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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Autoren: Julia Arden
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Ausfahrt, blieb kurz stehen, setzte sich dann wieder in Bewegung, bog langsam nach rechts, in Richtung Uni, ab. Michaela wartete genau bis zu dem Moment, wo der Mini die Höhe des Hinterreifens ihres BMW erreichte. Dann parkte sie aus.
    Der Aufprall war nicht sehr stark. Dennoch wurde Michaela ziemlich durchgerüttelt. Sie stellte den Motor ab, sammelte sich, stieg aus.
    Ein Blick durch das Fenster des von ihr kollidierten Fahrzeuges zeigte Michaela, dass die Gestalt hinter dem Lenkrad regungslos in ihrem Sitz lehnte. Michaela ging um den Mini herum, klopfte an die Scheibe. »Hallo?«
    Tanja hörte dumpfe Laute neben sich, sah gestikulierende Hände, die ihr bedeuteten, die Scheibe herunterzukurbeln, doch sie fühlte sich weder in der Lage zu antworten noch sich zu bewegen.
    Die Fahrertür wurde von außen geöffnet. »Ist Ihnen was passiert?« fragte die helle Stimme einer Frau ängstlich.
    Tanja gelang es nicht einmal, ihr den Kopf zuzudrehen. »Nein«, brachte sie lediglich heraus. »Ich glaube nicht.«
    Tanjas Augen starrten irgendwo in die Ferne, abwesend. Sie sahen Geschehnisse einer anderen Zeit, eines anderen Ortes. Das Splittern von Glas klang in ihren Ohren, sich langsam ausbreitender, stinkender Qualm verschmorender elektrischer Leitungen nahm ihr den Atem. Von allen Seiten aufgeregte Stimmen, starke Arme, die nach ihr griffen.
    Eine Hand legte sich auf Tanjas Schulter. »Sind Sie wirklich in Ordnung? Sie sehen sehr blass aus.« Hand und Stimme gehörten nicht in diese Ferne, sondern waren ganz nah.
    Michaela fluchte leise in sich hinein. Tanja Kanter schien einen Schock zu haben. Was nun? Damit konnte ja niemand rechnen, bei so einer kleinen Kollision. Was hast du da bloß angestellt, Michaela?
    Die Augen des Mädchens kehrten aus der Ferne zurück, richteten sich zum ersten Mal auf Michaela. »Es geht schon.« Ein gequältes Lächeln begleitete ihre Worte.
    Michaela war etwas verwirrt. Ja, das hier war eindeutig Tanja Kanter, die Frau auf dem Foto, die Walter Kanter ihr gezeigt hatte – und auch wieder nicht. Unscheinbar? Ja. Aber dennoch, da war dieser Ausdruck in Tanjas Augen. Unergründlich tief und einsam. Ein Ausdruck, der sich einem sofort in die Erinnerung einbrannte. Michaela kam sich unweigerlich schlecht vor, weil sie Tanja zu all dieser Einsamkeit zusätzlich diesen Schrecken antat. Und nun würde sie die junge Frau auch noch anlügen. – So sah es der Plan nun einmal vor. Selbst wenn Michaela in diesem Moment diesen Plan zum Teufel wünschte.
    »Ich habe Sie zu spät gesehen«, log sie und unterdrückte ihr schlechtes Gewissen. »Können wir nicht auf Polizei verzichten? Ich übernehme den Schaden natürlich.«
    Tanja schaute Michaela immer noch verstört an. »Schaden?«
    »Ihr Mini hat leider ’ne nicht ganz so mini Beule im rechten Kotflügel.« Michaela ging zum besagten Kotflügel. »Hier. Sehen Sie.« Sie sah durch die Frontscheibe, wie endlich Bewegung in Tanja kam. Gott sei Dank , stellte Michaela erleichtert fest.
    Tanja rutschte mit ihrem Sitz nach hinten, stieg aus.
    Als sie um das Auto herumkam, fiel Michaela auf, dass Tanja Schmerzen im rechten Bein haben musste, weil sie es leicht nachzog. »Ist etwas mit Ihrem Bein?« fragte Michaela besorgt. Verdammt! Der Zusammenstoß war doch stärker gewesen als beabsichtigt.
    Tanja blieb stehen. »Nein, jedenfalls nicht, was Sie denken. Ich . . . das ist . . . das habe ich, seit ich fünf bin«, lautete die düstere Antwort. »Von einem Autounfall.«
    Michaela verwünschte sich, ihre Idee mit der Autokarambolage und besonders Walter Kanter. Hätte er ihr das nicht sagen können? Sie hatte ihm doch erzählt, was sie vorhatte. Was war der Mann nur für ein unsensibler Klotz?
    Tanja stand, immer noch sehr blass, neben Michaela und schaute auf die Beule an ihrem Wagen. Michaela legte ihren Arm beruhigend auf Tanjas. »Sieht schlimm aus, aber ist ganz sicher reparabel. Ich gebe Ihnen meine Anschrift und die meiner Versicherung. Tut mir leid, dass Sie jetzt so viele Umstände haben«, sagte sie.
    Tanja erwiderte nichts, starrte stumm auf die Beule, die sie aber nicht wirklich sah. Ihre Augen stierten einfach nur ein Loch in die Luft.
    Der offensichtlich geistig abwesende Zustand Tanjas machte Michaela Sorgen. »Sie sollten besser nicht weiterfahren. Ich glaube, Sie brauchen erst mal etwas Ruhe. Am besten, ich bringe Sie nach Hause«, schlug Michaela behutsam vor.
    »Ich muss zur Uni. In einer Stunde habe ich eine mündliche
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