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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn
Autoren: Jenna Black
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geschlafen, als er da war.«
    Ihre Augen funkelten vergnügt, als sie in die Tragetasche griff, die sie über die Schulter gehängt hatte. »Ich habe dir etwas viel Besseres mitgebracht.« Sie zog eine Thermoskanne heraus und schüttelte sie kräftig.
    Es war nicht schwer zu erraten, was sich in der Kanne befand, und sobald Kimber den Deckel abgeschraubt hatte, bestätigte meine Nase die Vermutung. Während mir davor graute, das Abendessen herunterwürgen zu müssen, lief mir beim Duft von Kimbers heißem Punsch dagegen sofort das Wasser im Mund zusammen. Vorsichtig schenkte sie mir einen Becher voll ein und reichte ihn mir.
    Der Punsch roch so verführerisch – vor allem, weil der Duft nach Whisky nicht allzu stark war –, dass ich ihn am liebsten in einem Zug getrunken hätte, aber ich zögerte. »Ist das erlaubt?«, fragte ich. »Ich weiß nicht, was für Medikamente ich gerade nehmen muss und …«
    Kimber rümpfte herablassend die Nase. »Heißer Punsch ist die beste Medizin überhaupt.«
    »Ja, allerdings vertragen sich einige Medikamente nicht besonders gut mit Alkohol.« Und ich konnte mir vorstellen, dass wir beide Ärger bekommen würden, wenn die Schwestern hereinkommen und den Schnaps in meinem Atem riechen würden.
    Kimber lachte leise. »Ich habe ihn nach dem ursprünglichen Rezept zubereitet, statt ihn wie sonst immer aufzupeppen. In der ganzen Ladung ist nur ein Esslöffel voll Whisky. Jetzt trink schon, bevor sich diese ekelige Haut auf der heißen Milch bildet.«
    Ich nippte an dem Getränk und stieß ein anerkennendes »Mhm!« hervor. Der Punsch war so dickflüssig und cremig, wie ich ihn in Erinnerung hatte, und Kimber hatte offensichtlich eine Extraportion Honig hinzugefügt, denn er war auch köstlich süß. Es war sicher nur die Kraft der Einbildung, doch ich schwöre, dass meine Kopfschmerzen nach den ersten paar Schlucken augenblicklich nachließen.
    Ich leerte den Becher in null Komma nichts, und Kimber füllte ihn sofort wieder auf. Noch immer war dieser verletzliche, scheue Ausdruck auf ihrem Gesicht.
    »Stimmt was nicht?«, fragte ich und nahm noch einen wohltuenden Schluck.
    Sie atmete tief durch und lächelte mich an. »Ich glaube, Ethan hatte recht, und ich war ein bisschen paranoid.« Das Lächeln erstarb, und sie starrte auf ihre Hände. »Nach allem, was passiert war, hatte ich Angst, du könntest glauben, ich hätte dich in der Boutique in einen Hinterhalt gelockt.«
    Die Vermutung schockierte mich ehrlich. Zwar bin ich durchaus misstrauisch, aber ich hatte keine Sekunde geglaubt, dass Kimber in den Angriff verwickelt gewesen sein könnte, und das sagte ich ihr auch.
    Mir war nicht klar gewesen, wie angespannt sie war, bis ihr gesamter Körper sich entspannte.
    »Wie kommst du darauf, dass ich denken könnte, du hättest irgendetwas mit der Sache zu tun?«, fragte ich sie.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, ich kämpfe noch immer mit meinem schlechten Gewissen wegen … neulich.«
    »Das ist Schnee von gestern«, entgegnete ich und merkte, dass der Zorn, den ich verspürt hatte, als herausgekommen war, dass sie und Ethan mich hintergangen hatten, vollkommen verflogen war. Ich grinste. »Ethan ist davongekommen, weil er mir das Leben gerettet hat. Und du hast mir heißen Punsch gebracht, also kannst du ja nicht so schlimm sein.«
    Kimber erwiderte mein Grinsen. »Ich habe dir ja gesagt, dass heißer Punsch alles richten kann.«
    Vielleicht war es nur der Placeboeffekt, doch nach zwei Bechern von dem Gebräu fühlte ich mich tatsächlich besser. So viel besser, dass ich sogar in der Lage war, mich meinem köstlichen Abendessen zu stellen, das aus Gummihuhn, Kartoffelpüree aus der Tüte und matschigen Erbsen bestand.
     
    Als ich beschloss, für diesen Tag Schluss zu machen und mich hinzulegen, hatte Finn Lachlan wieder abgelöst. Und allmählich begann ich mich zu fragen, warum mich bis jetzt weder mein Vater noch meine Mutter besucht hatten. Mom war möglicherweise zu betrunken, sie hatte schließlich eine ziemlich traumatische Erfahrung gemacht. Aber das erklärte nicht die Abwesenheit meines Dads, und als ich Finn danach fragte, sagte er nur, dass mein Vater ein vielbeschäftigter Mann sei. Er gab sich nicht die Mühe, es wenigstens so klingen zu lassen, als wäre es die Wahrheit. Doch eines wusste ich: Egal, wie viele Fragen ich noch stellte, er würde seine Version der Geschichte nicht ändern.
    Meine Eltern kamen auch am nächsten Tag nicht zu Besuch,
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