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006 - Der Teufelsbeschwörer

006 - Der Teufelsbeschwörer

Titel: 006 - Der Teufelsbeschwörer
Autoren: A.F.Morland
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West hörte die Rufe der Männer.
    Er stürmte einen steilen Pfad hoch. Seine Knochen schmerzten. Er haßte diese Menschen, die seinen Tod wollten. Sollte er mit dem Leben davonkommen, dann würde er sie sich einzeln vornehmen.
    Er hatte sich ihre Namen gemerkt. Unauslöschlich hatten sie sich in sein Gehirn eingebrannt.
    Diejenigen, die es gewagt hatten, Hand an ihn zu legen, würde er grausam bestrafen. Er würde sie und ihre Familien ausrotten. Von diesem Dorf nahe London würde nicht mehr viel übrigbleiben, wenn er seine Rache beendet hatte.
    Eine Lichtung.
    Julian West überquerte sie mit langen Sätzen. Es war eine kalte, mondlose Dezembernacht. Man schrieb das Jahr 1681. Es war die Zeit der Hexenverfolgungen, der Inquisition. Die Kirche wollte mit dem Bösen endlich reinen Tisch machen. Manchmal gab es dabei Auswüchse und Irrtümer, aber die über die Länder rollende Säuberungswelle traf auch oft die Richtigen.
    Weiter! Weiter! hämmerte es in Julian Wests erhitztem Kopf.
    Er tauchte wieder in den Wald ein. Ein schwarzer, vager Schatten nur, dessen Umrisse mit der Finsternis verschmolzen. Die Nacht war eine Verbündete des Bösen. In ihrem Schutz geschahen viele schreckliche Dinge. Auch West hatte zumeist nachts Grauenvolles getan. Er hatte Menschen gequält, Kinder getötet und ihre Seelen dem Satan zum Geschenk gemacht. Er hatte mittels Beschwörung Frauen im Wochenbett auf schmerzvolle Weise umkommen lassen, hatte mehrmals versucht, die Dorfkirche zu entweihen, und als er sich gestern am Dorfgeistlichen vergriff – der Mann mußte nach London ins Krankenhaus gebracht werden –, war das Maß voll.
    Die Dorfbewohner wollten nichts mehr hinnehmen.
    Sie beschlossen, zurückzuschlagen.
    Ebenso hart und unerbittlich, wie West es immer tat.
    Der Hexer stolperte über eine armdicke Wurzel, die sich aus dem Boden krümmte. Er verlor das Gleichgewicht, fiel nach vorn, knallte mit der Schulter gegen den dicken Stamm eines alten Baumes. Ein Schmerz durchzuckte Schulter und Arm und raste auch in den Nacken.
    Julian West zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen.
    Die leuchtenden Fackeln kamen näher.
    »Da ist er!« rief einer der Dorfbewohner.
    Das Licht der Fackel traf den Hexer und riß ihn gnadenlos aus der Dunkelheit. Sofort zog sich die Kette der Verfolger zusammen.
    Alle strebten auf denselben Punkt zu.
    Ihr Ziel war Julian West.
    »Noch habt ihr mich nicht!« knurrte der Hexer. »Ihr habt mich noch lange nicht!«
    Der Mann, der ihn entdeckt hatte, hob einen kindskopfgroßen Stein auf und schleuderte ihn nach Julian West. Der Hexer spürte einen harten Schlag gegen die Magengrube und krümmte sich zusammen.
    Wie ein gehetztes Tier wirbelte er herum und setzte die Flucht fort. Er übersprang das dünne Rinnsal eines jungen Baches, verließ den Pfad, kämpfte sich den Hang hinauf. Die weiche Erde gab manchmal nach. West rutschte aus, fiel, sprang auf, keuchte weiter.
    Der Wald lichtete sich wieder.
    Nur noch vereinzelte Bäume.
    Auch sie blieben zurück.
    Vor Julian West krümmte sich ein Wiesenbuckel. Ein Hügel, auf dem eine alte, morsche Windmühle stand. Seit langem war sie nicht mehr in Betrieb, dem Verfall preisgegeben. Die Fackelkette folgte dem Hexer. West rannte auf die Mühle zu, stieß die Tür auf und verbarrikadierte sich.
    Der Fackelschein kreiste die Mühle ein.
    Julian West schaute durch die Bretterritzen, sah erhitzte Gesichter. In den glänzenden Augen der Männer war Zufriedenheit zu erkennen. Sie hatten es geschafft. Die Bestie saß in der Falle. Julian West hatte sich selbst gefangen. Es gab für ihn kein Entkommen mehr.
    »West!« rief James Cowley, der Anführer der Verfolger. Ein bärenstarker Mann. Der Dorfschmied. »Hexer West, komm heraus!«
    James Cowley rasselte mit einer dickgliedrigen Kette. Damit wollte er Julian West fesseln.
    »Ich denke nicht daran!« schrie der Hexer haßerfüllt.
    »Du hast keine Chance!«
    »Der Teufel wird euch alle holen!«
    »Wir fürchten deine Verbündeten nicht, denn hinter uns steht die Macht des Guten!«
    Julian West blickte sich gehetzt um. Gab es wirklich keine Möglichkeit, diesen aufgebrachten Männern zu entkommen? Eine steile Treppe führte nach oben. Der Hexer hetzte sie hinauf.
    »Hexer West!« rief Cowley. »Zum letztenmal: komm heraus!«
    »Zum letztenmal: nein!« schrie Julian West von oben auf die Männer hinunter.
    »Wir stecken die Mühle in Brand!«
    »Tut, was ihr nicht lassen könnt!«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    »Mein
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