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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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Beziehung, sondern mit dem eigenen Alter zu tun. Wir zappeln, wir schnarchen, wir haben empfindliche Ohren und kalte Füße. Und wir sind schon zu erwachsen, um das alles im romantischen Nebel ver schwinden zu lassen. Es ist eine neue Sachlichkeit, die mir in meiner Ehe normal vorkommt und mir bei dir und Anna seltsam erscheint. Vielleicht weil ich dieses Klischee im Kopf habe, Jungverliebte dürfen nicht auf dem Sofa schlafen. Aber das ist mein Problem, nicht eures.
    Gibt es denn Momente, in denen dir alles zu schnell geht? Du hast mir doch Vorträge darüber gehalten, welche Schwierigkeiten, Probleme und Fragen du normalerweise hast, wenn eine Frau nur mal zufällig an deinem Haus vorbeigeht. Und jetzt scheint alles einen ruhigen, erwachsenen Gang zu gehen. Wie kommt das? Was ist los mit dir? Du bist der Single, der sehnsüchtige Mann mit den vielen Fragen, vergiss das nicht!
    re:
    Lieber Maxim, es gibt keine neue Sachlichkeit. Das Einzige, was es gibt, ist die sehr unwahrscheinliche Chance auf ein Wunder. Zwischen einem mittelalten Typen mit wenig Liebesglauben und zehn Jahren Beziehungsauswilderung und einer schwarzhaarigen Halbbrasilianerin aus Hannover mit leichtem Schlaf, die mal verheiratet war. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide zusammenfinden, zusammenbleiben? Wie viel Geld würdest du auf mich setzen, dass ich es nicht versaue? Insofern: Betrachte mich als Wunder.
    Gefühle, das habe ich bemerkt, sind für mich etwas Abstraktes geworden. Eher so ein Ding aus dem Weltall. Ich habe die ganzen Jahre einen Haufen Zeit darauf verwendet, mir große Gefühle und Sehnsüchte abzutrainieren, ohne sie auszukommen, sie nicht zu brauchen, weil man dann in meiner Welt sehr anständig leben kann. Frei und wahrhaft ungebunden.
    Jetzt soll ich das alles wieder mit Leben füllen. Beatmen. Betanken.
    Das geht sehr langsam, Maxim. Mit der Pferdekutsche durch Europa, über die Alpen – so langsam. Ich bin in keiner Beziehung, aber ich bin in einer Phase, wo ich sage: Es ist einen Versuch wert.
    Ich habe einen Freund aus der MOIG , der sich gerade in eine Frau mit zwei Kindern verliebt hat. Ich habe einen anderen Freund aus der MOIG , der verheiratet ist, die Frau verließ und dann nach einem Jahr wieder zurückging, nicht aus Liebe, sondern wegen der gemeinsamen Tochter. Und vielleicht auch, weil er es nicht aushielt allein. Das sind die Geschichten, die es gibt mit Ende dreißig. Die mich umgeben, immer öfter jetzt. Meine Liebesrealität. Erwachsenengeschichten.
    PS : Anna und ich sind jetzt übrigens zusammen.
    aw:
    Ihr seid zusammen??!!
    re:
    Sagt Anna.
    aw:
    ????
    re:
    Ich habe Anna vom Flughafen abgeholt, als sie aus Los Angeles kam.
    aw:
    Und? Ich hole ständig Leute vom Flughafen ab. Meistens meine Schwiegereltern.
    re:
    Es gibt anscheinend so einen Frauen-Flughafencode. Wusste ich auch nicht. Aber Anna weiß es. Hat sie mir gestern Abend erklärt.
    Â»Schlechte Nachrichten. Wir sind jetzt übrigens zusammen«, sagte sie.
    Â»Sind wir?«, fragte ich.
    Â»Ja, klar. Du hast mich vom Flughafen abgeholt«, sagte sie.
    aw:
    Ich verstehe überhaupt nichts mehr.
    re:
    Ich auch nicht.

Tag 39
    An dem ein Gemüsebeet angelegt wird und eine späte Suche nach der Sehnsucht beginnt
    Lieber Jochen, ich bin froh, dass ich wieder in meinem ruhigen Arbeitszimmer sitzen kann, im Erdgeschoss. Vor meinem Fenster wächst ein Ranunkelbusch, blüht eine Magnolie. Ich mag diesen frühen Frühling, die hellgrünen Blätter, die gelben Forsythien. Früher habe ich im Frühling versucht, mich zu verlieben. Heute schaue ich, wie viele Blütenknospen der Flieder hat.
    Die letzten vier Tage waren anstrengend, meine Schwiegereltern waren zu Besuch. Das sind nette Leute, ich mag sie, aber es ist trotzdem anstrengend. Ich weiß nicht, ob du dir das vorstellen kannst, Jochen? Eine Frau, zwei Kinder und die Schwiegereltern begleiten dich den ganzen Tag. Mein Schwiegervater fragte mich heute morgen um halb acht, wie ich die Europolitik der Bundesregierung einschätze. »Hmm«, habe ich gesagt.
    Am Wochenende haben wir alle zusammen im Garten gearbeitet. Mit meinem Schwiegervater baute ich einen Zaun für unser Gemüsebeet, mit Catherine pflanzte ich zum ersten Mal Kartoffeln. Frühkartoffeln. Ich weiß nicht, ob dich so was überhaupt interessiert? Natur? Erde?
    aw:
    Nein, interessiert mich nicht. Mich würde aber interessieren,
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