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Eine Marcelli geht aufs Ganze

Eine Marcelli geht aufs Ganze

Titel: Eine Marcelli geht aufs Ganze
Autoren: Susan Mallery
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1. KAPITEL
    F rancesca Marcelli war erst seit zwanzig Minuten schwanger, und schon tat ihr der Rücken weh. »Für meinen Geschmack ist das etwas zu realistisch«, murmelte sie und justierte die Gurte, die den künstlichen Achtmonatsbauch an Ort und Stelle hielten. Die Größe des Bauchs war wirklich beängstigend – Francesca konnte weder ihre Füße sehen, noch fand sie eine bequeme Sitzposition –, und das Gewicht war der reine Horror. Es fühlte sich an, als hätte sie sich einen Babyelefanten umgeschnallt. Wer immer dieses Teil erfunden hatte, musste einen seltsamen Sinn für Humor haben. Ihr Rücken bettelte um Erbarmen, und dank des Drucks auf ihre Blase hatte sie nur noch einen Gedanken, nämlich die nächstbeste Toilette aufzusuchen.
    »Alles für den guten Zweck«, murmelte sie.
    Francesca verlagerte das Gewicht, um den schmerzenden Rücken etwas zu entlasten, und stützte sich auf den schweren Wagen, den sie in den Lastenaufzug des sechs Stockwerke hohen Bankgebäudes manövrierte. Als die Türen sich öffneten, schob sie den überladenen Wagen in den Flur hinaus. Die aufgestapelten Kartons schwankten gefährlich und drohten, jeden Moment auf den mit Teppich ausgelegten Boden zu fallen.
    Es war kurz nach fünf an einem Freitagnachmittag. Um sie herum eilten Dutzende von Angestellten in Richtung der Personenfahrstühle, um endlich ins Wochenende zu kommen. Francesca schob ihre Brille auf der Nase hoch und strich sich das Kleid glatt. Sie trug das hässlichste Umstandskleid, das sie hatte finden können. Der übergroße Kragen ließ ihre Schultern und ihren Kopf unnatürlich schmal aussehen. Der in Pink- und Rosatönen gehaltene Blumendruck schien ihr alle Farbe aus dem Gesicht zu saugen. Sie hatte sich ein wenig Puder ins Haar gekämmt, um ihm einen mausbraunen Schimmer zu geben, und ihr Make-up hatte sie nur dazu benutzt, um sich einen müden, erschöpften und unattraktiven Anstrich zu verleihen.
    Sie schaute auf die Uhr, dann straffte sie die Schultern und machte sich auf den Weg.
    »Showtime«, flüsterte sie, obwohl niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können.
    Drei Männer aus dem Versicherungsmaklerbüro am Ende des Flurs gingen an ihr vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Francesca schob den Wagen mit den Päckchen und Paketen weiter gegen den Strom der ihr entgegenkommenden Menschen. Zwei Frauen in grauen Anzügen schenkten ihr ein mitfühlendes Lächeln. Ihnen folgten ein Mann und eine Frau, beide mit teuer aussehenden Aktentaschen in der Hand. Die Frau schaute, der Mann nicht.
    Zu ihrer rechten Seite ging ein weiterer Flur ab. Francesca stemmte sich gegen den Wagen, um ihn um die Kurve zu bugsieren. Mehrere Pakete fielen herunter. Ein Mann ging an ihr vorbei, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Ein Mädchen im Collegealter blieb lange genug stehen, um Francesca beim Aufheben der Kartons zu helfen, dann lief sie auf den Fahrstuhl zu und rief: »Wartet auf mich!«
    Fünf Minuten später hatte Francesca ihr Ziel erreicht: ein Büro, das sie in der vorangegangenen Woche ausgespäht hatte. Sie hatte es ausgewählt, weil die Firma vor Kurzem geschlossen worden war. Hier stand sie nun, hochschwanger, verloren, mit mehr als einem Dutzend Päckchen auf dem überladenen Wagen, die sie anliefern sollte, und niemand da, um sie entgegenzunehmen. Wenn sie Schauspielerin gewesen wäre, hätte sie jetzt noch eine Träne aus dem Augenwinkel gedrückt.
    Die Regeln besagten, dass sie nicht aktiv um Hilfe bitten durfte. Sie musste ihr angeboten werden. Also würde sie die geforderten dreißig Minuten warten, in Gedanken mitzählen, wer sie ignorierte, wer lächelte und wer stehen blieb, um ihr Hilfe anzubieten.
    Hier in dem Gebäude arbeiteten nur hoch bezahlte Kräfte mit erlesenem Geschmack und wenig Zeit. Sie hegte keine große Hoffnung, dass irgendjemand ihr helfen würde. Ihrer Erfahrung nach ...
    »Sie sehe aus, als hätten Sie sich verlaufen.«
    Francesca wirbelte herum. Neben ihrem Wagen stand ein großer Mann. Ein großer, gut aussehender Mann in einem dunkelblauen, Macht ausstrahlenden Anzug.
    »Hey«, sagte sie als Einleitung für ihre vorbereitete Rede, in der sie ihm erklären würde, dass sie diese Pakete an die nicht mehr existierende Firma ausliefern musste. Nur leider konnte sie sich an nichts mehr von dem erinnern, was sie sagen sollte.
    Der Mann wartete geduldig. Er hatte dunkelblonde Haare und braune Augen, die beinah golden aussahen. Sein intensiver Blick erinnerte
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