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142 - Bei Nebel kommt der Schizo-Killer

142 - Bei Nebel kommt der Schizo-Killer

Titel: 142 - Bei Nebel kommt der Schizo-Killer
Autoren: Larry Brent
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    Sie saß in dem alten Lehnstuhl am Fenster.
Das Licht der Stehlampe schuf einen hellen Hof zu ihren Füßen und leuchtete die
Seiten des Buches aus, das sie in der Hand hielt. Außerhalb des Lichtkreises
lag das Zimmer mit den schweren Möbeln im dämmrigen Halbdunkel.
    Daisy Allerton liebte diese Stunden und die
Einsamkeit. Sie lebte allein in der Mansardenwohnung. Das Haus, in dem sie
wohnte, lag nur wenige Schritte von der Westminster Bridge und damit von der
Themse entfernt.
    Die neunundzwanzigjährige Verkäuferin, die im
weltberühmten Londoner Kaufhaus Harrods Tag für Tag in der Parfümerie-Abteilung
Duftwässer, Cremes und Lotionen anbot, hatte es sich bequem gemacht.
    Daisy Allerton las in dem alten Sessel oft
bis in die Nacht hinein. Obwohl sie frühzeitig aufstehen mußte, kam sie keine
Nacht vor zwölf ins Bett. Und ganz schlimm war es an den Samstagen. Da wurde es
zwei oder gar drei. Sie stand dann immer erst am frühen Nachmittag auf, wenn
der Sonntag schon zur Hälfte ’rum war.
    Und heute war Samstag ...
    Die altmodische Uhr in dem verschnörkelten
Bronzegehäuse zeigte erst halb zwölf. Damit fing der Abend für Daisy erst an.
Sie hatte auf einem Beistelltisch ein Glas Sherry stehen, an dem sie
gelegentlich wie abwesend nippte, und ebenso abwesend schob sie salziges Gebäck
zwischen ihre Zähne; es knackte vernehmlich, wenn sie die Knusperplätzchen
zerkaute.
    Bis auf das monotone Ticken der Uhr, das
Knacken der Salzplätzchen und das gelegentliche Rascheln des Papiers, wenn die
Lesende die Buchseite umlegte, war es still in dem kleinen Raum.
    Die Verkehrsgeräusche von der Straße waren
schwach und kaum wahrnehmbar. Das hing auch damit zusammen, daß kurz vor
Mitternacht nur noch wenig Fahrzeuge unterwegs waren.
    Draußen war’s kühl und neblig, und der Nebel
nahm noch zu. Bei solch windigem und feuchtem Wetter jagte man keinen Hund auf
die Straße.
    Daisy Allerton wandte plötzlich den Kopf
Richtung Fenster. Aus der Höhe konnte sie nicht die Straße sehen, sondern nur
einen Teil des vorgezogenen Schindeldaches. Fahle Nebelschleier wehten vorbei
und verdichteten sich.
    Die junge Frau mit dem kastanienbraunen Haar
und den rehbraunen Augen klappte das Buch zu, obwohl dies noch lange nicht der
Zeitpunkt war, an dem sie normalerweise zu lesen aufhörte.
    Daisy reckte sich, streckte die Beine von
sich und erhob sich. Sie hatte den Wunsch, aus dem Fenster zu schauen und dem
Spiel der Nebelfahnen zuzusehen.
    Und noch ein anderer Wunsch kam plötzlich in
ihr auf: einen Spaziergang zu machen... jetzt, bei Nacht und Nebel!
    Es zog sie förmlich in die unfreundliche
Atmosphäre hinaus, ohne daß sie es sich erklären konnte.
    Sie ging in den Flur, zog nur noch eine
Strickweste über und verließ die Wohnung, ohne das Licht der Stehlampe zu
löschen.
    Daisy Allerton zog die Tür hinter sich ins
Schloß und stutzte plötzlich, als würde ihr auffallen, daß es gar keinen Sinn
ergab, jetzt einfach spazieren zu gehen. In der Stube war es warm und
gemütlich. Außerdem hatte die Polizei davor gewarnt, mit Ausflügen derzeit
vorsichtig zu sein. Immer wieder passierten schreckliche Morde, in und um
London. Der Täter, der inzwischen von der Presse der »Mörder mit dem Satansmal«
bezeichnet wurde, war bis zur Stunde unbekannt und konnte jederzeit wieder
zuschlagen. Wenn jemand nicht unbedingt unterwegs sein mußte, sollte er nach
Einbruch der Dunkelheit nach Möglichkeit die Wohnung nicht mehr verlassen. Vor
allem nicht allein.
    Da der Unbekannte grundsätzlich hinter
einsamen Frauen her war, sollten diese Damen sich besonders vorsehen.
    All dies war Daisy Allerton bekannt und ging
ihr durch den Kopf. Daß sie kurz vor Mitternacht noch mal auf die Idee kam, auf
die Straße hinunterzugehen, hätte sie in diesem Moment eigentlich noch mehr
verwundern und mißtrauisch machen müssen. Daß es nicht der Fall war, erkannte
sie nicht. Irgendwo ging das, was sie dachte und fühlte, nicht mehr in die
Tiefe. Der Wunsch auszugehen, war stärker...
    So gelangte sie auf die Straße.
    Das Licht einer nahen Laterne wirkte
großflächig und verwaschen. Die Bordsteinkante war durch den milchigen Nebel
kaum zu erkennen.
    Ganz vorn auf der Straße fuhr im Schrittempo
ein Auto.
    Daisy Allerton knöpfte ihre Weste vollständig
zu und überquerte die Fahrbahn. Nur dreißig Schritte weiter begann das Ufer der
Themse. Unweit der Westminster Bridge befand sich eine Anlegestelle für
Ausflugschiffe. Das hellgestrichene Häuschen, wo
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