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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot
Autoren: Emily Arsenault
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weißen Blumenmuster. Wie sie dasaß, meinen Namen so säuselnd ins Telefon sprach, als wollte sie mich überreden, bei ihr zu übernachten, indem sie hoch und heilig versprach, dass es diesmal keine Gruselfilme gäbe – ein Versprechen, das sie nie gehalten hatte.
    »Ich bin hier«, erwiderte ich. Zumindest so halbwegs . »Woher wissen sie, dass es Rose ist?«
    »Da war irgendwas mit einem Armband und Stofffasern ... Pass auf, ich schick dir einen Artikel per E-Mail, aber ich wollte nicht, dass es dich einfach eiskalt erwischt.«
    Als ich Charlotte zuhörte, konnte ich fast die Pall Malls ihrer Mutter riechen. Ich hätte in ihrer Küche sein sollen, als wir Rose fanden – nicht in dem schicken kleinen Bungalow, in dem Neil und ich versehentlich jedes Zimmer einen Tick zu grell gestrichen hatten.
    Dann hörte ich, wie Charlotte Luft holte.
    »Wo, Charlotte?«
    »Ich bin zu Hause«, antwortete sie matt.
    »Nein. Wo haben sie sie gefunden?«
    »Beim Teich. Adams Pond.«
    »Aber ... haben sie da nicht schon alles durchkämmt, als wir Teenager waren? Mehrmals sogar?«
    »Das weiß ich nicht mehr genau, aber ich glaube, schon.«
    »Wurde sie richtig tief vergraben? Ich meine, woher wussten die, wo sie da suchen sollten?«
    »Keiner wusste irgendwas! Kinder haben ... sie zufällig entdeckt! Da guckte irgendwas aus dem Boden, schätze ich, und ... na ja, ich weiß nicht. Mein Freund Porter hat die ersten paar Geschichten für die Zeitung gemacht, aber die Polizei rückt kaum Einzelheiten heraus.«
    »Dein Freund Porter?«
    »Na, aus der Zeit, als ich bei der Voice war«, erklärte Charlotte seufzend.
    »Aha«, sagte ich.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, so war’s. Und es heißt, dass die Leiche dahin gelegt wurde, vor Kurzem erst, aber ob das stimmt, weiß ich nicht.«
    Ich rutschte an der Wand nach unten, bis ich auf dem Boden saß. »Das ist doch ... verrückt. Unmöglich.«
    »Ich weiß.«
    Im Sitzen atmete ich tief ein und versuchte, alles zu begreifen. Ja, es war real. Ich redete wieder mit Charlotte. Und zwar über Rose . Andererseits hatten wir auch nichts außer Rose, worüber wir hätten reden können. Jahrelang hatten wir uns höflich vorgemacht, dass es nicht so war, doch im Grunde war Rose das Einzige, was uns überhaupt noch verband.
    »Alles in Ordnung mit dir, Nora?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Sitzt du gerade am Computer?«
    »Nein. Wieso?«
    »Ich schicke dir den Artikel.«
    »Soll ich den jetzt gleich lesen?«
    »Na ja ... wenn du willst.«
    Charlottes indirektes Drängen war mir vertraut, und es tat gut.
    »Gib mir ein paar Minuten«, bat ich. »Ich ruf dich wieder an.«
    Dann klappte ich meinen Laptop auf und fand ihre E-Mail, die vor einer Minute eingegangen war. Darin fand ich einen Link zu einem Artikel in der Voice . Ich hatte gar nicht gewusst, dass das Lokalblatt meiner alten Heimatstadt den Sprung ins digitale Zeitalter gewagt hatte.
    LEICHE AUS ADAMS POND WAHRSCHEINLICH VERMISSTES JUNGES MÄDCHEN
    WAVERLY . Bei den menschlichen Überresten, die letzte Woche in der Nähe des Adams Pond gefunden wurden, handelt es sich wahrscheinlich um Rose Banks aus Waverly, die der Polizei zufolge seit 1990 vermisst wird.
    »Wir stehen noch am Anfang unserer Ermittlungen, doch wir glauben, dass es Rose Banks sein könnte. Die Familie ist bereits informiert, und wir hoffen – sollte sich unser Verdacht bestätigen –, dass die Angehörigen nach all diesen Jahren endlich ein wenig Trost finden können«, sagte Carl Fisher, der Polizeichef von Waverly, gestern in der Pressekonferenz.
    Die skelettierten Leichenteile sowie Banks‹ Zahnarztunterlagen wurden ins forensische Labor in Hartford gebracht, wo alles eingehend untersucht wird. Mit den Ergebnissen ist erst in einigen Wochen zu rechnen. Der Leichenbeschauer von Tolland County, Donald Campbell, der eine erste Untersuchung vor Ortvornahm, stellte fest, dass die Tote weiblich und zwischen fünfzehn und zwanzig Jahre alt ist, so Chief Fisher. Laut Campbell ist sie seit mindestens zehn Jahren tot.
    Zwei Jungen fanden die Leiche beim Adams Pond, wo sie angelten. Die Polizei hat den Bereich weiträumig abgesperrt und sucht dort nach weiteren Hinweisen.
    Mit dem Fund wird der sechzehn Jahre alte Banks-Fall wieder aufgerollt, der einzige Vermisstenfall in der Geschichte unserer Stadt. Die sechzehnjährige Banks wurde zuletzt am Abend des 15. November 1990 gesehen, als sie vom Babysitten in Fox Hill nach Hause ging. Die Polizei und Freiwillige suchten
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