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Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Titel: Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit
Autoren: Sandra Todorovic
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knurrte. Großmutter und Dad waren bestimmt schon zu Hause. Um die Gedanken in meinem Kopf zu verdrängen, atmete ich tief ein, stand auf und ging mit meiner Tasse in die Küche, wo Granny kochte. Dad saß am Tisch und las die New York Times . Er sah kurz über den Rand seiner Zeitung, als ich in die Küche kam. Mit seiner Lesebrille sah er so witzig aus, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste.
    „Guten Abend, Schlafmütze“, begrüßte er mich, während er die Zeitung zusammenfaltete.
    „Ich hab gar nicht gehört, dass ihr nach Hause gekommen seid. Ihr hättet mich wecken können.“
    „Zum Abendessen hätten wir dich schon gerufen“, sagte Dad.
    Er stand auf, nahm seine Tasse Tee, die auf dem Tisch stand, und im Vorbeigehen gab er mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich sehe mir noch die Nachrichten an. Ruft mich doch bitte, wenn das Essen fertig ist.“
    „Machen wir“, sagte Großmutter.
    Sie drehte sich mit dem Kochlöffel in der Hand zu mir um. Sie sah sogar mit einer Kochschürze elegant aus. Ich kannte niemanden in ihrem Alter, der sich so gekonnt in Schale werfen konnte. Ihr schulterlanges, langsam grau werdendes Haar, saß wie immer perfekt. Niemand würde sie auf 67 schätzen.
    „Also, mein Schatz, wie war dein Tag?“, fragte sie mit einem leichten Lächeln.
    Ich setzte mich an den Tisch. „Schule ist eben Schule. Wie immer, nichts Besonderes.“ Mir huschte ein Lächeln über die Lippen.
    „Ach ja, nichts Besonderes. Weshalb schaust du dann so?“
    Granny wusste immer, wenn ich log. Ich war keine gute Lügnerin. Nur mein Dad sah das nie. Vielleicht wollte er es auch nicht.
    Ich sah sie verlegen an und kicherte albern. „Na ja, wenn ich ehrlich bin, wir haben einen neuen Schüler bekommen und der ist ein Riesentalent“, sagte ich.
    „Ist das alles?“, fragte sie, während sie die Soße umrührte.
    „Nicht ganz, er ist auch verdammt süß. Glaub mir, er würde dir gefallen“, antwortete ich mit einem breiten Grinsen.
    Sie nahm die Soße und die Nudeln vom Herd. „Wie heißt er denn?“
    „Dante Craven. Er ist Pianist. Oh, Granny, ich habe noch nie jemanden so spielen gehört“, schwärmte ich. „Er ist … es ist … so … ich kann es gar nicht in Worte fassen. Ich habe ihn nur kurz spielen gehört, aber er ist ein Ausnahmetalent … dazu wahnsinnig attraktiv, schon fast verboten gut aussehend.“
    „Ich habe dich ja noch nie so schwärmen gehört, außer von diesem Colin … wie hieß der noch mal?“ Sie lachte.
    „Colin Farrell, Granny, das ist ein Schauspieler.“
    „Wie auch immer. Habt dir euch verabredet?“, fragte sie neugierig.
    „Ich kenne ihn gerade mal einen Tag, da gehen wir nicht gleich aus und du weißt, wie Dad ist. Er würde es mir sowieso nicht erlauben“, sagte ich mit gesenktem Kopf.
    Sie gab mir die Teller und das Besteck in die Hand, die ich auf dem Tisch verteilte.
    „Lass deinen Vater meine Sorge sein. Ich werde ihn schon noch bearbeiten. Man glaubt kaum, dass er mein Sohn ist. Weißt du, zu meiner Zeit habe ich den Männern ständig den Kopf verdreht“, sagte sie und vollführte eine kleine Pirouette. „Da du meine Enkeltochter bist, wird dieser Dante keine Chance haben, deinem Charme zu widerstehen.“ Sie strich mir über die Wange. „Ruf doch bitte deinen Vater zum Essen.“
     
    Nach dem Essen verschwand ich im Zimmer. Ich war müde und ein wenig schlapp. Bevor ich mich ins Bett legte, um noch ein bisschen zu lesen, zog ich mir eine Jogginghose und ein T-Shirt an, in dem ich schlief. Nach einer Stunde fielen mir fast die Augen zu.
    „Bitte, wenn du kannst, lass mich heute Nacht schlafen“, sagte ich in die Dunkelheit, mit dem Wissen, dass ich keine Antwort bekäme.
    Doch ich spürte seine Anwesenheit wie einen Magneten, der meine Aufmerksamkeit in genau die Zimmerecke zog, in der er sich befand. Auf eine gewisse Art war es beruhigend, nicht allein zu sein. Ich war ihm dankbar, dass ich diesmal nicht allein war, in dieser Zeit vor ihrem Todestag, und mir war vollkommen egal, ob es verrückt war, an einen Geist zu glauben. Jeder Trost war mehr als willkommen.
     
    Dante
     
    Das schwache Licht der Nachttischlampe schimmerte in ihren grünen Augen, während sie vom Bett aus auf den Sessel starte, wo ich saß. Sie sah mich nicht, dennoch spürte sie meine Anwesenheit. Nach einigen Sekunden legte sie das Buch in ihren Händen weg, schaltete das Licht aus und legte sich schlafen. Ich würde ihrer Bitte sie durchschlafen zu lassen gerne nachkommen,
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