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Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Titel: Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit
Autoren: Sandra Todorovic
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scheinenden Jungen wissen, der in seiner schwarzen Lederjacke so sexy aussah, dass es mir schier den Atem raubte.
    „Ich hab`s doch gewusst“, sagte sie und hob ihren Zeigefinger. Der Lift hielt an. „Bis morgen“, sagte sie und verschwand im Flur ihres Stockwerks.
    Dad war noch in der Schule und Großmutter bei ihrem Frauennachmittagsklatsch. Montags traf sie sich immer mit ihren ehemaligen Broadwaykolleginnen.
    Ich war froh, die Wohnung für mich zu haben. Ich öffnete die Tür, legte meine Schlüssel auf die Kommode und hängte den Mantel an den Kleiderständer.
    In der Küche nahm ich mir einen Becher und machte mir einen Tee, den ich im Wohnzimmer vor dem Fernseher trank. Es lief ein Film mit Jack Nicholson. Unter meiner Wolldecke war es so angenehm warm, dass mir langsam die Augen zufielen. Ich legte mich hin und schlief sofort ein. Die durchwachten Nächte zehrten an meinem Körper. Immer öfters fühlte ich mich ausgelaugt, erschöpft, müde.
    Leicht verwirrt sah ich mich um. Ich stand im Flur und sah zu wie Mom mir half, meine rote Jacke anzuziehen, die sie mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Ihr Lächeln war so bezaubernd, viel zu lange hatte ich es nicht mehr gesehen. Sie trug ihren schwarzen Mantel und darunter einen grau gestreiften Hosenanzug. Das Letzte, worin ich sie gesehen hatte. Ich wollte sie festhalten, damit sie nicht hinausging, aber ich konnte nicht. Ich stand nur dabei und sah zu, wie meine Mutter die Tür öffnete, die sie ihrem Tod näherbrachte. Mein ganzes Schreien und Flehen half nicht, sie hörte meine Rufe nicht. Wir gingen in den Lift und plötzlich befand ich mich auf der Straße vor unserer Wohnung. Die Autos fuhren durch mich hindurch. Es schneite so heftig, dass man kaum die Hand vor Augen sah. Mit einem T-Shirt und Jeans war ich in der Kälte, doch ich fror nicht, ich spürte gar nichts. Ich blickte auf die Eingangstür, die sich gleich öffnen würde. Mr. Garner hielt sie uns auf. Mom lachte, strich mir durchs Haar und gab mir einen Kuss auf die Stirn, bevor ich in Richtung Schule losging. Das letzte Mal, dass ich sie glücklich sah, sie lachen hörte, ihr Parfüm roch und ihr sagte, dass ich sie lieb hatte. So vieles, was ich an diesem Morgen das letzte Mal getan hatte. Ich sah mir selbst zu, wie ich mich blitzartig umdrehte, als ich die Bremsen und die Schreie hörte. Mein entsetztes Gesicht, als ich realisierte, dass Mom blutend am Boden lag. Immer wieder schrie ich: „Mom, Mom! Mommy!“, während ich über die Straße rannte, ausrutschte und mir dabei die Handflächen aufschürfte. Eine Menschenmenge hatte sich um sie geschart. Ich schob und stieß, bis ich endlich zu ihr durchkam. Das Atmen fiel mir schwer, mein Herz schlug zu schnell, das Blut rauschte mir ihn den Ohren. Ich hielt sie in meinen Armen, ihr Gesicht war blutverschmiert. Mit meinen Händen versuchte ich das viele Blut wegzuwischen, damit sie atmen konnte. Die Tränen ließen sich nicht mehr zurückhalten, ich schluchzte und schrie. „Ruft einen Krankenwagen. Das ist meine Mutter. Ruft endlich jemand einen Krankenwagen“, schrie ich in die Menge. „Es ist einer unterwegs“, sagte jemand. „Mom, halt durch, halt durch“, sagte ich ihr immer wieder. „Du schaffst das, ich weiß es. Ein Krankenwagen ist unterwegs. Bitte Mom … bitte“, flehte ich und wiegte sie hin und her, so wie sie es mit mir als Kind tat, wenn ich einen Albtraum hatte.
    Ich konnte sie damals vor Tränen kaum sehen. Ich wollte hingehen, ihr helfen, mir selbst helfen. Doch ich war nur als Zuschauer da. Warum war ich das? Sollte ich noch einmal den ganzen verzweifelten Schmerz, die Hilflosigkeit spüren, wie an diesem grausamen Tag vor drei Jahren? Was hatte ich getan, um diese Grausamkeit noch mal durchleben zu müssen? Ich sank neben ihr auf die vereiste, mit Schnee bedeckte Straße. Der Schnee um uns herum färbte sich rot. Mom spuckte Blut und konnte kaum noch atmen. Sie hob ihre Hand, strich mir durchs Haar. Sie versuchte mir etwas zu sagen, bevor ihre Lungen versagten. Ihre Atmung setze aus. Ich schüttelte sie, rief immer wieder nach ihr, doch sie war tot. Vor Verzweiflung schrie ich nach Dad. Ich wollte das nicht, nicht noch einmal. Wach auf, Sara, wach endlich auf!
    Etwas orientierungslos erwachte ich aus meinem Albtraum. Der Film war schon lange vorbei. Die Uhr zeigte halb sieben. Ich setzte mich auf und hob die Decke vom Boden auf, die ich wahrscheinlich im Schlaf heruntergeworfen hatte. Mein Kopf brummte und der Magen
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