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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn
Autoren: Jenna Black
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während Ethan und Kimber beide vorbeischauten. (Und ja, Kimber hatte wieder heißen Punsch dabei.) Ein bisschen hatte ich gehofft, dass auch Keane mich besuchen würde – obwohl seine Laune meiner Gesundheit vermutlich nicht gutgetan hätte –, aber er kam nicht. Es war natürlich dumm von mir, überhaupt damit zu rechnen. Und noch dümmer, verletzt zu sein, weil er mich nicht besucht hatte. Schließlich war er nur mein Lehrer in Selbstverteidigung, nicht mein Freund.
    Ich versuchte, Lachlan darüber auszufragen, warum Mom und Dad nicht vorbeikamen, doch das war ungefähr genauso aufschlussreich und informativ wie das Gespräch mit Finn. Ich hatte ein wirklich blödes Gefühl, aber wenn ich nachhakte, versicherten mir alle, dass es meiner Mom gutginge.
    Am Morgen meines dritten Tages im Krankenhaus ließ Dad sich endlich blicken. Ich hatte noch immer leichtes Fieber, doch ich fühlte mich schon viel besser, und die Schwester, die am Morgen als Erste bei mir gewesen war, hatte mir gesagt, dass ich nach einer letzten Untersuchung durch den Arzt gehen könne.
    Finn hielt Wache; als Dad auftauchte, verließ er jedoch sofort das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Mir gefiel der Ausdruck auf Dads Gesicht nicht – so zurückhaltend und beinahe … vorsichtig. Ich fuhr das Kopfteil meines Bettes hoch, damit ich gemütlich sitzen konnte, denn ich vermutete, dass eine Unterhaltung folgen würde, die ich nicht im Liegen führen sollte.
    Ich hatte mir solche Sorgen um meine Mom gemacht – ganz zu schweigen davon, dass ich wegen meines kleinen Bades in dem Graben traumatisiert war –, dass ich mir nicht die Zeit genommen hatte, um über die Gefühle meines Dads nachzudenken. Doch als ich ihn nun ansah und er schwieg, wurde mir schließlich klar, welche Empfindung ich dort sah, die er zu verstecken versuchte: Schmerz.
    Ich wandte den Blick von ihm und senkte den Kopf. Zwar kannte ich ihn noch nicht sehr lange, und er hatte bis vor einem Monat nicht einmal gewusst, dass es mich gab, aber er hatte es nicht verdient, dass ich mich mitten in der Nacht davonschlich, ohne ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Selbst wenn mein Fluchtversuch erfolgreich gewesen wäre, hätte Dad wahrscheinlich gedacht, ich wäre entführt oder direkt vor seiner Nase ermordet worden.
    »Es tut mir leid, dass ich versucht habe, heimlich zu verschwinden«, murmelte ich und starrte statt zu ihm lieber auf meine Hände, die ich im Schoß verschränkt hatte.
    Dad antwortete nicht. Schließlich hielt ich das Schweigen nicht mehr aus und sah ihn wieder an. Er schüttelte den Kopf, und ich musste mich sehr zusammenreißen, um mich vor Scham nicht abzuwenden.
    »Du hättest dabei sterben können«, sagte er leise. »Du
wärst
beinahe gestorben. Und wenn es Grace gelungen wäre, dich nach Faerie zu entführen, wäre alles noch viel schlimmer geworden.«
    Wieder senkte ich den Blick. »Ich weiß. Aber ihr drei wolltet mich irgendwo einsperren, und du hast mir klargemacht, dass ich kein Mitspracherecht habe. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, so leben zu müssen.«
    »Lieber so leben, als in Faerie Graces kleines Schoßhündchen zu sein!«, versetzte er scharf. »Lieber so leben, als zu sterben!«
    Noch nie hatte ich meinen Dad so wütend erlebt. Es war ein beängstigender Anblick. Sein Gesicht war gerötet, sein Blick durchdringend, und die Hände hatte er so fest zu Fäusten geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ich konnte das unverwechselbare Kribbeln von Magie in der Luft fühlen, obwohl die Kamee sicher in der Schublade meines Nachttischchens lag. Offenbar brauchte ich die Hilfe des Anhängers nicht mehr, um die Magie zu spüren.
    Ich wartete in angespanntem Schweigen und wagte kaum zu atmen. Zwar glaubte ich nicht ernsthaft, dass Dad mir weh tun würde, doch er sah so aus, als wäre es im Augenblick sein größter Wunsch, mich zu bestrafen.
    Schließlich atmete er scharf aus und löste die Fäuste. Das magische Kribbeln verschwand, und etwas von der wütenden Röte in seinem Gesicht klang ab. Er wirkte noch immer nicht so, als wäre er mit mir zufrieden, aber wenigstens schien er nicht länger mit dem Gedanken zu spielen, mich eigenhändig umzubringen.
    »Ich habe mein Bestes versucht, um dich wie eine verantwortungsvolle Erwachsene zu behandeln«, sagte er, und jedes seiner Worte war klar und knapp. »Ich war ehrlich zu dir, obwohl eine hübsche Lüge manchmal vorteilhafter gewesen wäre. Allerdings scheint es so, als hätte ich
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