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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot
Autoren: Emily Arsenault
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Toby. Ich wollte mich nur für das bedanken, was du angeboten hast, aber ich glaube nicht, dass es funktionieren kann. Trotzdem bin ich froh, dass du zurückgekommen bist. Das habe ich dir, glaube ich, noch gar nicht gesagt.«
    Es folgten eine längere Stille und ein Rascheln. Erst dachte ich, Toby wolle auflegen, doch dann sprach er weiter: »Ist es nicht komisch, dass Leute, mit denen man aufgewachsen ist, wissen, wozu man fähig ist und wozu nicht? Eigentlich nervt das ein bisschen, nicht? Jedenfalls, danke, Nora. Mach’s gut.«
    Die Ansage-Stimme fragte mich, ob ich die Nachricht löschen oder speichern wollte. Doch um das zu entscheiden, war ich viel zu baff. Ich setzte mich aufs Bett, während die Frage noch einmal wiederholt wurde.
    »Wo ist Nora?«, hörte ich Porter im Wohnzimmer fragen.
    »Die schläft noch«, antwortete Charlotte.
    Nein, das tat ich nicht. Aber es war wirklich spät.
    Ich tippte auf das Display, um Tobys Nachricht noch einmal zu hören.

Dreiundzwanzig

    15. Oktober 2007
    Charlotte rief an, um mich zu fragen, ob ich zum zehnjährigen Jubiläum käme.
    Mittlerweile war Toby zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er Rose’ Leiche »in täuschender Absicht« bewegt hatte, und aus Waverly weggezogen. Das Gericht war milde gewesen, nicht zuletzt, weil die Familie Banks ausgesagt hatte, sie würde nicht wollen, dass er für ein Verbrechen bestraft wurde, das sein Vater begangen hatte, als er noch ein Kind war. Dennoch waren die Geschäfte in »Deans’ Auto Body« wegen des Skandals nur noch schleppend gelaufen, sodass Toby und Joe das Haus hatten verkaufen müssen. Eine Großfamilie, die ihre Kinder unbedingt auf die namhaften Schulen von Waverly schicken wollte, kaufte es zu einem Spottpreis. Joe war in der Gegend geblieben, wie Charlotte mir versicherte; er war bei seiner neuen Freundin in Fairville eingezogen. Toby war gen Norden – nach Vermont oder New Hampshire oder so – gegangen und arbeitete dort in einer Autowerkstatt, sofern sein Bruder die Wahrheit erzählte, wenn er gelegentlich im »Atkins« auftauchte.
    Soweit ich wusste, hatte Charlotte nach wie vor keine Pläne, vom Fox Hill wegzuziehen. Aber sie machte jetzt ihren Master und hoffte, Fachleiterin für Englisch werden zu können, wenn nicht an ihrer Schule, dann an einer anderen.
    Über diese Dinge redeten wir bei dem Telefonat allerdings nicht. Hier ging es um unser Zehnjähriges. Charlotte half bei der Organisation und hatte sogar Kelly Sawyer auf der Teilnehmerliste gesehen – also würde es wohl spannend werden. Zwar wisse sie, dass keine große Hoffnung bestehe, aber könne sie mich nicht vielleicht doch überreden, dabei zu sein?
    Natürlich wussten wir beide, dass meine Antwort Nein lauten würde. Ich benutzte die lange Fahrt als Ausrede, außerdem einen Zusatzkurs, den ich gab, und besonders viel Arbeit während der Markt- und Messezeit. In Wirklichkeit fehlten mir die Kraft und die Lust, so bald schon wieder nach Waverly zu fahren – und schon wieder über ein Mädchen zu reden, das in den Bäumen oben am Fox Hill verloren gegangen war, über ein Mädchen, das in der Stille gefangen war, über ein Mädchen, das ich wohl nie verstehen würde.
    Kurz bevor wir auflegten, versprach Charlotte, mir einen ausführlichen Bericht von dem Klassentreffen zu liefern. Fast hätte ich ihr gesagt, sie könne sich die Mühe sparen, bremste mich aber noch rechtzeitig. Ich wollte ja alles hören. Und ich wollte, dass wir einen Grund hatten, wieder miteinander zu telefonieren.
Rätsel vergangener Kulturen
Juli 1990
    Das erste Mal, als ich die Statuen der Osterinsel in jenem Sommer sah, lagen Charlotte und ich mit Rose auf dem Trampolin, wo wir Brezeln futterten, Pepsi tranken und braun werden wollten. Ich war so fasziniert von den Statuen, dass ich gar nicht weiterblätterte, sondern mir den Text durchlas.
    Die Statuen wogen fünfzig Tonnen, erzählte ich Charlotte und Rose. Und keiner wusste, wie sie von dem Steinbruch aus an all die unterschiedlichen Stellen auf der Osterinsel gebracht worden waren, wo sie jetzt standen. Einige der Inselbewohner glaubten, dass die Statuen vor Urzeiten auf magische Art selbst dorthin gegangen waren.
    »Niemand glaubt das wirklich«, behauptete Charlotte und schmierte sich eine zweite Schicht Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor fünfunddreißig auf die Arme. Im Gegensatz zu Rose und mir schien sie nicht unbedingt braun werden zu wollen.
    »Aber das würden die doch nicht sagen, wenn sie
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