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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein
Autoren: Margaret Allan
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Bärenmutter.
    Doch sie alle wurden von einer Gestalt angeführt, auf die Ga -Ya verwundert ihre Aufmerksamkeit richtete.
    Eine junge Frau, deren gewölbter Leib darauf schließen ließ, daß sie in Kürze entbinden würde. Sie schritt nackt vor ihrer Herde einher, ihre Hände ausgestreckt, und während sie ging, wirbelte die goldene Luft um sie wie haarfeines Moos in einer Frühlingsbrise. Wo sie ihre Füße hingesetzt hatte, wuchs das Gras grüner empor. Ga -Ya spürte, wie ihre alten Glieder sich erwärmten, wie ihre Muskeln sich lockerten und anspannten, als die junge Frau näher trat.
    Ga-Ya neigte ihr Haupt. Sie hatte Angst zu sprechen, sich zu rühren, ja selbst zu atmen.
    »Tochter«, erklang die Stimme, und sie war sanft und doch kraftvoll und mit Donnerhall erfüllt, »hab keine Furcht vor mir, denn ich bin deine Mutter, für immer und ewig, und du hast mir gut gedient.«
    Tränen strömten über Ga -Yas zerfurchte Wangen.
    »Sieh mich an und jubiliere, denn schon bald werde ich dich zu Hause willkommen heißen«, flüsterte die Große Mutter, und die Tiere, die sich um sie versammelten, erhoben ein Brüllen und Muhen und zustimmendes Grunzen.
    Welche Freude! Oh, sie hatte nie gewußt, daß es solche Freude geben könnte.
    »Ach, Mutter! Ich bin schwach, doch ich liebe dich! Nimm mich nun zu dir!«
    »Nein, geliebte Tochter. Bald, aber jetzt noch nicht. Eine letzte Aufgabe bleibt noch, und du bist das Werkzeug, das ich mir gewählt habe.«
    Ga-Ya war verblüfft. Was konnte sie schon vollbringen, alt und verbraucht, wie sie war? Doch sie erwiderte nichts, staunte nur im nächsten Moment darüber, daß die Große Mutter ihre Gedanken gelesen zu haben schien.
    »Du wirst es mit meiner Stärke tun, nicht mit deiner«, beschied sie die Große Mutter. »Und ich sehe weit und lange voraus. Nichts übersteigt meine Kraft, und diese meine Kraft gebe ich dir, auf daß du tust, was getan werden muß.«
    Da strömte höchste Seligkeit durch Ga-Yas Adern, und sie fiel auf die Knie, doch die Große Mutter trat zu ihr und erhob sie zu sich, und durch diese segnende Berührung wurde Ga -Ya für einen Moment geheilt, und wieder jung und stark gemacht.
    »Du wirst Stammutter eines mächtigen Geschlechts von Frauen sein«, sagte sie, »und es wird zurückreichen in die Zeit der Nebel. Und diese deine Töchter, die mein Zeichen tragen werden, die Augen aus Smaragd und Saphir, sollen auch das Symbol meiner Macht erhalten, um meine Schlachten gegen meinen Erbfeind von alters her zu führen, gegen den, der über Feuer und Schlangen herrscht.
    Doch frei müssen sie wählen, und die Wahl wird keine leichte sein, denn meine Macht ist weder leicht zu erlangen noch leicht zu tragen, und die Macht meines Feindes, des uralten Widersachers, ist unermeßlich. Und doch werde ich ihnen Zeichen und Symbole geben, auf daß sie mich erkennen.«
    Ga-Ya bebte vor Entsetzen beim Klang der Stimme, denn sie war härter geworden als der harte Stein, und das Ächzen des Eises und das Heulen der Winterwinde war in ihr.
    »Sieh mich an, Tochter!« befahl die Große Mutter, und Ga -Ya fühlte, wie sie wieder emporgezogen wurde. Sie blickte ihrer Mutter ins Gesicht, das strahlte wie die Sonne, mitten im Zentrum ihres Antlitzes, die Augen -
    Zwillingsbrunnen aus Sma ragd und Saphir -, aus denen das hellste Licht schien.
    »Sieh und erkenne!« befahl die Große Mutter.
    Und in diesem Moment hob Ga -Ya den Blick und verstand viele Dinge.
    Nie hatte sie solche Macht verspürt!
    »Befiehl, Mutter, ich gehöre dir!«
    »Höre mein Versprechen!« donnerte die Große Mutter. »Mein Volk soll von mir fortwandern und große Not und tödliche Gefahr erleiden. Doch selbst wenn sie mich verleugnen, werde ich da sein. Denn in der höchsten Not werde ich ihnen die Eine senden, die mein Zeichen trägt und die Wahl treffen muß, ob sie mein Symbol der Macht benutzen will oder nicht.
    Höre mich, Tochter! Niemand wird das volle Ausmaß meiner Macht kennen außer der Einen, auf die man warten wird, und niemand kann meinen Erbfeind besiegen, den, der über Feuer und Schlangen herrscht, außer der Einen, die mein Zeichen trägt. Und mein Versprechen nun ist, daß ich durch sie mein Volk niemals verlassen werde.«
    »Ach, Mutter! Sag, was du von mir willst!«
    In ihrer Qual wälzte Ga -Ya sich hin und her, die Augen fest zusammengepreßt. Doch es gab keinen weiteren Befehl. Aber die Weisheit kam auch ohne weitere Worte zu ihr, und der Atem stockte ihr angesichts der
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