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Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Titel: Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)
Autoren: Lutz Spilker
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Einen Stuhl bitte
     
    Es ist so simpel einen Stuhl zu kaufen, dachte ich zumindest. Einfacher wäre es auf jeden Fall 6 Stühle zu erstehen. Aber wozu, wenn ich doch bloß einen benötige. Er ist noch nicht einmal für mich. Aber was tut das zur Sache. Ein Stuhl muss her und das möglichst preiswert. Das Wort „billig“ klingt so minderwertig, als handele es sich um ein Abfallprodukt. Also suche ich nach einer extrem günstigen Sitzgelegenheit.
     
    Farbe und Material sind als völlig unmaßgebliche Komponenten zu betrachten. Die ersten Exemplare betrachte ich in div. Shops im Internet. Eine Sitzprobe ist hier zwar nicht möglich, aber auch nicht weiter von Belang, zumal der Stuhl – wie erwähnt – ohnehin nicht für mich ist. Die Preise gefallen mir nicht so sehr und überdies trennen sich einige Shopbetreiber nur paarweise von Stühlen. Was würde ich bloß mit dem 2. Stuhl anfangen?
     
    Sollte ich darin den Grundstein einer Stuhlsammlung entdecken? Nö! Stühle sammeln finde ich fad und lasse es daher. Ein Stuhl hat so ganz und gar nichts persönliches, finde ich. Er steht da rum, man setzt sich drauf und damit ist alles erzählt, was mir zu diesem Thema einfällt. Natürlich habe ich Stühle im Haus, aber keiner davon wäre für mein Vorhaben geeignet. Stuhl ist nicht gleich Stuhl, das habe ich schnell begriffen…
     
    Also suche ich in einem Möbelladen nach einem Stuhl. Allein schon die Erwähnung, nur einen Stuhl kaufen zu beabsichtigen, erachten einige erregte Gemüter als potentielle Frechheit, dennoch sie es aus Gründen der Höflichkeit unterdrücken. Ihre Halsschlagader lügt jedoch weniger und besitzt plötzlich den dreifachen Durchmesser. Es scheint ein Gesetz zu geben, welches den Erwerb einzelner Stühle mit der Todesstrafe fordert. Man liest es klar und deutlich in etlichen Gesichtern vieler, bis dahin friedfertiger Bürger.
     
    Auch meine lapidaren Formulierungen, hinsichtlich der Farbe und des Materials jenes Stuhls, lassen nicht Gutes ahnen, angesichts manch feuerrot gefärbter Konterfeis. Dann muss es eben ein Möbelhaus sein. Eines dieser, welche allein durch die Bezeichnungen wie „Mega“ und „Extra“ eine Art Gigantomanie ausstrahlen. Darin wäre es doch ein Leichtes, einen Stuhl zu finden. Einen. Mehr nicht. Und ich betrete die echoschwangeren Hallen einer solchen Möbelstadt, welche sich als Möbelhaus tarnt. Aufzüge fahren in den Himmel und nicht enden wollende Gänge, soweit mein Auge reicht.
     
    Selbst dem schlechtgeschultesten Verkäufer bieten sich hier Millionen von Möglichkeiten an, dem Kunden und eigentlichen Umsatzbringer unsichtbar zu erscheinen. Bevor ich mich bewege, denn jede Bewegung kann falsch sein, halte ich Ausschau nach dem kleinen „i“. Irgendwo hängt es immer herum und weist den Weg zur Information. Dort kennt man sich aus, dort wird man informiert, da geht man gerne hin. „Stühle finden Sie im 4. Stock, mit dem Fahrstuhl gelangt man bequem dorthin…“ Aha. Na dann. Auf, auf, in die Höhe.
     
    Dort angelangt stolpere ich nicht gerade ins Reich der Sitzmöbel und ein umsatzgieriger Verkäufer hat mich auch noch nicht anvisiert. Schade. Diesmal wäre es hilfreich.
     
    Den Hinweistafeln nach, folge ich der gelben Linie. Bei Farbenblinden ist das System unanwendbar, oder wie? Ein Verkäufer in Rufnähe erscheint: „Ich will Sie nicht stören… können Sie mir weiterhelfen…?“ Er schaute in meine Richtung, das Signal war somit angekommen und ein Entrinnen nicht mehr möglich. „Wenn’s schnell geht… ich war auf dem Weg zur Mittagspause…“ Das Gejammer um eine sinkende Konjunktur ist also doch bloß Kulisse, schoss es mir durch den Kopf, wie sonst wäre ein Mittagessen bezahlbar…? „Das was ich suche ist ein Stuhl… „ sagte ich mit der Betonung auf das Wort ’ein’. „Farbe und Material sind unwichtig…“ fügte ich noch hinzu, als ob die Sache dadurch einfacher wäre.
     
    „Stühle haben wir da vorne…“ meinte der schlecht rasierte Namensschildträger und deutete mit seiner Hand in eine Richtung. „Aha“ sagte ich, „also auch einen Stuhl!?“ „Bestimmt!“ meinte der Verkäufer. „Ihr ’Bestimmt’ hat so etwas völlig ’Unbestimmtes’ an sich…!“ sagte ich mit etwas Nachdruck. „Meine Pause ist gleich rum…“ meinte er und wurde ganz nervös. „Na dann düsen Sie mal los“ sagte ich gönnerhaft, „Ich komme schon klar“ fügte ich souverän an. „Bestimmt..?“ „Ganz bestimmt!“
     
    Ich ging
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