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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot
Autoren: Emily Arsenault
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dein Dad die Leiche verstecken konnte, dann werden sie erst recht glauben, dass er sie bewegt hat.«
    Toby sah zur Seite.
    »Komm schon«, bat ich. »Überleg doch mal!«
    »Und was ist mit Charlotte?«, fragte er. »Soll sie mit zu dem Plan gehören?«
    »Ich weiß nicht. Ist das wichtig? Darüber muss ich noch nachdenken. Schließlich fange ich gerade erst an zu überlegen.«
    »Wenn du behaupten willst, dass du den Collegeblock in Charlottes Haus gefunden hast, dann musst du sie auch einweihen. Sonst lenkst du den Verdacht auf ihre Familie.«
    »Ah«, sagte ich und dachte darüber nach.
    »Schlaf mal eine Nacht darüber. Überleg’s dir. Verbring am Wochenende etwas mehr Zeit mit Charlotte. Denk auch an diesen Aspekt. Denn wenn du dieses Geständnis machst und sie glaubt, du hast ihr das die ganzen Jahre verheimlicht, spricht sie nie wieder ein Wort mit dir.«
    »Dafür wird sie froh sein, dass ihr Vater nicht mehr verdächtigt wird.«
    »Ihr Vater«, wiederholte Toby kopfschüttelnd. »Stimmt ja. Ihr Dad, genau, das habe ich gehört und wieder völlig vergessen. Es könnte irgendwie komisch aussehen, dass ausgerechnet eine Freundin seiner Tochter aus dem Nichts mit einer verrückten Geschichte ankommt, die ihn entlastet. Hast du daran mal gedacht?«
    »Ich komme nicht aus dem Nichts, sondern ich bin die Hauptzeugin. Ich bin die Einzige, von der sie überhaupt denken, dass sie etwas gesehen haben kann.«
    »Hmm ... Na gut, du hast mich da auf eine Idee gebracht. Aber wir müssen das noch besprechen – sehr genau besprechen, bevor du irgendwas unternimmst. Mach keine Dummheiten, klar? Sag Charlotte noch nichts. Was hältst du davon, wenn wir morgen noch mal reden?«
    »Einverstanden«, stimmte ich zu.
    »Was denkt Charlotte eigentlich, wo du bist?«
    »Sie denkt gar nichts. Ich bin weggegangen, als sie eingeschlafen ist.«
    »Dann gehst du jetzt lieber wieder zu ihr. Wollen wir morgen zusammen einen Kaffee trinken? Bei ›Denny’s‹?«
    »Hört sich gut an«, erwiderte ich. Ich war froh, dass ich meinen Vorschlag nicht weiter verteidigen musste, denn ich war mir noch überhaupt nicht wirklich sicher, dass ich das auch durchziehen konnte. Aber wenn ich müsste, würde ich es schon schaffen. Ich schuldete Toby etwas. Was genau, wusste ich zwar nicht, aber das hier war das Beste, was mir einfiel.
    Toby stand auf und streckte mir seine Hand hin. Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass er mir aufhelfen wollte.
    »Neun Uhr?«, fragte er, während ich aufstand.
    Etwas an seiner rauen Hand in meiner ließ mich zögern. Etwas an der Art, wie er seinen Griff löste. Etwas an seiner lauwarmen Handfläche. Ich versuchte, seine Hand ein klein wenig länger zu halten, und ließ sie dann doch los.
    »Okay«, bejahte ich heiser.
    »Ich muss noch Grillrippchen kaufen«, erklärte Toby, der bereits auf die Pforte zuging. »Und mich um meinen Bruder kümmern. Ich habe ihm versprochen, dass wir heute Abend grillen.«
    Nach allem, was er mir erzählt hatte, kam es mir grotesk vor, dass er nun nach Hause ging und mit seinem Bruder grillte.
    »In Ordnung«, sagte ich trotzdem.
    Auf dem Weg zurück den Hügel hinauf sprachen wir kaum.
    »Nora?«, fragte er, als wir vor dem Hemsworth-Haus ankamen.
    »Ja?«
    »Was auch passiert, was auch immer andere über dich denken – ich weiß, dass du dein Leben in den Griff bekommen hast.« Er hob eine Hand, während er weiterging und mich am Ende der Einfahrt stehen ließ. »Du hast getan, was du tun musstest, und es war das Richtige für dich. So, wie du gesagt hast: Dir geht es gut.«
    Seine Sätze klangen müde und ein bisschen angestrengt freundlich, so, wie man als Gast sagt, dass das Essen köstlich ist, oder wie man einer Braut sagt, dass sie bildschön aussieht.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm danken oder ihm erklären sollte, dass er solche Sachen nicht zu sagen brauchte.
    »Auf Wiedersehen, Nora«, rief er.
Mystische Stätten
Januar 1991
    Inzwischen hatte Charlotte kapiert, dass sie nicht versuchen sollte, vom Bus aus mit mir nach Hause zu gehen. Wochenlang hatte ich mich im Bus ganz vorn hingesetzt, sodass ich an der Haltestelle sofort hinauskonnte. Noch bevor die anderen ausstiegen, rannte ich schon den Hügel hinauf.
    Diesmal jedoch stieg Toby hinter mir aus und lief mir hinterher.
    »Hey, Nora«, keuchte er.
    »Hey.«
    »Wieso läufst du immer so schnell weg?«
    »Weil es kalt ist. Ich will eben schnell nach Hause.«
    »Und wieso gehst du nicht mehr mit Charlotte
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