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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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wann die Menschen damit begannen, als Paare zusammen zu schlafen. Ob das ein Teil der Menschwerdung war?
    Diese Betthöflichkeit, von der du schreibst, die Kopfkissendiplomatie, daran kann ich mich vage erinnern. Die leichte Beklemmung, die zwei Menschen erfasst, die sich noch nicht gut kennen und die plötzlich so dicht zusammen sind. Sich jemandem schlafend zu zeigen heißt ja auch, sich wehrlos, unbewusst zu zeigen. Dass du dir ein Kissen unter den Arm stopfst, finde ich rührend. Das lässt so viel Platz für psychologische Erwägungen …
    Aber wie ist das Aufwachen mit Anna? Ist ja immer so ein Moment der Wahrheit. Ich finde, wenn du eine Frau kurz nach dem Aufwachen schön findest, dann wird das auch in allen anderen Lebenslagen so sein. Es ist wie beim Hauskauf, wenn du mir diesen etwas unromantischen Vergleich erlaubst. Man sollte ein Sommerhaus möglichst im Februar kaufen, wenn es grau und kalt ist. Was dir im Februar gefällt, wird dich im Sommer in Verzückung setzen.
    Nur mal so als Tipp für die Zukunft.
    re:
    Lieber Maxim, ich habe Anna noch nicht unter Immobiliengesichtspunkten betrachtet. Mache ich aber gleich morgen. Guter Tipp!
    Ich könnte dir erzählen, dass wir im Bett liegen und die ganze Nacht nicht schlafen, weil wir so aufgeregt sind. Wir liegen nackt nebeneinander, aufeinander, wir streicheln uns einen Wolf, haben Sex, und dann schauen wir ins warme Mondlicht, und dann haben wir wieder Sex, und dann streicheln wir uns wieder einen Wolf, und dann hören wir, wie die Stadt still wird, immer stiller, bis nur noch wir beide übrig sind. Anna und ich.
    Oft ist es aber so: Ich schlafe auf dem Sofa. Oder Anna schläft auf dem Sofa. Weil ich wieder zapple. Ich bin der Schlafstörer. Der Bettbauer.
    Es geht besser mit viel Alkohol, das habe ich festgestellt. Aber wir können uns nicht ständig die Birne zuknallen, nur für den Schlaf. Oder ein Fläschchen Wodka unter dem Bett stehen haben. Und Gurkenscheiben und Gingerale und Eiswürfel für einen Wodka-Mu le.
    Anna geht meist mit einer Wärmflasche ins Bett. Wir liegen dann zu dritt im Bett. Sie, ich und die Wärmflasche. Es ist, als würde eine Katze am Fußende liegen. Nur ohne Fell. Eine nackte Gummikatze mit heißem Wasser im Bauch.
    Ich bin fast vierzig, Maxim. Anna ist Mitte 30. Wir sind erwachsen. Und ich glaube, jetzt ist das alles auch Arbeit. Zumindest mehr Arbeit als mit 20 oder 25. Das Zusammenkommen, das Verlieben ist jetzt ein Prozess ähnlich der Annäherung zwischen zwei Ländern. Wenn man Glück hat, sind es zwei etwa gleich große, gleich starke Länder auf dem gleichen Kontinent ohne Zeitverschiebung. Aber selbst dann: Man hat Traditionen, Gewohnheiten, eine Geschichte, ein Waffena rsenal, Werte, Ideologien, ein Erbe, Landschaften und ein Klima. All das muss man jetzt irgendwie anpassen.
    Vor allem aber muss man abrüsten. Seine Waffen strecken. Habe ich Lust darauf? Will ich das durchziehen mit aller Konsequenz? Mein Land aufgeben?
    Ich bin erst mal für Konföderation. Nicht gleich für Vereinigung. Währungsunion meinetwegen, gemeinsame Außenpolitik, gemeinsamer Binnenhandel, gemeinsame Olympiamannschaft. Aber eigenständige Regierungen. Anna spricht manchmal von einem Wunder, dass sie mich nicht scheiße findet. Auch nach drei gemeinsam verbrachten Tagen noch nicht.
    Das finde ich eine gute Beschreibung. Sehr altersgerecht.
    Ich schätze, Liebe kann vielleicht beginnen, wenn man jemanden nach drei gemeinsam verbrachten Tagen immer noch nicht scheiße findet.
    aw:
    Mein lieber Jochen, ich bin etwas überrascht, muss ich zugeben. Ich habe mir eure ersten Wochen anders vorgestellt. Aber ich unterschätze wohl, wie wahnsinnig alt ihr schon seid. Ich vergleiche eure Annäherung mit Erinnerungen an meine Annäherungen, aber das kann man wohl gar nicht vergleichen. Ich finde es sehr lässig von Anna, eine Wärmflasche mit ins Bett zu nehmen.
    Trotzdem ist es erstaunlich, was ihr da macht. Also für mich. Ich habe das Gefühl, du springst in eine Phase der Beziehung, die ich auch gerade mit Catherine erreicht habe. So eine eher pragmatische Phase. Man weiß, dass man den Schlaf braucht, deshalb steckt man sich Stöpsel in die Ohren. Oder weicht auf das Sofa aus. Catherine schmeißt mich aus dem Bett, wenn ich schnarche. Ich bin auch ein Schlafstörer. Aber womöglich hat das alles gar nichts mit der Reife der
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