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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Autoren: Julia Arden
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ist wahr. Aber sie weiß, was sie will – oder in diesem Fall – was sie nicht will.«
    Michaela behagte die Sache absolut nicht. »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Das Ganze ist . . .«
    »Unfair? Ja! Aber nur zu Tanjas Bestem.« Kanter kratzte sich deutlich verlegen am Kopf.
    Michaela hoffte schon, dass er einen Rückzieher machen, so etwas in der Art wie »Ach, vergessen Sie’s!« sagen würde.
    Statt dessen meinte er: »Apropos Äußeres. Bei der Gelegenheit könnten Sie auch am Outfit meiner Tochter etwas arbeiten. Hier.« Kanter reichte Michaela eine Fotografie. »Sehen sie selbst. Sieht so die zukünftige Chefin einer Hotelgruppe aus?«
    Michaela sah ihren Chef entgeistert an, dann zögernd auf das Bild. Ein ernstblickendes, blasses junges Mädchen war darauf zu sehen. Ihr dichtes, dunkelbraunes Haar fiel glatt vom Mittelscheitel zu beiden Seiten bis über die Schultern. Ein Mädchen, das einem nicht auffiel, wenn man ihm irgendwo begegnete. Ja, eine Typberatung würde bestimmt nichts schaden. Aber auf die Art? Michaela widerstrebte das.
    Nur, hatte sie eine Wahl? Die Möglichkeit, nein zu sagen? Michaela konnte sich an fünf Fingern abzählen, dass Walter Kanter lange überlegt hatte, wen er in sein Problem einweihte. Seine Wahl fiel auf sie – mit dementsprechenden Erwartungen. Er rechnete mit ihrer Zusage. Deshalb brauchte sie nicht darauf zu hoffen, Walter Kanter würde eine Weigerung ihrerseits einfach akzeptieren und vergessen. Er hatte nicht umsonst im Vorfeld ihre Karriere angesprochen, ihr einen Vorteil in Aussicht gestellt. Den umgekehrten Fall brauchte er nicht zu erwähnen.
    Ihre Entscheidung beeinflusste also ihre Karriere, so oder so. Mit einer Absage stellte sie sich selbst für unbestimmte Zeit aufs Abstellgleis, müsste ihre Hoffnungen auf eine verantwortungsvollere Stelle oder gar einen Auslandsposten vorläufig begraben.
    »Es ist doch wirklich nur zum Besten meiner Tochter«, wiederholte Kanter in Michaelas Gedanken hinein.
    Aber Michaela wusste: Das sah die bestimmt nicht so. Weshalb sie erneut, vorsichtig natürlich, versuchte Kanter die Sache auszureden. »Wenn Ihre Tochter je dahinterkommt, ist die Katastrophe vorprogrammiert«, gab sie zu bedenken. »Dann haben Sie sie endgültig für Ihre Ziele verloren. Vielleicht ist es besser, Sie üben sich etwas in Geduld. Sie wird schon vernünftig werden.«
    »Darauf kann ich mich nicht verlassen. Das ist mir zu unsicher«, beharrte Kanter.
    Es war ihm die Position der Direktorin eines seiner größten Hotelkomplexe wert, seine Tochter zu bekehren. Und dieser Komplex befand sich nicht irgendwo, sondern auf der idyllischen Kanarischen Insel Gomera.
    Eingedenk eines solchen Angebotes gab Michaela es auf, ihren Chef von seiner Idee abzubringen. So eine Chance würde sich ihr nie wieder bieten. Denn im Gegensatz zu Tanja Kanter bekam sie derartige Stellen nicht automatisch und von Geburt wegen angeboten. Sie musste dafür kämpfen. Erst, um sie zu bekommen, dann, um sie zu behalten.
    Wenn Tanja Kanter meinte, die widerspenstige Tochter geben zu müssen und ihr Vater sich nicht besser zu helfen wusste, als seine Tochter mittels einer kleinen Intrige zu bekehren, brauchte sie, Michaela, kein schlechtes Gewissen zu haben, davon zu profitieren. Zumal die Alternative in diesem absurden Spiel für sie bedeutete, drei Jahre harter Arbeit im Unternehmen Kanter in den Wind zu schreiben. Sie war jetzt sechsunddreißig. Zu alt, um in einem anderen Unternehmen noch einmal von vorn anzufangen. Warum sollte sie in dieser Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter die Leidtragende sein? Das konnte sie sich nicht leisten.
    Auf der Fahrt nach Hause überdachte Michaela das merkwürdige Gespräch mit ihrem Chef. Sie schwankte immer noch zwischen Unglauben und Aufregung. Der in Aussicht gestellte Job war der Traum! Sie wäre schön dumm gewesen, da nein zu sagen.
    Sie bog um die letzte Ecke vor ihrem Wohnhaus, trat beherzt auf die Bremse und parkte auf dem Stellplatz mit ihrem Nummernschild. Der Motor ihres BMW verstummte. Sie schwang sich aus dem Wagen, schloss ihn ab und lief beschwingt zur Haustür, die Treppe hoch zu ihrer Wohnung. Die Tür zum Appartement flog auf. »Bin zu Hause!« rief sie laut. Ein kurzer Blick auf die Garderobe, und sie stellte fest: Vanessas Jacke hing nicht am Haken.
    In der Küche fand sie dann auch den Zettel: »Warte nicht auf mich. Es kann spät werden. Vanessa.«
    Michaela seufzte. Die Nachricht versetzte ihrer guten
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