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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Autoren: Stefan Schubert
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die Motorradfahrer auf ihre Harley-Davidsons und brausten laut dröhnend aus der Stadt.«
    Stellvertretend für die Vereinigten Staaten von Amerika erklärte der Generalstaatsanwalt von Kalifornien 1965 dem Hells Angels MC offiziell den Krieg. Die Kampfansage ergab sich aus einem Dossier, das die zahlenmäßige Stärke der Angels, die Qualität und Anzahl der von ihnen verübten Straftaten, ihre sexuellen Ausschweifungen sowie Berichte über ihr allgemeines Auftreten erfasste. Nach dem Namen seines Verfassers ging das Dossier als Lynch-Bericht in die amerikanische Rechtsgeschichte ein. Eine Reihe objektiver Beobachter beurteilte den Report und die angegebenen Zahlen als stark übertrieben. Dennoch oder gerade deswegen verfehlte der Lynch-Bericht seine Wirkung nicht. Die Angels standen jetzt nicht mehr nur im Fokus der Öffentlichkeit und der Medien, sondern auch auf der Agenda jeder Polizeibehörde des Landes. Jede noch so kleine und unbedeutende Polizeidienststelle wurde durch den Lynch-Bericht veranlasst, die Hells Angels als die Inkarnation des Bösen anzusehen.
    Angels und Gesellschaft
    Durch die mediale Präsenz und polizeiliche Nachstellungen kamen die Angels immer weniger zu ihrer eigentlichen Beschäftigung: dem Motorradfahren.
    Hells Angels fuhren ihre Motorräder nicht nur, sie verschmolzen vielmehr mit den Maschinen und zwangen jedem einzelnen Bauteil Höchstleistungen ab. Das Starten der Maschine glich dem Geräusch, das eine Pumpgun beim Durchladen macht. Andere erinnerte der Sound an das phlegmatische Summen einer Bassgitarre. Ein undercover ermittelnder Agent sollte in Arizona in den Genuss mehrerer gemeinsamer Ausfahrten, sogenannter Runs, kommen und berichtete von wahren Höllenritten. Vorne rechts der Präsident oder bei längeren Fahrten der Road Captain der Schwadron. Der Hintermann hielt kaum Abstand zum Vordermann. Mit 120 Stundenkilometern walzten sie so über rote Ampeln, Kreuzungen und durch dichten Verkehr. Dieser verwandelte sich im Tunnelblick zu einer blinkenden Röhre aus Lichtern und Karosserieumrissen. Die Vibrationen, das Dröhnen und Grollen der Maschine fraßen sich von den Beinen in den Rumpf, bis sie vom ganzen Körper des Höllenengels Besitz nahmen. Andere Verkehrsteilnehmer oder Fußgänger schreckten verängstigt zurück und überließen der Schwadron des Teufels die Vorfahrt.
    Den gleichen Eindruck hinterließen die Hells Angels, nachdem sie ihre Maschinen abgestellt hatten und im Rudel eine Bar betraten. Gespräche verstummten und die Menge teilte sich wie auf Moses’ Befehl das Rote Meer. Das Bier ging oft auf Kosten des Hauses und es dauerte nicht lange, bis sich eine Traube Frauen um die Angels bildete. Ihre Absichten ließen sie dabei keinesfalls im Unklaren. Sie wollten Sex mit einem dieser verrufenen Biker und zwar am besten gleich mit dem Rockstar unter den Motorradfahrern, einem Hells Angel.
    Trotz oder gerade wegen ihrer Rolle als gesellschaftliche Außenseiter, Bürgerschrecks und Rebellen fanden die Hippies in den 60er-Jahren Gefallen an den Hells Angels. In den Medien wunderte man sich über die ambivalente Allianz von saufenden Rabauken, Gewalttätern und strikten Antikommunisten einerseits und Linken, Kriegsgegnern, politischen Aktivisten, Dichtern und Schriftstellern andererseits. Aber sie kamen miteinander aus, etwa mit dem Dichter Allen Ginsberg und Ken Kesey, dem Autor von Einer flog über das Kuckucksnest .
    Die Blumenkinder der Love-and-Peace-Generation, die intellektuelle Kommune der US-Westküste und die Biker konsumierten gemeinsam Marihuana, LSD, Acid, PCP, auch »Angel Dust« genannt, und schließlich Heroin. Die Easy-Rider-Freiheit, lange Haare und ein experimentierfreudiges Verhältnis zu Sex und Drogen aller Art schienen die beiden Subkulturen über alle sonstigen Überzeugungen hinweg zu einigen.
    Und dann war wieder Krieg und wieder gab es junge Männer, die ihre Erfahrungen auf ganz eigene Weise zu verarbeiten suchten: Der Vietnam-Krieg spülte eine Menge Veteranen in die Reihen der Hells Angels. Männer, die der Schrecken und die Erlebnisse auf den Schlachtfeldern Südostasiens einte und die desillusioniert in ein Land zurückkehrten, das ihnen fremd geworden war, das sie sogar als »Baby-Killer« ausgrenzte. Mit ihren militärischen Erfahrungen und kampftechnischem Fachwissen gewannen sie weder Ansehen noch konnten sie eine berufliche Karriere in der zivilen Gesellschaft aufbauen. Auch gelebte Kameradschaft und klare hierarchische Strukturen
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