Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
parierte die Bewegungen, so gut es ging, mit dem Ende der Wäscheleine, das er in der Hand hielt. Er sah auf die Uhr und maß die Zeit. Es war wichtig, daß sie jetzt keine zu tiefen Einschnitte in den Hals bekam, doch sie würde dennoch bald das Bewußtsein verlieren.
    Als sie durch den Sauerstoffmangel im Gehirn bewußtlos wurde, lockerte Carl die Leine ein wenig, zog den Stuhl heran und plazierte die Frau so, daß sie vornübergebeugt, mit dem Hals am Kronleuchter hängend, auf dem Stuhl kniete. Als er glaubte, den richtigen Winkel erreicht zu haben, befestigte er die Leine mit einem Knoten am Kronleuchter, wobei er sorgfältig darauf achtete, daß der Knoten nicht allzu seemannsmäßig wirkte.
    Dann trat er einige Schritte zurück und betrachtete sein Werk. Im Augenblick starb sie langsam in ihrer Bewußtlosigkeit. Carl war mit dem Arrangement noch nicht richtig zufrieden und rückte ihren Körper zurecht, so daß sie etwas mehr vornübergebeugt hing, damit die Schlaufe um ihren Hals mehr Gewicht trug. Als das erledigt war, spreizte er ihr die Beine und nahm Maß, indem er sich hinter sie stellte. Die Höhe stimmte einigermaßen. Er schlug ihren roten seidenen Morgenmantel in einem appetitlichen Arrangement über ihrem sichtlich sehr wohlgeformten Hinterteil zurück und trat dann erneut einen Schritt zurück. Etwas fehlte noch.
    Carl ging ins Schlafzimmer und holte ihre roten Schuhe mit den hohen Absätzen. Vorsichtig zwängte er ihre Füße hinein. Jetzt sah es weit besser aus.
    Er sah auf die Armbanduhr. Noch wäre es nicht zu spät gewesen, sie zu retten. Der Tod würde in einigen Minuten eintreten.
    Er verwendete die Zeit, um zu überlegen, welche Gegenstände er in den einzelnen Räumen berührt hatte. Aus der Küche holte er einen feuchten Lappen, mit dem er methodisch seine Spuren wegwischte. Aber nur seine eigenen.
    Anschließend ging er erneut zu Tatjana Simonescu und betrachtete sie aus der Nähe. Er zog eines ihrer Augenlider hoch und piekte mit dem Finger gegen ein Auge, ohne daß sich ein Reflex zeigte. Dann ließ er sich schwer auf seinen Sessel fallen und setzte den Kopfhörer mit dem Mikrophon auf.
    Einen Moment lang kam er jedoch nicht auf den Gedanken, sich bei Sir Geoffrey zu melden. Er betrachtete sein Opfer. Eine unglaublich fähige Kollegin, dachte er. Wirklich einzigartig.
    Dann rief er Sir Geoffrey.
    »Geoff, alter Knabe, es ist erledigt«, sagte er hart. »Sie ist jetzt tot, gestorben bei einem mißglückten sexuellen Experiment. Ihr müßt herkommen und die restlichen Dinge wegräumen, die in den Umzugslaster müssen. Ende.«
    Er warf die Funkausrüstung mit einer müden Bewegung von sich und sah auf die Uhr. Nein, heute abend würde er nicht mehr nach Stockholm fliegen können. Nach schwedischer Zeit war es halb zehn. Jetzt ungefähr flog die letzte mögliche Maschine von Heathrow.
    Sir Geoffrey rannte in die Wohnung und stürzte zu der toten Frau, in die er beinahe hineingestolpert wäre. Dann starrte er Carl verwirrt an. Im Hintergrund begannen die SAS-Leute bereits in der Wohnung aufzuräumen. Für das Bild im großen Wohnzimmer hatten sie nur einen flüchtigen Blick.
    »Was um Himmels willen hast du gemacht, Carl?« keuchte Sir Geoffrey.
    »Setz dich, Geoff, dann werde ich es dir erklären«, erwiderte Carl und zeigte auf den Sessel, aus dem Luigi an diesem Abend schon dreimal aufgestanden war.
    »Well«, sagte Sir Geoffrey und holte tief Luft. »Gestern hast du mich gefragt, ob ich den Verstand verloren hätte. Möglicherweise ist jetzt die Zeit, dir diese Frage zu stellen. Hast du … nein, das kann ich nicht glauben… aber hast du…?« Die Worte blieben Sir Geoffrey im Hals stecken.
    »Nein«, entgegnete Carl kalt. »Ich habe mich nicht mit der Dame verlustiert, falls du das glauben solltest. Ich bin nämlich kein Engländer. Was du vor dir siehst, ist folgendes. Diese Frau ist bei einem Geschlechtsakt gestorben, der zu weit gegangen ist, möglicherweise stand ihr Partner unter dem Einfluß bestimmter narkotischer Präparate. Sie hat Sperma im Körper, denn sie hat einen Beischlaf hinter sich. Ihr Liebhaber, vermutlich Mr. Tony Gianelli, ist in Panik geflüchtet. Am Montag wird die Polizei in seiner Wohnung in South Kensington eine Hausdurchsuchung vornehmen und sie in dem Zustand finden, in dem er sie heute zurückgelassen hat, inklusive seines Passes. Von Mr. Tony Gianelli wird niemand mehr etwas hören. Der wirkliche Tony Gianelli liegt übrigens in einem Krankenhaus in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher