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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein
Autoren: Margaret Allan
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sofort geholt. Ich ließ dich hierherbringen, suchte nach den geheiligten Zaubern.« Nun verfinsterte der Kummer seine feinen, jugendlichen Züge. »Ich fand die Flöte, und die Rassel auch. Aber den Stein fand ich nicht.«
    »Aber du mußtest ihn finden.«
    Er schüttelte den Kopf. »Er ist verlorengegangen, Mutter. Ich habe sogar den Körper des Jungbullen in winzige Streifen schneiden lassen, so daß wir ihn wegschaffen und unter ihm nachsehen konnten. Wir haben einen ganzen Tag lang gesucht, Mutter. Aber wir konnten den Stein nicht finden. Er ist verschwunden.«
    Der Mammutstein? Verschwunden? Aber er war das Herz ihrer Magie!
    Furcht umklammerte ihr Herz. Was war mit dem Stein geschehen? Wenn er wirklich verloren war, gab es nur eins, was ihm hatte widerfahren können. Er war der Schlüssel zum Tor der Traumzeit. Vielleicht hatte die Große Mutter selbst ihn zurückgefordert.
    Zögernd setzte She-Ya fort: »Ich habe letzte Nacht geträumt«, sagte er.
    »Ich habe nach dem Stein gesucht und einen kurzen Augenblick lang gedacht, ihn gefunden zu haben. Doch um ihn herum war es finster, und ich konnte ihn nur ganz kurz sehen. Als ich nach ihm griff, entglitt er mir.«
    She-Yas Traum ließ ihr Herz erzittern. »Und die Große Mutter? Hat sie zu dir gesprochen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber der Stein ist verschwunden. Da bin ich mir sicher.«
    Ga-Ya war sich dessen ebenfalls sicher. Sie konnte an der Miene des jungen Mannes ablesen, daß er glaubte, der Verlust des Steins bedeute Unheil für das Volk. Doch Ga -Ya glaubte das nicht. Seit jüngstem hatte sie von seltsamen Dingen zu träumen begonnen - von ihren Töchtern, die kommen würden, von dem großen Geheimnis und der Rolle, die die Töchter darin spielen würden. Das Verschwinden des Steins mochte Gefahr bedeuten - es mochte aber auch ein Zeichen für sie sein. Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden.
    Die Heiserkeit des Alters klang in ihrer Stimme mit, als sie sprach.
    »Bring mir den Stoßzahn des jungen Mammuts. Den Stoßzahn der rechten Seite.«
    Er nickte, ahnte, was sie im Sinn hatte. »Wir haben ihn hier«, erwiderte er.
    »Gut. Und meine Werkzeuge.«
    Er suchte ihren Blick. »Ein neuer Stein?« flüsterte er. Er versuchte nicht, die ehrfürchtige Scheu zu verbergen, die seine Stimme erfüllte.
    »Vielleicht«, antwortete sie. »Wenn mein Zauber noch stark genug ist.
    Wenn die Große Mutter es so will.«
    Er hütete sich davor, seine Hilfe bei der Fertigstellung anzubieten. Einen neuen Stein zu schaffen war allein Ga-Yas Aufgabe. Er erhob sich und blickte auf sie hinab. »Sofort«, sagte er lächelnd.
    Sie blinzelte zu ihm hoch, und die Totengesänge für Be-Dag dröhnten ihr in den Ohren. »Sing ihn gut heim«, trug sie ihrem Schüler auf.
    »Nicht so gut wie du, aber ich werde es tun. Sein Lied wird gut sein.«
    Nachdem She-Ya gegangen war, starrte Ga -Ya mit leerem Blick auf die ausgemeißelte, rauchverkrustete Decke ihrer Höhle. Tiere tanzten dort, rot und blau und gelb; Mammut, Bison, Karibu.
    Sie fragte sich, ob sie recht handelte, und darüber hinaus, ob sie immer noch die Kraft besaß, zu tun, was getan werden mußte. Dann senkte sich ein großer Frieden auf sie, als sie begriff, daß es nicht in ihrer Macht lag, für das Gelingen des Vorhabens zu sorgen. Es lag in der Macht der Großen Mutter. Und sie besaß alle Macht der Welt. Und sie hatte den Traum.
    »So sei es also«, wisperte Ga -Ya, ließ sich zurücksinken und wartete.
    Schritte.
    Sie war schon hier gewesen, schon viele Male, doch nie zuvor waren die Dinge ihr so klar, so deutlich erschienen. In der Ferne ragte drohend eine mächtige Gebirgskette auf, die halb mit sattem Grün bewachsen war, während die nadelscharfen Spitzen zu Eistürmen emporwuchsen. Vor ihren Augen erstreckte sich die
    endlose Ebene, eine Tundra aus Grün und Gold. Helle Seen reflektierten das Licht, das von überallher einzufallen schien. Die Luft selbst hatte einen sanften, bernsteinfarbenen Glanz. Klänge einer traumhaften Weise umfluteten sie.
    Nach einer Weile nahm sie in der Feme Bewegung wahr. Gestalten trieben näher und näher heran, bis Ga -Ya Einzelheiten ausmachen konnte.
    Eine große Herde von Tieren, die alle gemeinsam über die heilige Erde schritten. Und in vorderster Reihe...
    Ihr stockte der Atem. Niemals zuvor hatte sie so etwas gesehen!
    Da waren eine riesige Mammutmutter und eine mächtige Höhlenlöwin, ein schlankes Weißschwanzgnu, eine schwerfällig torkelnde
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