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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein
Autoren: Margaret Allan
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um die noch intakten Speere einzusammeln, die bei dem Gemetzel weiter oben in die Klamm geschleudert worden waren. Sie würden jedes einzelne Wurfgeschoß benötigen, um die verwundete Mutter zur Strecke zu bringen, und selbst dann mochten die vorhandenen Waffen möglicherweise n icht reichen. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel, als er kurz in Erwägung zog, einige der Frauen eine halbe Meile flußabwärts zu ihrem Lager zu schicken, um noch mehr Speere herbeizuschaffen, entschied sich dann jedoch dafür, die Jagd mit den Speeren zu beenden, die sie in der Schlucht zusammentragen konnten.
    Er nahm seine eigene Schleuder hervor und ließ das untere Ende seines Speers in den Haken gleiten, der so gearbeitet war, daß er diesen sicher hielt, und ergriff beide Waffenteile mit der rechten Hand. Er kroch vorwärts und hielt erneut nach der Mammutmutter unten Ausschau.
    Eine breite Blutspur hinter sich herziehend, kämpfte sich das gewaltige Tier zum Flußufer vor. Seine breiten Fußballen hinterließen große, flache Abdrücke in dem Schlamm, die sich rasch mit Wasser füllten. Ko-Bak schüttelte den Kopf. Er hatte gehofft, die Mammuts, die es bis zum Fluß schafften, würden in dem sumpfigen Boden dort von allein zugrunde gehen, aber es sollte nicht sein. Wenn das Volk sich am Fleisch der Mutter laben wollte, würde es sie wohl eigenhändig erlegen müssen.
    Kurz fragte er sich, warum Ga -Yas Zauber das verwundete Tier nicht länger benebelte, doch dann schob er den Gedanken von sich. Die alte Frau hatte ihre Aufgabe erfüllt. Sie hatte die Mutter und ihre Herde in die Felsklamm gebracht. Nun war es Aufgabe der Jäger, das Werk zu Ende zu führen.
    Er glitt leise vorwärts, in geduckter Stellung, und versuchte, so nah wie möglich an Mammutmutter heranzukommen, die dem schnell dahinströmenden tiefen Wasser den Rücken gekehrt hatte, um sich den ihr entgegenkommenden Jägern zu stellen.
    Eine Windbö blies durch die Schlucht und trug ihr den Geruch der Männer noch eindringlicher zu, während sie sich ihr näherten. Ko-Bak seufzte. Sie hatten keine Chance, auf die windabgewandte Seite zu gelangen. Er konnte nur zu den Geistern des Winds beten, daß die Mutter nicht plötzlich beschloß, wieder zurück in die Schlucht zu preschen und ihn in einem donnernden Angriff niederzutrampeln.
    Weniger als zehn Stocklängen von ihr entfernt hielt er an, zur Hälfte hinter dem Buckel eines gerundeten schwarzen Fels brockens verborgen.
    Er wußte, daß sie nicht gut sehen konnte, und vielleicht war sie ja in ihrer Panik nicht in der Lage, ihn von den aufragenden Felsen zu unterscheiden
    - bis es für sie zu spät sein würde.
    »Jetzt!« rief er plötzlich. Er richtete sich zu voller Körpergröße auf, die Füße fest auf sicherem Grund, und brachte den Arm so weit nach hinten, wie er konnte. Dann ließ er den Arm vorschnellen. Dank des verlängerten Schafts lag in seinem Wurf mehr Kraft, als er ohne das Hilfsmittel hätte aufzubringen vermögen; der lange Speer surrte durch die Luft und bohrte sich in die Flanke des Mammuts. Diesmal prallte die Waffe nicht ab. Die tödliche Spitze grub sich tief in das bebende Fleisch der Mutter. Kurz darauf war die Luft erfüllt von einem Speerhagel und den Todesschreien der Mammutmutter. Nicht einmal sie konnte so viele Wunden verkraften.
    Schließlich floß die Lebenskraft aus ihr heraus, das Blut tränkte die dichte Wolle ihres Balgs und rann in schmalen, glitzernden Strömen über den Boden. Als sie in die Knie sackte, schäumte das Wasser um sie herum rosa und aufgewühlt.
    Sie stöhnte langgezogen und brach zusammen, die Stoßzähne immer noch den Jägern zugewandt. Diese wachsam heranschleichenden Gestalten waren das letzte, was sie sah, bevor ein dunkler Vorhang über ihre brechenden Augen sank.
    Sie litt keine Schmerzen mehr. Sie hörte weder Ko-Baks Sie gesschrei, noch fühlte sie seinen Todesstoß. Die Nacht legte sich über sie, und in der Nacht öffnete sich eine Tür.
    Willkommen, sagte die Große Mutter. Willkommen zu Hause, du meistgeliebte meiner Töchter. Willkommen.
    Die Jagd war vorüber.
    Als Ga -Ya erwachte, drang Wehklagen an ihre Ohren. Geräusche und Bilder verwirrten ihren Geist - Be -Dag, der in einer Blutwolke durch die Luft wirbelte; das junge Mammut, das sich im Todeskampf zu ihren Füßen wand; Ku-Yaks Wut- und Schmerzensschreie; die letzte Traurigkeit von Mammutmutter -, so daß sie zunächst nicht wußte, ob sie sich noch in der Traumzeit oder völlig wach in der
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