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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Autoren: Stefan Schubert
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sogenannten Rockerparadoxon.
    Die Biker leben und verkörpern das Image von Geächteten, von freiheitsliebenden Rebellen, und doch ist der Deathhead auf ihrem Patch genau wie der Schriftzug »Hells Angels« ein notariell eingetragenes Markenzeichen, dessen Missbrauch sie per Rechtsanwalt ahnden lassen. Hells Angels veranstalten Wohltätigkeitsevents und spenden Einnahmen für karitative Zwecke, oftmals für Vereine, die sich gegen Kindesmissbrauch engagieren. Sie scheinen um ihren guten Ruf in der Bevölkerung besorgt zu sein, obwohl sie die Allgemeinheit verachten und von ihr wiederum mehrheitlich abgelehnt werden. Hells Angels echauffieren und beklagen sich über eine schlechte Presse und das daraus resultierende negative Bild in der Öffentlichkeit. Warum die Mühe?
    Was haben sie erwartet? Was denken die Höllenengel, wie eine verängstigte Bevölkerung reagiert, nachdem Auftragsmorde begangen und Menschen zu Tode geprügelt oder von Bomben zerfetzt wurden? Was sollten wütende Rockerkriege und polizeiliche Beschuldigungen über kriminelle Geschäfte in den Rotlichtmilieus der Großstädte sonst auslösen?
    Trotz der nachweisbaren Taten scheinen die Hells Angels ein anderes Bild von sich selbst zu haben, als es sich aus Zeitungsartikeln, Interviews, Gesprächen, Aussteigerberichten und Polizeianalysen objektiv ergibt.
    Um einem Bürgertum, das sie ablehnen, ihre Sicht der Dinge zu vermitteln, rufen sie ein eigenes Medienprojekt ins Leben und wollen damit der ihrer Meinung nach einseitigen Presseberichterstattung widersprechen. Bei diesem Versuch wirken sie aber nicht wie missverstandene Biker, sondern erinnern eher an bockige Kinder. Eine Menge Aufwand und Engagement, um die Meinung einer Öffentlichkeit zu beeinflussen, die ihr Urteil schon längst gefällt hat.
    Hells Angels scheinen Wanderer zwischen den Welten zu sein. Gut und böse, frei und doch einem starren Regelwerk unterworfen. Oder sind es einfach nur gewiefte Rosinenpicker, die sich das Recht herausnehmen, aus beiden Welten das Beste für sich einzufordern? Einerseits Macht, Prestige, jenseits von Gesetzen und Verboten, und das schnelle Geld, egal wie oder woher es kommt. Andererseits ein Leben in geregelten Bahnen, im Schutz einer machtvollen Gruppe, wo der Lebensweg vorgeformt und begleitet wird, ausgerichtet an rigiden Regeln des Clubs und seiner Führung.
    Diese Ambivalenz scheint nicht endlos durchzuhalten zu sein. An einer Gabelung des Lebensweges muss jeder Rocker für sich ganz individuell entscheiden, wohin seine Reise in letzter Konsequenz geht: halbwegs zurück in die Gesellschaft, zu Recht und Ordnung oder unumkehrbar ins Reich der Gesetzlosen mit allen Konsequenzen?
    Nach den globalen Rockerkriegen, angesichts der tiefen Verstrickungen in die organisierte Kriminalität und eines rauschhaften Runs auf der Überholspur des Lebens scheint vielen Protagonisten der dramatische Schlussakt vorbestimmt zu sein.
    Am Ende dieses Weges drohen unausweichlich langjährige Haftstrafen, schwerwiegende Verletzungen oder, als ultimatives Finale, der Tod. Vor diesem letzten Gang kann den Rocker keine Gruppe, kein Club und kein Ehrenkodex beschützen.
    Trotz der geschilderten Brutalitäten, der Morde, Hinrichtungen und des Blutes unschuldiger Opfer an ihren Händen ist keine offizielle Entschuldigung oder Distanzierung des Hells Angels MC von den Taten seiner Mitglieder bekannt. Die Rocker unterstützen hingegen die Straftäter aus ihren Reihen, bezahlen Rechtsanwälte und solidarisieren sich mit den Angeklagten durch martialische Aufmärsche vor Gerichten. Oftmals wurden Männer aus der Welt der Hells Angels und der Bandidos nach schwerwiegenden Straftaten mit einer Beförderung in der Hierarchie des Netzwerks belohnt. Der Club schließt selbst verurteilte Mörder nicht aus, sie erhalten im Gegenteil als Auszeichnung das »Filthy Few«- oder »Expect No Mercy«-Patch.
    Die Rocker haben Deutschlands Unterwelt erobert, doch sie scheinen ihren Zenit überschritten zu haben. Politik, Polizei und Gerichte sind dabei, die 40 Jahre währende Dominanz der deutschen Hells Angels kompromisslos zu brechen. Erst im April 2012 befand das Bundesverfassungsgericht ein zuvor ausgesprochenes Kuttenverbot vor Gericht für rechtens. Das höchste deutsche Gericht beurteilte das massenhafte szenetypische Auftreten als nicht hinnehmbare Machtdemonstration und Bedrohung sowie Einschüchterung der Öffentlichkeit.
    Eigens gegründete Sonderkommissionen und Abteilungen der
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