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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät
Autoren: Jan Guillou
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sehr gequält aus, als er das Gerät annahm. Er erkundigte sich kurz nach dem Wohlbefinden Tessies und des Kindes und versicherte, es sei schön, wieder nach Hause zu kommen, da es in London ohnehin nur regne. Als er das Gespräch beendet hatte, warf er das Handy in die Fensternische.
    »Ist sie jetzt tot?« fragte Luigi erneut.
    »Ja«, sagte Carl. »Sie ist tot. Andererseits ist sie vielleicht unsterblich, du weißt schon. Sie hat dich jedenfalls grüßen lassen.«

EPILOG
    Selbst als völlig isoliertes Ereignis hätte Lady Carmens Tod in der britischen Skandalpresse für erhebliche Aufregung gesorgt und zahllose Berichte und Kommentare provoziert. Mit ihr war ein weiteres Mitglied des britischen Establishments bei der Ausübung bizarrer Sexualpraktiken gestorben. Am meisten kitzelte natürlich die Frage, wer der unglückliche Liebhaber gewesen war. Da der Erste Seelord Buck schon am Tag nach Lady Carmens Tod in News of the World als ihr Liebhaber präsentiert wurde, wurde sofort auf ihn gezeigt. Er leugnete sowohl bei Vernehmungen durch New Scotland Yard als auch in den Medien, hatte jedoch bedeutende Schwierigkeiten zu erklären, wo er sich zu dem Zeitpunkt ihres Todes aufgehalten hatte. Selbstverständlich mußte er bei der Royal Navy seinen Abschied nehmen. Seine Karriere war damit beendet. Später wurde er von jedem Verdacht reingewaschen, da ein DNA-Test erwies, daß er nicht Lady Carmens letzter Liebhaber gewesen sein konnte. Die Blutgruppe stimmte nicht.
    Der nächste, der in Verdacht geriet, erwies sich in publizitätsmäßiger Hinsicht als beinahe ebenso interessant wie der soeben zurückgetretene Chef der Marine. Beamte von Scotland Yard klopften in dem Haus, in dem Lady Carmen gestorben war, an alle Wohnungstüren. Diese Befragung ergab, daß Sir Humphrey Montaque, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, gegen 22.00 Uhr des entsprechenden Abends lange an Lady Carmens Tür geläutet hatte. Den Nachbarn, die ihn vor der Tür gesehen hatten, hatte er gesagt, in einer eiligen Angelegenheit Lady Carmens Mann zu suchen.
    Er sah sich genötigt, diese Erklärung bei einer polizeilichen Vernehmung zurückzunehmen, da ihm nachweislich bekannt gewesen war, daß Sir Anthony sich zu der fraglichen Zeit in seiner Residenz in Oxfordshire aufhielt; die beiden hatten nämlich am Nachmittag desselben Tages miteinander telefoniert.
    Derart bedrängt gab er schließlich zu, von Lady Carmen zu einem späten Souper eingeladen worden zu sein, um ihr mit persönlichen Ratschlägen bei ihrem Scheidungsproblem zur Seite zu stehen. Diese Erklärung sickerte aus den Polizeivernehmungen durch und löste in der Presse beträchtliche Heiterkeit aus. Die allgemeine und spöttisch variierte Meinung auf den Titelseiten lautete, Lady Carmen sei mit Sicherheit durchaus fähig gewesen, ihre Probleme mit Männern zu lösen, ohne sich auf Sir Humphreys in dieser Hinsicht undokumentiertes Fachwissen verlassen zu müssen.
    Bei New Scotland Yard wurde Sir Humphrey jedoch in einem wesentlichen Punkt Glauben geschenkt. Dort akzeptierte man seine Behauptung, er sei nicht in die Wohnung eingelassen worden und habe folglich mit Lady Carmen weder ein Souper noch sonst etwas genießen können. Das potentielle Souper stand nämlich unangerührt im Kühlschrank und, was noch bedeutsamer war, Sir Humphreys Blutgruppe stimmte ebenfalls nicht mit der des unglücklichen sexuellen Experimentators überein, der Lady Carmen als letzter lebend gesehen hatte.
    Erst nach vier Tagen heftiger und entzückter Turbulenzen in den britischen Medien hatte sich die Polizei zu dem Verdacht vorgearbeitet, der Mann, der Lady Carmen zu Tode geliebt haben könnte, sei der, den Sir Anthony selbst als Ursache ihrer Untreue und damit Scheidungsgrund genannt hatte, ein junger amerikanischer Computerexperte bei Marconi Naval Systems namens Tony Gianelli.
    Mr. Gianelli war jedoch verschwunden. Er war am Montag nicht zur Arbeit erschienen, hatte sich nicht krank gemeldet, und auch sonst hatte niemand mehr von ihm gehört.
    Als die Polizei seine Wohnung in der Sydney Street in South Kensington einer Hausdurchsuchung unterzog, wurde nichts gefunden, was sein Verschwinden hätte erklären können. Sämtliche Habseligkeiten waren noch da, persönliche Dinge wie Familienfotos und Briefe von den Eltern in Kalifornien sowie sein Paß und eine recht große Menge Bargeld.
    Tony Gianelli hatte sich in Panik aus dem Staub gemacht, nachdem er versehentlich zu Lady Carmens Tod beigetragen
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