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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
Autoren: Luc Deflo
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    Freitag, 21 . November – 17  Uhr 15
    Y vette Serneels, eine rundliche junge Frau, lächelte zufrieden, ja, überglücklich, als hätte sie, nachdem sie jahrelang davon geträumt hatte, soeben im Lotto gewonnen. Trotz ihres beachtlichen Bauchumfangs erklomm sie recht schnell die Treppe, Bürste und Staubwedel in der einen, einen Eimer mit schwappender Seifenlauge in der anderen Hand. Ihre Blümchenschürze streifte das Geländer, als sie schwungvoll um die Ecke bog und das Gästezimmer ansteuerte.
    Vor dem Kippfenster, das Ausblick auf den verwahrlosten Garten bot, blieb sie stehen. Sie fuhr mit den Fingerspitzen über ihren Bauch, lächelte erneut und begann, mit energischen Armbewegungen die Fensterscheibe einzuseifen und abzuledern. Während sie anschließend Atem schöpfte, knüllte sie Zeitungspapier zusammen.
    Zeitungen gibt es ja wahrhaftig genug im Haus. Wird Zeit, dass er mal was anderes unternimmt, als immer nur die Nase in Käseblättchen zu stecken.
    »Aber ich muss doch Arbeit finden!«, sagte sie, den nöligen Tonfall ihres Gatten imitierend.
Zeitung lesen, DVDs gucken und bis mitten in der Nacht im Internet surfen, das kann er. Aber Arbeit finden?
    Sie pfiff eine fröhliche Melodie, trommelte mit den Fingern auf der Fensterbank den Takt und wienerte drauflos, mit Zeitungspapier, wie sie es von ihrer Mutter gelernt hatte. Die Sorgen konnten ihr für heute gestohlen bleiben.
    Hoffentlich ist die schöne Wiege noch da! Und hoffentlich findet er das Geschäft wieder.
    In Gedanken hörte Yvette Serneels schon ihre Nähmaschine rattern. Die antiallergene Füllung und der Bezugsstoff, pastellgrün kariert mit Teddybären, lagen schon lange bereit.
    Nur noch Maß nehmen, dann kann es losgehen. Gleich nach dem Essen.
    Sie begutachtete ihr Werk, nickte zufrieden und strich sich erneut mit einer liebevollen Geste über den Bauch.
    Caroline. Nein, kein Bram. Es wird eine Caroline.
    Sie sah auf ihre Armbanduhr. Fünf vor sechs.
    Der Antiquitätenladen schließt doch um halb sechs? Ach, Herman.
    Seine Jeans lag in der Ecke. Eine Hand auf den Oberschenkel gestützt, beugte sie sich vornüber und hob die Hose seufzend auf.
    Gott sei Dank, endlich hat er eine neue angezogen. Die hier steht ja schon fast von allein.
    Sie hob die Jeans an den Beinen hoch, schüttelte sie und kehrte die Taschen von innen nach außen.
    Er wird doch wohl nicht zu den Huren gegangen sein?
    Ihr Kichern erstarb, als ein Schlüsselbund zu Boden fiel. Sie hob ihn auf, blickte ihn neugierig an und lächelte verschmitzt. Die Hände in die breiten Hüften gestemmt, sah sie über die Schulter zur letzten Tür des Einbauwandschranks und spitzte die Lippen.
    Die feinen Härchen auf ihrer Oberlippe zitterten, als sie tief ausatmete und murmelte: »Hm, warum nicht. Wahrscheinlich sieht’s da aus wie Kraut und Rüben.«
    Entschlossen öffnete sie die Resopaltür mit Kieferdekor. Aus dem Eimer schwappte Seifenschaum, als sie sich durch den dunklen Gang dahinter tastete, wobei sie heftig mit dem Staubwedel nach den Spinnen schlug, von denen es in dem kleinen Bauernhaus nur so wimmelte.
    Sie gelangte zum Arbeitszimmer ihres Mannes. Der vierte Schlüssel passte. Mit lautem Klicken sprang das Schloss auf.
    Die Tür quietschte in den Scharnieren, und ihr schlug ranziger Fettgeruch entgegen. Als sie das Licht einschaltete, stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Im schwachen Schein der nackten Glühbirne überblickte sie das Chaos.
    Das ist ja noch schlimmer als gedacht. Viel schlimmer. Was für eine Schweinerei.
    Yvette Serneels lief es eiskalt den Rücken herunter. Unter dem Dachfirst, genau über dem wackligen Tischchen, an dem ihr Gatte nächtelang im Internet surfte, hing ein riesiges Spinnennetz.
    Sie blieb daher zunächst in der Mitte des Zimmers und begann mit dem Mut der Verzweiflung, die leeren Frittenschalen und das zerknüllte Einwickelpapier aufzuheben, das überall herumlag.
    Mit gekrümmtem Rücken näherte sie sich allmählich dem Tisch, immer wieder nervöse Blicke auf das Spinnennetz werfend, das im Luftzug hin- und herwehte, genau über dem leise summenden PC ihres Mannes. Mitten in dem Spinnennetz gähnte ein großes Loch.
    Sie fuhr behutsam mit dem Federwisch über die Tastatur und wirbelte eine Staubwolke auf. Als sie niesen musste, berührte sie mit dem Ellbogen eine Taste. Der Bildschirm leuchtete auf. Im blauen Lichtschein schimmerten zwei leergesogene Fliegenleichen.
    Yvette Serneels trat einen Schritt zurück und wischte
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