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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot
Autoren: Emily Arsenault
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Prolog

    Chicago
    Ein Mann steht am Flughafen, um in ein Flugzeug zu steigen und eine Strecke zu fliegen, die er regelmäßig nimmt. Plötzlich hält er inne. Er weiß nicht, warum, aber etwas bewegt ihn, wieder zu gehen.
    Eine Stunde später brennt das Flugzeug lichterloh.
    Die Geschichte wird als Zufall abgetan ...
    TIME-LIFE -Buchwerbung, ca. 1987
    Als Kind wurde mir jedes Mal eiskalt, wenn diese Werbespots kamen. War ich gerade bei einer der Gameshows meiner Mutter eingenickt, schrak ich an der Stelle auf, setzte mich richtig hin und lauschte. Hockte ich auf dem Boden und spielte mit meinem Spirograf, hielt ich sofort inne, starrte auf den Bildschirm und ließ meinen Buntstift aus den Fingern gleiten. Holte ich mir einen Snack aus der Küche, lief ich umgehend ins Wohnzimmer zurück, um mir den Spot anzusehen. Die unheimliche Synthesizermusik lockte mich wie die Melodie des Rattenfängers die Kinder, und die Geschichten, die mit dieser sonoren Priesterstimme erzählt wurden, fesselten mich weit über den Spot hinaus – gewöhnlich auch dann noch, wenn ich längst im Bett war. Dort lag ich und dachte über die Frau mit dem hellseherischen Traum von den Schulkindern nach, diein einer Lawine starben; über die sich sehr stark ähnelnden Zeichnungen von Aliens, die Entführte angefertigt hatten, die sich noch nie begegnet waren; über den Mann, der mit einem kleeblattförmigen Draht auf Stonehenge zeigte, einen unerklärlichen Energiestoß spürte und ohnmächtig wurde – und nichts davon konnte ich einfach als Hokuspokus abtun.
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    Erst als wir beide elf waren, entdeckten Charlotte und ich, dass ihr großer Bruder Paul seit Jahren mehrere der Bände in seinem Zimmer hortete. Die ganze Zeit waren wir an seiner Tür vorbeigehuscht, hatten uns die Nasen zugehalten, weil es aus Pauls Zimmer dauernd nach schmutziger Wäsche und schimmelnden Milchshake-Resten müffelte – und dabei lagen dort solche Schätze verborgen! Für uns war es, als hätten wir ein heiliges Pergament in den Mülleimern hinter »Denny’s« gefunden. Wie sich herausstellte, hatte Paul die Bücher von dem Geld abonniert, das er sich durch das Austragen von Zeitungen verdient hatte, dann aber das Abo gekündigt, als ihm die Bände schließlich zu öde wurden. Sie seien gar nicht spannend, behauptete er. Und nun hatte er sie aus seinem Zimmer geräumt, weil er Platz für die Stereoanlage brauchte, die er sich kaufen wollte. Er hatte vor, die Bücher wegzuschmeißen, falls Charlotte sie nicht wollte.
    Charlotte bewahrte die fünfzehn Bände in einem Kartonin ihrem Wandschrank auf, unter mehreren Ausgaben von Highlights . Schön waren die Bücher nicht. Mit ihren schwarzen Leinendeckeln und der silbernen Schrift wirkten sie sehr offiziell und erwachsen, wie Highschool-Jahrbücher. Und der Geruch der dicken Hochglanzblätter erinnerte mich an neue Schulbücher, was allerdings wiederum zum Ernst des Inhalts passte. Außerdem schien Paul kaum in den Büchern geblättert zu haben. Die Texte waren schwierig, und Charlotte musste alles aktivieren, was sie in ihrer Lesegruppe für Begabte gelernt hatte, um allabendlich ein paar Seiten durchzuarbeiten. Für mich suchte sie die wichtigsten und spannendsten Abschnitte heraus. Und es gab haufenweise Bilder. Fast täglich brüteten wir über den Büchern und langweilten Charlottes hübsche Babysitterin Rose – mit dem schmutzig blonden Haar und den noch schmutzigeren Ausdrücken – halb zu Tode.
    Dann aber verschwand Rose im November unseres sechsten Schuljahrs – ein Ereignis, durch das die Bücher für uns noch viel wichtiger wurden. Nun dienten sie nicht mehr bloß zur Unterhaltung, sondern wurden zur Anleitung für unsere eigenen Ermittlungen. Denn natürlich wussten wir es besser als die Nachbarn, die tuschelten, Rose sei abgehauen, oder die Polizei, die ihre Spuren kalt werden ließ. Wir waren schlau genug, über die Dinge zu reden, über die die Leute nur ungern sprachen. Die Werbung hatte uns erklärt, dass vieles existierte, von dem wir nichts wussten, aber sie versprach auch, dass die Bücher uns zumindest erklären würden, »was wir wissen könnten«. Und Charlotte und ich
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