ( ▶ G 6 ) , mitnimmt. Ganz oben in der fünften Galerie auf den billigeren Plätzen hört er »Aida«, es singt Weltstar
Renata Tebaldi
. Am meisten gefällt ihm dabei der Nil-Akt mit Aidas Arie. Am nächsten Tag erklärt er seinen Eltern unmissverständlich: »In diesem Theater werde ich einmal singen.«
    Nicht mal Josep selbst glaubt daran, dass er tatsächlich schon mit elf Jahren in einem der besten Opernhäuser der Welt auftreten würde. Aber mit seiner Knabenaltstimme singt er bei Nachwuchskonzerten und im Radio so erfolgreich vor, dass er vom
Liceu
ein Angebot für eine Nebenrolle erhält. Am 3 . Januar 1958 , nach langen Proben mit seiner Musiklehrerin, darf er in einer Manuel-de-Falla-Oper singen, für kurze Momente steht er dabei neben Renata Tebaldi auf der Bühne. 500  Pesetas, nach heutiger Kaufkraft etwa 40  Euro, sind sein Honorar.
    DIE CABALLÉ FÖRDERT DEN JUNGEN CARRERAS
    Der rote Teppich für seine Karriere wird ausgerollt: Nach Stimmbruch, Schule und einem kurzen Ausflug in ein Chemiestudium an der Universität von Barcelona pendelt er jahrelang in der Altstadt zwischen dem Institut des berühmten Gesanglehrers
Puig
und dem
Conservatori Superior de Música
( ▶ G 6 ) . Er erlernt das gängige Opernrepertoire von Mozart über Wagner bis Verdi und feilt an seiner Belcantostimme.
    Nach weiteren Gesangswettbewerben und Vorsingen im
Liceu
mit Arien aus »La Traviata« und »Carmen« hat er es endlich geschafft: Im Januar 1970 darf er neben der großen Diva und Katalanin
Montserrat Caballé
in »Norma« den Flavio singen und spielen. Die Caballé ist trotz der kleinen Carreras-Partie begeistert von Josep und fordert ihn wenig später neben sich in Donizettis »Lucrezia Borgia« als Gennaro an. Das Publikum rast – und das ist in Barcelonas Weihetempel der Großbourgeoisie sehr selten und auch heute noch die absolute Ausnahme.
    Im
Liceu
16 ( ▶ G 6 ) demonstriert man seinen Stand, zeigt sich in großer Abendrobe, zahlt und genießt. Der Kontrast zwischen Arm und Reich könnte nicht größer sein, die Oper liegt direkt an der Rambla dels Caputxins, in den Nebengassen stehen noch Bettler und Dirnen. Das
Liceu
war und ist
die
Selbstdarstellungsplattform für jene Gutbetuchten, die sich bei der anderen heiligen Institution der Stadt, dem FC Barcelona, nicht blicken lassen. Die Oper sollte 1838 noch größer werden als die in Madrid. Also gründen Barcelonas Kaufleute eine Fördergesellschaft mit Logen-Erbrecht für die Spender und finanzieren den Bau aus Aktiengewinnen. Und wieder mal zeigt sich das klassische Zusammenspiel der vernünftigen »seny«- und der künstlerischen »rauxa«-Seele in jedem Katalanen.
    IN BARCELONA IST WAGNER KULT
    Diese Opernbesucher sind 1882 nach einer Aufführung des »Lohengrin« so begeistert von Richard Wagner, dass sie danach die meisten seiner Opern ins Katalanische übersetzen lassen. Noch heute gibt es Wagner-Kultvereine in Barcelona. Das
Liceu
erlebt allerdings auch die wirtschaftlichen und sozialen Probleme der jungen Industriegesellschaft: Aus Wut gegen die reiche Minderheit und als Racheakt für einen hingerichteten Genossen wirft 1893 der Anarchist Santiago Salvador während des zweiten Aktes von Rossinis »Wilhelm Tell« zwei Bomben vom ersten Rang nach unten. 20  Opernbesucher sterben.
    Die gesellschaftliche und künstlerische Bedeutung dieses mit vergoldeten Logen und Samtsesseln ausgestatteten Opernhauses kennt natürlich auch Josep Carreras, denn das
Liceu
wird zu seiner Startrampe für eine Weltkarriere. Er hat umjubelte Auftritte in London mit seiner Förderin Caballé in Donizettis »Maria Stuart«, in Prag 1971 in Verdis »La Traviata«, in der City Opera von New York mit der großen Birgit Nilsson in »Tosca« – erste Welterfolge. Danach zieht der lyrische Tenor jahrelang um die besten Opernhäuser von Buenos Aires, Chicago, London, Salzburg (mit Karajan), Hamburg, München. Er brilliert in der New Yorker Met, der Wiener Staatsoper und der Mailänder Scala.
    Dann der Schicksalstag am 5 . Juli 1987 : Bei einem Konzert im baskischen San Sebastián bricht er zusammen. Josep Carreras hat Krebs, akute lymphoblastische Leukämie. Der Star am Opernhimmel erlebt die Hölle, eine Knochentransplantation bei Nobelpreisträger Edward
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