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Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Titel: Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit
Autoren: Sandra Todorovic
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hatte, aus der Kommode holen wollte, entdeckte ich ein zusammengefaltetes Stückchen Papier, das darauf lag. Bei genauerer Betrachtung sah ich meinen Namen darauf stehen. Zögerlich, aber mit Neugier, faltete ich es langsam auseinander. Mein Herz schlug sogleich schneller. Da stand, in einer wunderschönen Schrift:
     
    Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.
     
    Mit aufgerissenen Augen starrte ich das Blatt Papier in meiner Hand an. Mein Atem wurde schneller. Dies bestätigte, dass ich nicht geisteskrank war. Obwohl eine Nachricht von einem Geist zu bekommen wahrscheinlich nicht weniger merkwürdig war, als nur zu denken, es gäbe einen. Oder hatte ich mir die Nachricht selbst geschrieben? War ich vielleicht schon so weit, so etwas Durchgedrehtes zu tun? Ich sah mir den Zettel noch einmal genauer an. Nein … das war eindeutig nicht meine Schrift. Zum Glück, sonst hätte ich mich selbst einweisen müssen. Immer mehr Fragen kamen in mir hoch, aber ich stellte sie nicht. Mir war bewusst: die Antworten, nach denen ich mich sehnte, bekäme ich nie. Seltsamerweise spürte ich keine Angst. Wer war mein nächtlicher Besucher? Was war er? Was wollte er? Und warum rannte ich nicht schreiend durch die Gegend und schnurstracks zur Polizei? Stattdessen entlockte mir die kleine Geste, die ich mit diesem Stückchen Papier verband, ein Lächeln.
    Langsam musste ich los. Es war nicht leicht, die Tochter des Schuldirektors zu sein. Der Wahnsinn, wenn dein Dad rund um die Uhr ein Auge auf dich hat.
    In der Küche saß Keira mit Dolores am Küchentisch. Es standen zwei Brote mit Schinken und ein Glas Milch für mich bereit.
    „Guten Morgen, Dolores“, begrüßte ich sie mit einem müden Lächeln.
    „Guten Morgen, Sara. Du solltest dich beeilen. Dein Vater ist schon vor einer halben Stunde zur Schule gefahren“, informierte sie mich.
    „Ich kann nichts dafür, das er so versessen darauf ist, soviel Zeit in diesem alten Gebäude zu verbringen.“
    „Und trotzdem werden wir bestraft, wenn wir wieder zu spät kommen“, sagte Keira ungeduldig. „Also iss.“
    Ich schlang mein Frühstück hinunter und trank hastig meine Milch, bevor wir aus der Wohnung stürmten.
    Es war Ende Januar und einfach nur arschkalt. Die Straßen waren vereist. Die Autos rutschten mehr, als dass sie fuhren. Keira und ich hielten uns gegenseitig fest, um nicht auf die Nase zu fallen. Der Wind war so kalt, dass mir bald das ganze Gesicht brannte. Wir konnten von Glück reden, dass die Kennedy nur zehn Minuten von unserer Wohnung entfernt war. Wenn ich noch früher aufstehen müsste, um durch die halbe Stadt zu fahren, würde ich wohl wahnsinnig werden. Ich hatte sowieso nie eine andere Wahl, als die Kennedy-Highschool , gehabt, das Sprungbrett für die Juilliard , eine der besten Privatschulen für Musik und Tanz in New York City . Seit ich mit vier Jahren meine erste Geige bekommen hatte, war meine Zukunft beschlossene Sache. Und eigentlich sollte ich wie die meisten meiner Mitschüler eine Aufnahme an der Juilliard anstreben. Aber ich war mir noch nicht sicher, ob ich es wirklich wollte, oder ob es einfach nur der Wille meines Vaters war.
    Ich fror erbärmlich und war froh, als wir die Schule betraten. Wir rannten die Treppe hinauf. Eine Minute vor Unterrichtsbeginn stolperten wir in die Klasse.
    „Schön, dass ihr uns auch noch mit eurer Anwesenheit beehrt. Setzt euch!“, sagte Mr. Williams, unser Mathelehrer.
    Wir setzen uns ohne einen Kommentar an unseren Tisch. Zu meinem Vorteil war Keira ein Ass. Aber nicht nur im Zahlenjonglieren, meine beste Freundin war auch Balletttänzerin. Sie tanzte seit ihrem fünften Lebensjahr. Ihr großer Traum war das Royal Ballett . Für diesen Traum arbeitete sie hart, auch nach der Schule. Fast jeden Tag zusätzlich zwei, manchmal auch drei Stunden. Wann immer ich Zeit hatte, sah ich ihr zu.
     
    In der Mittagspause saßen meine Freunde und ich immer am selben Tisch. Sam war schon dort, als wir in die Cafeteria kamen. Er war einer meiner besten Freunde. Ein Charmeur, dem die Frauenherzen nur so zuflogen. Mit seiner Musik wickelte er die Mädchen reihenweise um den Finger. Sein Aussehen tat den Rest — das hatte er eindeutig von seinem Dad. Groß, dunkelhaarig, sportlich, ein Lächeln, das einen blenden konnte und dazu gab er ihnen das Gefühl, das jede von ihnen die Einzige war. Manchmal taten sie mir wirklich leid. Ich hatte nie erlebt, dass er echte Gefühle für eines dieser Mädchen hegte. Unter all seinen
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