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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Autoren: Julia Arden
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Lösung für das Problem, säßen Sie nicht hier. Und bei näherer Betrachtung ist die Rolle, die ich Ihnen zugedacht habe, so schlimm nun auch wieder nicht. Natürlich wird sich Ihr Einsatz auch für Sie auszahlen.«
    Das Unbehagen in Michaelas Bauch breitete sich aus. »Sie klingen, als würden Sie mich gleich bitten, einen Versicherungsbetrug zu decken«, versuchte sie zu scherzen.
    Kanter verzog leicht den Mund. »Nein. Ich fürchte, die Angelegenheit ist etwas komplizierter.« Er holte tief Luft. »Sie wissen, ich habe eine Tochter. Tanja. Haben Sie sie mal getroffen?«
    »Ich wüsste nicht.«
    »Nein. Ich auch nicht. Tanja hält sich normalerweise nicht in unseren Büros auf. Das ist ja das Problem. Sie hat sogar ein Praktikum in der Firma strikt verweigert. Genau wie den Besuch einer Hotelfachschule.«
    »Hört sich an, als schwärmte Ihre Tochter nicht gerade für unsere Hotelgruppe.«
    »Sie sagen es. Tanja ist jetzt fünfundzwanzig, auf dem Weg, ihr BWL-Studium mit Bestnoten abzuschließen, und es wäre genau der richtige Zeitpunkt, dass sie in die Firma einsteigt, die sie ja später einmal führen soll. Die Stelle als Wirtschaftsdirektorin in unserem Hamburger Hotel war für ein halbes Jahr für sie vorgesehen. Tanja hat auch dies abgelehnt. Aber nicht nur das. Sie verkündete, sie dächte nicht daran, in das Unternehmen zu kommen, schon gar nicht, es später einmal zu übernehmen. Alle meine Versuche, sie zur Vernunft zu bringen, scheiterten.«
    »Vielleicht eine Angstreaktion«, meinte Michaela. »Könnte ja sein, Ihre Tochter glaubt der Aufgabe nicht gewachsen zu sein.« Sie konnte immer noch nicht sehen, was Walter Kanter eigentlich von ihr wollte. Wie sollte sie ihm da helfen? Es sei denn . . . sollte sie für seine Tochter einspringen? Das wäre ja toll! Ein halbes Jahr in einer leitenden Position in Hamburg! Endlich nicht mehr Lückenbüßerin, sondern ein eigener Verantwortungsbereich. Aber wenn es das war, warum schickte er sie nicht einfach hin und fertig? Warum machte er es so umständlich? Und warum sprach er von Hilfe in einer privaten Sache?
    »Nein. Tanja ist keine ängstliche Natur. Sie ist still. Ja. Oft in sich zurückgezogen. Wer sie nicht kennt, könnte glauben, sie wäre ängstlich. Aber dieser Eindruck trügt. Sie ist nur etwas lebensunerfahren, wie man so schön sagt. Aber ansonsten schon sehr stark. Sie wirft mir einfach vor, dass ich mich nach dem Tod ihrer Mutter nicht um sie gekümmert hätte. Ich wäre nie für sie dagewesen, immer nur für meine Arbeit. Das will sie mir jetzt heimzahlen, indem sie mir verweigert, das Familienunternehmen weiterzuführen. Eine absolut kindliche, trotzige Reaktion. Sie vergisst dabei völlig, dass ich all das nicht nur für mich aufgebaut habe. Ihre Zukunft wollte ich sichern.«
    Michaela hatte aufmerksam zugehört. Die Kantersche Familiengeschichte war also durch den frühen Tod von Kanters Frau, Tanjas Mutter, belastet worden. Das Kind fühlte sich vernachlässigt. Na schön. »Ich verstehe ehrlich gesagt immer noch nicht, was ich da tun soll«, sagte Michaela.
    Walter Kanter schaute Michaela eindringlich an. »Sie sollen Tanja umstimmen.«
    »Ich?« Michaelas Irritation überraschte Kanter nicht. Natürlich fragte sie sich, wie er darauf kam. »Ich kenne Ihre Tochter doch gar nicht. Warum sollte sie ausgerechnet auf mich hören?«
    Kanter nickte. Diese Einwände hatte er erwartet. »Sie sollen ja auch nicht einfach zu Tanja gehen und ein Gespräch mit ihr führen. Ich denke . . . was Tanja braucht, ist eine Freundin. Eine, die sie, wenn sie erst ihr Vertrauen gewonnen hat, darauf hinweist, wie dumm sie sich verhält.«
    Michaela begriff nur sehr langsam, was Kanter da eigentlich sagte. Als sie es endlich zusammenhatte, konnte sie nicht glauben, dass er es ernst meinte. »Sie wollen, dass ich mich mit ihrer Tochter anfreunde, um sie dann in Ihrem Sinne zu beeinflussen?«
    Kanter holte tief Luft. »Sie sind jung, nur wenige Jahre älter als Tanja, haben ein klares Ziel vor Augen. Tanja braucht eine Freundin wie Sie, die ihr zeigt, worauf es im Leben ankommt.«
    »Warum lassen Sie ihr nicht einfach etwas Zeit?« schlug Michaela vor. »Sie wird sich schon besinnen.«
    Kanter schüttelte den Kopf. »Da kennen Sie Tanja schlecht. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann ist sie nur schwer vom Gegenteil zu überzeugen. Man darf sich nicht von Tanjas Äußerem täuschen lassen. Sie sieht nicht sehr robust aus, ist mehr der leise Typ. Das
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