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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
Autoren: Julia Arden
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Laune einen deutlichen Dämpfer. Vanessa war also wieder mit einer ihrer unzähligen Freundinnen unterwegs. Dabei hätte Michaela gerade heute den Zuspruch ihrer Lebensgefährtin gebraucht. Nun würde sie, statt mit Vanessa über ihr kurioses Erlebnis vom Nachmittag zu reden – und über die absonderlichen Probleme reicher Leute zu lachen – den Abend allein verbringen und darüber nachgrübeln, ob es nicht doch ein Fehler war, Kanters Angebot anzunehmen.
    Moralisch einwandfrei war es jedenfalls nicht. Andererseits – abzulehnen war genauso verkehrt, weil karrieretechnisch der reine Selbstmord.
    Michaela ging zum Kühlschrank. Da sie zum Abendessen nicht mit Vanessa zu rechnen brauchte – aus Erfahrung wusste sie, die Formulierung es kann spät werden bedeutete, Vanessa kam nicht vor zwei Uhr morgens heim – würde sie sich mit ein paar Rühreiern begnügen.
    Zehn Minuten später bugsierte Michaela die goldgelbe, nach Speck und Zwiebeln duftende Eimasse auf einen Teller. Sie setzte sich an den Küchentisch und aß. Erneut wanderten ihre Gedanken zu Vanessa, zu ihrer Beziehung mit ihr. In letzter Zeit kam es immer häufiger vor, dass Vanessa abends allein wegging. Allein ohne Michaela, nicht allein ohne andere.
    Vanessas Auffassung von Beziehung war sehr eigenwillig. So eine mit viel Freiheit für beide Seiten und Unabhängigkeit voneinander. Michaela vermutete den Grund dafür in Vanessas unbändigen Lebenshunger. Sie gehörte zu den Menschen, die ständig Angst hatten, etwas zu verpassen, deshalb musste immer etwas passieren, am liebsten immer mit neuen Leuten. Und die lernte Vanessa auch ständig kennen.
    Michaela hatte das alles gewusst, als sie sich auf Vanessa eingelassen hatte. Es hatte damals keine Rolle gespielt, weil sie überzeugt gewesen war, Vanessa würde sich bei ihr ändern. Für sie.
    Michaela konnte Vanessa jede Menge Abwechslung bieten, daran hatte es nicht scheitern sollen. Zudem würde Vanessa sicherlich ein wenig ruhiger werden.
    Welch schöne, aber leider sehr naive Vorstellung.
    Vanessa hatte sich zwar die ersten drei Monate ein wenig zurückgenommen, aber das war es dann auch gewesen. Michaelas zahlreiche Versuche, ihre Geliebte für mehr Privatleben, mehr Zweisamkeit zu gewinnen, scheiterten kläglich.
    Die fand das öde und altmodisch, und alle Diskussionen endeten mit Vanessas Ultimatum: »Wenn du mir nicht meinen Freiraum lässt, dann ziehe ich lieber wieder aus.«
    Also gab Michaela klein bei. Sie wollte Vanessa nicht verlieren, denn sie liebte ja gerade Vanessas Temperament, ihre Spontaneität, ihre Energie.
    Einige von Michaelas Freundinnen äußerten sich skeptisch und vermuteten, dass Vanessa ihre erzwungene Freiheit nutzte, um mit anderen Frauen herumzumachen. Worauf Michaela nur die Antwort einfiel, dass Vanessa, wenn sie das wirklich wollte, immer eine Gelegenheit finden würde. Sie vertraute Vanessa, was das anging. Vanessa war einfach ein Mensch, der sich nicht einengen lassen wollte. Michaela hatte das akzeptieren gelernt. In einer Beziehung musste man sich eben arrangieren.
    Vanessa entschädigte sie dafür reichlich in den gemeinsamen Stunden. Na ja, in letzter Zeit vielleicht weniger, aber in einer Beziehung gab es nun mal gute und weniger gute Zeiten.
    Die Aussicht auf einen baldigen Aufenthalt auf Gomera würde Vanessa umhauen und ihrer Beziehung neuen Auftrieb geben. Abgesehen vom Karriereschub ein weiterer angenehmer Aspekt ihres Arrangements mit Kanter. Einer, an den sie bisher noch gar nicht gedacht hatte.
    Michaela fühlte sich gleich wieder etwas unbeschwerter.
    Und deine letzten dummen Gewissensbisse wird Vanessa auch zerstreuen. Kein Zweifel! Darin ist sie nämlich richtig gut. Um dein Glück voranzutreiben, brauchst du nur noch einen Plan, wie du dein erstes, »zufälliges« Zusammentreffen mit Tanja Kanter herbeiführst.

2.
    M ichaela saß in ihrem BMW und blickte konzentriert in den Seitenspiegel, den sie so eingestellt hatte, dass sie die Ausfahrt der Kanterschen Villa beobachten konnte. Tanja besaß einen kleinen Rover Mini, wie Michaela von Walter Kanter wusste. Und sie fuhr jeden Morgen in die Uni.
    Michaela wartete seit ungefähr zwanzig Minuten, dass sich der kleine Wagen in der Ausfahrt zeigen würde. Nervös trommelte sie mit den Fingern auf das Lenkrad.
    Moment! Tat sich da was? Michaela rückte automatisch mit dem Gesicht näher an die Seitenscheibe, um besser in den Spiegel sehen zu können. Ja, endlich! Ein Mini stoppte in der
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