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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr
Autoren: Ramiro Pinilla
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der Gefühle: Erst beschuldigt er voller Elan einen völlig Falschen – und dann muss er sich seinen Irrtum eingestehen. Das ist einfach zu viel der Anspannung für einen so schwachen Charakter.«
    »Du willst also das Blaue vom Himmel herunterlügen. Dir ist schon klar, dass du dir damit deinen ganzen realistischen Roman versaust?«
    »Vergiss nicht, dass ich auch noch Dichter bin und mir dichterische Freiheiten erlauben kann: Ich würde deinen Tod einfach in kunstvoll gedrechselte Verse kleiden, vielleicht in Jamben …«
    Damit hat er die Geduld seines Lehrmeisters nun aber echt ausgereizt: Wütend hebe ich die schwere Kette so hoch, wie ich nur kann.
    »
Das
ist das wahre Ende des Romans, verflucht noch mal!«
    »Bring ihn endlich um!«, schreit Eladio Altube mit heiserer Stimme.
    Der Einzige, der gelassen bleibt, ist das Blauhemd. Mit einem süffisanten Lächeln sieht er mich an.
    »Und überhaupt, Bordaberri, wie bist du für diese Situation hier eigentlich gerüstet? Du bist doch so wehrlos wie ein Täubchen! Erstens steht hier Aussage gegen Aussage. Ein ernst zu nehmender Ermittler würde niemals eine soschwere Anklage in den Raum stellen, ohne Beweise zu haben. Wo sind sie? Zeig mir einen einzigen, und ich schlage bei den Verlagen in Burgos eine Bresche für deinen Roman. Und zweitens: Selbst wenn du diese Beweise wie durch ein Wunder erbringen könntest, wie würdest du den Täter überwältigen? Mit bloßen Händen? Neben dir ist Eladio ein wahrer Athlet und noch dazu nicht fußlahm.«
    »Genau, du Arschloch, liefere erst mal einen Beweis für deine infame Behauptung!«, brüllt Eladio Altube hinter ihm.
    Die Kette ist mir schon lange zu schwer geworden, weshalb ich sie vorhin gleich wieder auf den Tisch gelegt habe. Ist sie der stichhaltige Beweis? Oder ist sie nur ein Indiz? Es braucht mindestens drei davon, um als Beweis zu gelten.
    »Und was machst du, wenn bei deiner Ermittlung die Spuren doch alle zu Eladio führen, wie dies unweigerlich eintreten wird?«
    O Gott, was für hohle Phrasen. Jetzt zeigt sich, dass ich aus weicherem Holz geschnitzt bin als sie.
    Spöttisch klopft Luciano mir auf die Schulter.
    »Nimm’s nicht so schwer, Bordaberri, ich werde dir ein würdiger Nachfolger sein. Es wird den Krimi geben, das versprech ich dir, und du wirst darin einen Ehrenplatz haben, wenn auch als Leiche.«
    »Dem hast du es aber gezeigt!« Eladio Altube ist wie ausgewechselt und schlägt sich lachend auf die Schenkel. »Der Hurensohn hat keinen einzigen Beweis – weil er gar keinen haben
kann
! Und da ich selbst an den Felsen gekettet war, bin ich über jeden Verdacht erhaben. Ich habe eine blütenreine Weste!«
    Nervös raufe ich mir die Haare. O Gott, ich brauche Zeit, um aus den Indizien einen Beweis zu drechseln. Da zeichnet sich auf einmal im Türrahmen eine stumme Gestalt ab.Kurz bin ich irritiert, bis ich Bidane erkenne. Wie ist sie hereingekommen? Blöde Frage, es ist ihr Haus, sie hat natürlich einen Schlüssel. Aber was macht sie hier? Ich habe den beiden Frauen doch befohlen, dass sie … Was zum Teufel machen die beiden hier? Hinter Bidane steht nämlich plötzlich auch Koldobike. Sie müssen wie Gespenster durch den Flur geschwebt sein, denn wir haben in der guten Stube nichts gehört.
    »Ich habe den Beweis«, erklärt Bidane, ihre Stimme ist nur leider viel zu leise und ängstlich für diesen Knüller.
    »Ja, sie hat den Beweis!«, versichert Koldobike deshalb noch einmal laut und alles andere als verzagt. »Und ich finde, sie ist eine sehr mutige Frau.«
    Gebannt starren wir alle Bidane an. Hinter ihr steht beschützend Koldobike, die mich mit einem Gesicht ansieht, das mir eindeutig zu verstehen gibt: Pass auf, gleich geht die Bombe hoch.
    In der guten Stube ist es totenstill.
    »Er soll mit den Ohren wackeln«, sagt die Hausherrin. »Sagt ihm, er soll mit den Ohren wackeln.«
    Den Satz hätte man für einen Witz halten können, hätte Eladios Gesicht nicht plötzlich alle Farbe verloren.
    »Na los, warum wackelst du nicht mit den Ohren, wenn du der bist, der du zu sein behauptest?« Die Frau ist zwei Schritte vor ihrem Mann stehen geblieben. Sie wirkt völlig ruhig. »Wenn du es nicht tust, werden unsere Besucher denken, du bist Leonardo. Er konnte es nämlich nicht, erinnerst du dich?«
    Was redet sie da für einen Unsinn? … Da auf einmal blitzt in mir der tiefe Sinn ihrer Worte auf. Leonardo? Unglaublich! Die Zwillinge, der tote und der lebendige, das großartige Alibi – und der
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